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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Drehflügel glitzerten in der Morgensonne wie Messer. Die Hubwagen konnten überall hinfliegen, Tally dagegen war auf die magnetischen Hubvorrichtungen angewiesen. Sie war auf dem Weg zur Eisenbahn gefangen.
      Tally dachte an ihren ersten Flug zu Dr. Cables Büro, an die heftigen Bewegungen, die der grausame Pretty am Steuer dem Hubwagen abverlangt hatte. Wenn diese Wagen geradeaus flogen, waren sie schneller als jedes Brett. Tallys einziger Vorteil war, dass sie diesen Weg hier in- und auswendig kannte. Glücklicherweise war hier von Geradeausfliegen keine Rede.
      Tally packte das Brett mit beiden Händen und sprang vom Fluss auf den Felsrücken hinüber. Die Wagen verpassten ihren Wechsel und verschwanden in der Ferne, während Tally der Eisenader folgte. Aber nun war sie im offenen Gelände und die Ebene breitete sich unter ihr aus, so weit wie eh und je.
      Ganz kurz registrierte sie, dass es ein strahlend schöner Tag war, ohne eine Wolke am Himmel.
      Tally duckte sich so flach wie möglich, um dem Wind keinen Widerstand zu bieten, und entlockte Croys Brett jeden Rest an Geschwindigkeit. Sie
      glaubte aber nicht, dass sie es bis zur nächsten versteckten Stelle schaffen
      würde, ehe die beiden Wagen gedreht hätten.
      Sie fragte sich, wie die sie wohl fangen wollten. Mit einem Schockgewehr? Oder mit einem Netz? Wollten sie sie einfach von den Wellen umwerfen lassen? Bei diesem Tempo und ohne Auffangarmbänder würde alles, was Tally vom Brett warf, sie auch umbringen.
      Vielleicht wäre ihnen das ja nur recht.
      Das Kreischen der Rotoren war jetzt rechts zu hören und wurde immer lauter.
      Ehe das Geräusch sie erreicht hatte, zwang Tally sich zu einer vollen Drehung und die Triebkraft presste sie flach aufs Brett. Die beiden Hubwagen schossen über sie hinweg und verpassten sie um Längen, aber ihr Fahrtwind wirbelte Tally im Kreis herum. Das Brett kippte und richtete sich dann wieder auf und Tally klammerte sich mit beiden Armen daran, während die Welt sich vor ihren Augen wie besessen drehte.
      Sie bekam die Lage unter Kontrolle und trieb das Brett vorwärts, brachte es wieder zur Höchstgeschwindigkeit, ehe die Hubwagen drehen konnten. Die Specials waren vielleicht schneller, aber Tallys Hubbrett war beweglicher.
      Als die nächste Biegung näher kam, hielten die Hubwagen geradewegs auf Tally zu, langsamer jetzt, da die Piloten erkannt hatten, dass sie bei hohem Tempo immer an Tally vorbeischießen würden.
      Sollten sie doch versuchen zwischen den Bäumen zu fliegen.
      Tally kniete jetzt auf dem Brett, sie packte es mit beiden Händen, riss es in der nächsten Kurve nach unten und schrammte über den geplatzten Lehmboden des ausgetrockneten Bachlaufes. Sie hörte, wie das Kreischen der Hubwagen stetig lauter wurde.
      Sie konnten ihr viel zu leicht folgen, vermutlich orteten sie ihre Körperwärme zwischen den Bäumen, wie die Hüter das zu Hause getan hatten. Tally dachte an den kleinen Heizkörper, den sie so oft benutzt hatte, um sich aus dem Wohnheim zu schleichen. Wenn sie den doch jetzt hätte.
      Dann fielen Tally die Höhlen ein, die David ihr an ihrem erstem Tag in Smoke gezeigt hatte. Unter den kalten Steinen des Berges würde ihre Körperwärme verfliegen.
      Sie achtete nicht mehr auf den Lärm, den ihre Verfolger machten, sondern jagte das Bachbett entlang, kreuzte eine Erzader und folgte dann dem Fluss, der zur Bahnlinie führte. Sie schoss über das Wasser und die Hubwagen hielten sich über den Bäumen und warteten geduldig darauf, dass sie ihre Deckung verließ.
      Als die Abzweigung zur Eisenbahn näher rückte, steigerte Tally ihr Tempo und jagte, so rasch sie es wagte, über das Wasser. Sie riss sich in die Kurve und schoss dann die Bahnlinie entlang.
      Die Wagen fegten weiter über den Fluss. Die Specials hatten vielleicht erwartet, dass sie auf einen anderen Fluss überwechselte, das plötzliche Erscheinen einer Eisenbahn aber hatte sie überrascht. Wenn Tally den Berg würde erreichen können, ehe die Hubwagen ihre langsamen Drehungen abgeschlossen hatten, dann wäre sie in Sicherheit.
      Gerade noch rechtzeitig erinnerte Tally sich an die Stelle, wo sie Metallstücke aus dem Schienenstrang gerissen hatten, brachte ihr Brett in die richtige Position für einen magenumstülpenden Moment des freien Falls und jagte dann in einem hohen Bogen über die Lücke. Die Hubvorrichtungen fanden wieder Metallkontakt und dreißig Sekunden darauf kam Tally am Ende

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