Verliebte Abenteuer
hast du aber alles getan, weil du Loretta liebst. Weißt du denn nicht, daß du sie damit ungeheuer beeindruckt hast, daß du ihr gezeigt hast, wie es um dich steht? Dadurch erfuhr sie nämlich, daß du zu allem fähig bist, um ihr nahe zu sein. Sogar in eine Livree bist du geschlüpft, das übertrifft alles andere und hat ihr mächtig imponiert, glaub' mir das, William. Sie sitzt jetzt in Aberdeen todunglücklich herum und weint den ganzen Tag. Der Oper hat sie abgesagt, das ist ihrerseits das höchste Opfer, das zu bringen sie in der Lage ist – nicht mehr singen. Weißt du, was das bedeutet, bei einer Frau wie Loretta Gower? Sie verzichtet auf die Ausübung ihrer Kunst, um nur noch dir nachweinen zu können. Mensch, begreifst du das nicht? Du bist das ja gar nicht wert!«
William nickte. »Vielleicht«, sagte er leise. »Wenn man dich so reden hört, ist alles so einfach. So einfach, wie einen netten Roman zu schreiben, in dem sich zwei nach einigen Verwicklungen kriegen und glücklich sind bis ans Ende ihrer Tage. Aber das Leben ist anders, Percy, da gibt es dumme Vorurteile und seelische Hemmungen, da ist der Mensch ein Schlappschwanz, und er weiß es und kann nichts dagegen tun. Da wird der Held zum erbärmlichen Feigling, weil er glaubt, er könne sich verplappern. Im Roman, oh, da reden sie alle so schön flüssig, so gewählt, so treffend, da jagen sich die Pointen und träufeln die Bonmots von den Lippen – im Leben aber, Percy, stehst du wie bescheuert da und weißt nicht einmal, ob man dir ein schüchternes Lächeln nicht schon übelnimmt.«
»Du bist total erledigt, Will«, meinte Percy nach einer Zeit des Schweigens. »Nimm dich zusammen! Loretta suchte dich, ich weiß es, das muß dir doch beweisen, daß sie dich ehrlich liebt.«
»Das glaube ich nicht!« rief William. »Meiner Ansicht nach wird sie nie vergessen können, daß ich bei Tante Marys Anblick flüchtete. Sie wird immer darüber lachen müssen, und das ertrage ich nicht. Ich bin kein Mensch, der sich auslachen läßt.«
Percy kratzte sich den Kopf. »Soviel ich hörte, hat sie geweint, statt gelacht«, sagte er. »Sie war allzu gerne bereit, dir deine Maskerade zu verzeihen.«
»Verzeihen!« schrie William. »Das ist es ja! Ich will nichts verziehen haben! Verzeihung ist Mitleid, klingt nach Vergebung, die man einem reuigen Sünder gewährt. Nein, nein! Mag Loretta glücklich werden – ich bleibe auf Pabbay.« Er sah Percy von der Seite an. »Und wenn du Loretta heimlich benachrichtigst, fliegst du ins Meer, wiederhole ich.«
»Wie du willst«, nickte Bishop. »Ich werde nichts mehr unternehmen und die Hände in den Schoß legen.«
Percy hatte es leicht, dieses Versprechen abzugeben, denn Loretta war von ihm schon benachrichtigt worden. Zwar war es nur eine knappe Meldung gewesen, die er abgesandt hatte, aber sie genügte, um in Loretta neue Hoffnungen zu wecken.
»William auf Insel Pabbay. Bin bei ihm. Erwarte weitere Nachricht. Percy Bishop.«
So lautete der kurze Brieftext. Loretta versteckte das Schreiben und sagte Tante Mary nichts davon, weil diese sofort mit dem ersten Schiff nach Pabbay gefahren wäre. Loretta tat vielmehr etwas, das William Ashborne nicht ahnen konnte: Sie fuhr zu einer Schallplattenfirma nach Edinburgh.
Ja, und jetzt wird es noch einmal dramatisch in dieser verwickelten Geschichte um den Lord Ashborne. Nicht, daß Loretta ihm per Rillenpost gehörig die Meinung gegeigt und ihm den störrischen Kopf gewaschen hätte, o nein, dazu war Loretta viel zu sehr in William verliebt. Und haben Sie schon einmal eine bis über beide Ohren verliebte Frau gesehen, die in einem Atemzug mit ›Liebling‹ auch ›Du Scheusal‹ gesagt hätte? Nee, das gibt es nicht. Sehen Sie, und warum sollte ausgerechnet Loretta das tun? Dann wäre sie ja ganz und gar aus dem Rahmen gefallen.
Sie ging also in Edinburgh zu einer Schallplattenfirma. In deren Räumlichkeiten kannte man sie, die berühmte Sängerin, sehr gut und empfing sie mit überschwenglicher Begeisterung.
Der Direktor machte einen Bückling nach dem anderen, was ihm, da er über geschädigte Bandscheiben zu klagen hatte, gar nicht so leicht fiel. Der Geschäftsführer sprach auf ein Magnetophonband seine Eindrücke, um für die Firma diesen historischen Augenblick festzuhalten.
»Mylady«, sagte der Direktor, »daß Sie nun doch zu uns kommen, macht uns so glücklich. Zwei Jahre bemühten wir uns um Sie bei Ihrem Agenten, wollten wir Sie für eine Plattenserie
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