Verlobt für eine Nacht
ins Badezimmer gegangen, damit sie nicht unhöflich wirken würde. Nie hätte sie gedacht, jemand würde es bemerken, dass sie unauffällig auf die Uhr sah.
„Da ist wirklich niemand“, sagte sie. „Aber hier ist doch jetzt alles erledigt, oder?“
„Hast du da nicht etwas vergessen?“, entgegnete Leo und hob ihre Hand, sodass der Saphir funkelte.
„Ach ja, natürlich. Den hätte ich wirklich fast vergessen.“ Eve wollte sich den Ring abstreifen, doch Leo hielt sie davon ab.
„Nicht hier. Warte, bis wir in meiner Suite sind.“
Als sie ihm widersprechen wollte, hörte sie Stimmen, und dann tauchten auch schon die Alvarezes auf. Eve blieb also keine andere Wahl, als mit Leo in seine Suite zu gehen, denn die Suite des Paars lag auf demselben Gang.
„So schnell sieht man sich wieder“, sagte Richard, bei dem Felicity sich untergehakt hatte. „Das war wirklich ein toller Abend, Leo. Alles ist super gelaufen. Culshaw scheint jetzt viel offener für den Geschäftsabschluss zu sein. Er will mich morgen nach seinem Spaziergang anrufen, um alles zu besprechen.“
In diesem Moment öffneten sich die Aufzugtüren. Alle vier stiegen ein und unterhielten sich über den gemeinsamen Abend und das Essen. Kurze Zeit darauf verließen sie den Lift, wünschten einander eine gute Nacht und gingen dann auseinander, jedes Paar in Richtung seiner Suite.
Eigentlich war das kein Problem für Eve, denn sie wusste ja von Leos Grundsatz, nicht mit seiner Assistentin zu schlafen und Geschäftliches und Privates strikt voneinander zu trennen. Es gab also nichts zu befürchten. Sie brauchte ihm nur den Ring zurückzugeben, sich zu vergewissern, dass die Luft rein war, und dann konnte sie nach Hause gehen. Das Ganze würde höchstens zwei Minuten in Anspruch nehmen.
Leo öffnete die Tür mit seiner Keycard und hielt sie dann offen, sodass Eve vor ihm hineingehen konnte. Sie versuchte, ihre Empfindungen zu ignorieren und nicht zu bemerken, wie gut er duftete. Stattdessen streifte sie den Ring ab und hatte ihn zurück in die winzige Schatulle gelegt, noch bevor sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
„Das war’s also“, stellte sie betont fröhlich fest, klappte die Schatulle zu und stellte sie auf den Couchtisch. „Dann wäre ja alles erledigt. Ruf doch bitte den Chauffeur an, damit er unten auf mich wartet, wenn ich jetzt runtergehe.“
„Du sagtest doch, du hättest es nicht eilig“, entgegnete Leo gelassen und entkorkte eine Flasche französischen Champagner, die er gerade aus einem Sektkühler genommen hatte. Der war vor dem Dinner ganz sicher noch nicht da gewesen, wie Eve erschauernd feststellte.
„Ich kann mich nicht erinnern, den Champagner vorhin hier gesehen zu haben.“
„Ich habe das Hotelpersonal gebeten, ihn bereitzustellen“, erklärte Leo. „Es gibt doch Grund zum Feiern.“
Wieder erschauerte Eve, und tief in ihrem Innern erwachte eine leise Vorahnung. „Feiern?“
„Ja. Wir sollten feiern, dass wir den heutigen Abend so gut über die Bühne bekommen haben. Alle haben geglaubt, wir seien ein Paar. Außerdem haben Eric und Maureen, von Richard und Felicity ganz zu schweigen, dir praktisch aus der Hand gefressen.“
„Ja, es war ein sehr netter Abend“, antwortete Eve vorsichtig und nahm ein hohes Glas entgegen, gefüllt mit blassgoldenem Champagner. Sie wünschte, Leo würde sich setzen oder zumindest woanders hingehen. Er stand nämlich noch immer zwischen ihr und der Tür. „Die vier sind alle wirklich liebenswerte Menschen.“
„Der Abend war einfach perfekt. Und du, Evelyn Carmichael, bist die perfekte virtuelle Verlobte. Das solltest du noch in deinem Lebenslauf ergänzen“, scherzte Leo und stieß leicht mit dem Glas gegen ihres. „Auf dich, meine virtuelle Assistentin und Verlobte. Auf … uns.“
Eve konnte kaum klar denken oder auch nur atmen. Es gab kein Uns! Doch Leo hatte wieder diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck, den er schon beim Verlassen der Präsidentensuite gehabt hatte und der ihr Herz schneller schlagen ließ. Plötzlich sah sie vor dem inneren Auge zerknüllte Bettlaken und ein ineinander verschlungenes Liebespaar. Ihr war, als fände sie sich plötzlich in einer anderen Welt wieder, in der nichts so war, wie sie es kannte.
Eve schüttelte den Kopf, um dieses merkwürdige Gefühl zu vertreiben und ihre Gedanken zu ordnen.
„Ich glaube nicht, dass ich so etwas noch einmal tun werde.“
„Aber warum denn nicht? Du bist doch im Schauspielern geradezu ein
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