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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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strich sich die Haare glatt.
      Dr. Cable sah eindeutig nicht so aus, als wäre sie gerade erst aufgestanden. Tally versuchte vergeblich sich eine zerzauste Dr. Cable vorzustellen. Aber ihre pfeilschnellen, metallgrauen Augen wirkten nicht, als ob sie jemals lange genug zublieben, um zu schlafen. "Also, Tally. Du hast dir die Sache überlegt."
      "Ja."
      "Und du wirst jetzt alle unsere Fragen beantworten? Ehrlich und aus freien Stücken?"
      Tally schnaubte. "Sie lassen mir ja keine Wahl."
      Dr. Cable lächelte. "Wir haben immer die Wahl, Tally. Du hast deine getroffen."
      "Klasse. Danke. Hören Sie, fragen Sie doch einfach."
      "Natürlich. Aber zuerst, was um aller Welt ist mit deinem Gesicht passiert?"
      Tally seufzte und berührte die Schrammen mit einer Hand. "Bäume."
      "Bäume?" Dr. Cable hob eine Augenbraue. "Na gut. Reden wir über wichtigere Dinge. Worüber hast du bei eurer letzten Begegnung mit Shay gesprochen?"
      Tally schloss die Augen. Das war er, der Moment, in dem sie das Versprechen brechen würde, das sie Shay gegeben hatte. Aber eine kleine Stimme in ihrem erschöpften Gehirn erinnerte sie daran, dass sie auch ein Versprechen hielt. Jetzt würde sie endlich zu Peris kommen.
      "Sie hat davon geredet, dass sie weglaufen wollte. Mit einem gewissen David."
      "Ach ja, der geheimnisvolle David." Dr. Cable ließ sich zurücksinken. "Und hat sie gesagt, wo sie und David hinwollten?"
      "An einen Ort namens Smoke. Der ist wie eine Stadt, nur kleiner. Und niemand kommandiert dort und niemand ist hübsch."
      "Und hat sie gesagt, wo dieser Ort liegt?"
      "Nein, das nicht, eigentlich nicht." Tally seufzte und zog Shays zerknüllten Zettel aus der Tasche. "Aber sie hat mir diese Anweisungen hinterlassen."
      Dr. Cable sah den Zettel nicht einmal an. Sie schob Tally auf ihrem Schreibtisch ein Stück Papier hin. Tallys vor Erschöpfung trübe Augen sahen, dass es sich um eine 3-D-Kopie des Zettels handelte, perfekt, bis zu den kleinen Kerben, die Shays mühsame Schreiberei auf dem Papier hinterlassen hatten.
      "Wir haben uns bei deinem ersten Besuch hier die Freiheit genommen, eine Kopie anzufertigen."
      Tally starrte Dr. Cable wütend an, als ihr aufging, dass man sie an der Nase herumgeführt hatte. "Aber wieso brauchen Sie mich dann? Ich weiß nicht mehr, als ich gerade erzählt habe. Ich habe sie gebeten, mir nicht mehr zu sagen. Und ich bin nicht mit ihr gegangen, weil ich ... so gern ... hübsch werden wollte!" Sie hatte jetzt einen Kloß im Hals, aber Tally beschloss, dass sie unter gar keinen Umständen - weder besondere noch andere - vor Dr. Cable weinen würde.
      "Ich fürchte, wir finden die Anweisungen auf dem Zettel ziemlich verwirrend."
      "Das geht mir auch so."
      Dr. Cables Wolfsaugen wurden schmal. "Das soll offenbar von einer Person gelesen werden, die Shay sehr gut kennt. Von dir zum Beispiel."
      "Ja, sicher, ein bisschen kann ich mir ja zusammenreimen. Aber nach den ersten beiden Zeilen bin ich verloren."
      "Ich kann mir vorstellen, dass das sehr schwierig ist. Vor allem nach einer langen Nacht voller ... Bäume. Ich glaube aber trotzdem, dass du uns helfen kannst."
      Dr. Cable öffnete einen schmalen Diplomatenkoffer, der zwischen ihnen auf dem Schreibtisch stand. Tallys müdes Gehirn versuchte den Gegenständen, die darin lagen, einen Sinn zu entlocken. Ein Feuerzünder, ein zerknüllter Schlafsack ...
      "He, das ist die Überlebensausrüstung, die Shay mitnehmen wollte."
      "Genau, Tally. Diese Försterausrüstungen gehen immer wieder verloren. Und zwar meistens dann, wenn auch jemand von unseren Uglies verschwindet."
      "Na, dann ist das Geheimnis doch gelöst. Shay wollte mit diesem Kram nach Smoke reisen."
      "Was hatte sie sonst noch?"
      Tally zuckte mit den Schultern. "Ein Hubbrett. Ein besonderes Modell, mit Solarzellen."
      "Natürlich, ein Hubbrett. Was finden diese Verräter nur daran? Und was wollte Shay unterwegs wohl essen, was meinst du?"
      "Sie hatte Mahlzeiten in kleinen Packungen. Dehydriert."
      "Solche?" Dr. Cable zeigte ihr eine silberne Packung.
      "Ja. Sie hatte genug für vier Wochen." Tally holte tief Luft. "Oder zwei, wenn ich mitkommen wollte. Mehr als genug, hat sie gesagt."
      "Zwei Wochen? Dann kann es ja nicht so weit sein." Dr. Cable zog einen schwarzen Rucksack neben ihrem Schreibtisch hervor und begann, die Gegenstände darin zu verstauen. "Du könntest es also schaffen."
      "Was könnte ich schaffen?"
     

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