Verlobt für eine Nacht
können. „Es gab nichts zu erzählen.“
„Ach nein? Du warst doch so begierig, dass du unter meinen Händen fast dahingeschmolzen bist. Du warst also nicht der Ansicht, ich hätte gern erfahren, dass wir uns kennen – und zwar etwas mehr als nur flüchtig?“
„Aber es ist doch gar nichts passiert! Und es war absoluter Zufall, dass ich angefangen habe, für dich zu arbeiten“, entgegnete Eve. „Du hast eine virtuelle Assistentin gesucht, mir eine Anfrage geschickt und meinen Bedingungen zugestimmt. Ich habe die Aufgaben erledigt, die ich von dir bekommen habe. Was in Sydney irgendwann einmal zwischen uns passiert ist oder eben nicht, spielte dabei doch wirklich keine Rolle.“ Vor Nervosität sprach sie so schnell, dass sie sich ein wenig verhaspelte. „Ich wusste ja nicht, dass wir uns noch einmal begegnen würden. Und wenn du heute Abend keine Verlobte gebraucht hättest, hättest du es nie erfahren.“
„Verstehe“, erwiderte Leo kühl. „Es ist also meine Schuld, dass du mich mehrere Jahre lang belogen hast.“
„Ich habe nicht gelogen!“
„Doch, indem du mir etwas verheimlicht hast. Du wusstest, wer ich bin und was damals um ein Haar zwischen uns passiert wäre. Und du hast mir nicht gesagt, dass wir uns kennen. Stattdessen bist du hier in der Hoffnung aufgetaucht, ich würde dich nicht wiedererkennen. Und das hätte ja auch fast geklappt.“
„Ich habe nicht darum gebeten, heute Abend dabei zu sein!“, protestierte Eve.
„Nein, und jetzt weiß ich auch, warum, weil du wusstest, dass deine Unehrlichkeit dann auffliegen würde.“
„Ich habe alle deine Aufgaben erfüllt, und zwar gut!“, entgegnete Eve.
„Das bestreitet ja auch niemand. Mir geht es nur darum, dass du mir die Wahrheit hättest sagen müssen.“
„Hättest du mich dann denn engagiert?“
„Keine Ahnung. Aber wenn du ehrlich gewesen wärst, würden wir jetzt auch vielleicht tollen Sex haben, statt uns zu streiten.“
Das ist nicht fair, dachte Eve und atmete heftig ein – gleichzeitig nahm sie seinen herben männlichen Duft wie eine Liebkosung wahr. Es war einfach nicht fair, jetzt das Thema „Sex“ anzusprechen und sie daran zu erinnern, was zwischen ihnen hätte passieren können. Denn sie befand sich in seiner Suite und war im Begriff, ihre allerwichtigste Einkommensquelle zu verlieren, weil sie Leo nicht an jenen Abend vor drei Jahren erinnert hatte, an dem nichts zwischen ihnen vorgefallen war.
„Ich möchte dir etwas erzählen, Evelyn Carmichael“, sagte er jetzt und strich ihr langsam mit den Fingerspitzen über die Wange. „Vielleicht hätte ich es dir auch schon früher erzählt, wenn du dir die Mühe gemacht hättest, mir gegenüber ehrlich zu sein. Vor drei Jahren saß ich im Flugzeug und war auf dem Weg nach Santiago. Ich musste einen fünfzig Seiten langen Bericht lesen und mir eine Strategie für einen Geschäftsabschluss überlegen, eine sehr wichtige Angelegenheit. Aber ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Und warum? Weil ich während des ganzen langen Flugs eine gewisse blonde, langbeinige Assistentin mit den faszinierendsten Augen nicht vergessen konnte, die ich je gesehen hatte. Immer wieder dachte ich an die Dinge, die wir eigentlich gerade tun würden, wenn ich nicht nach Santiago gemusst hätte.“
„Oh.“ Evelyn war sprachlos. Der Gedanke, dass Leo seine verfrühte Abreise bedauert haben könnte, war ihr nie gekommen. Doch offenbar hatte nicht nur sie die Begegnung nicht vergessen können und nachts wach im Bett gelegen!
„Ich fühlte mich betrogen“, fügte er hinzu und strich federleicht über ihr Dekolleté. „Weil ich abreisen musste, bevor wir die Gelegenheit hatten, …“ Sanft massierte er ihre Schulter und liebkoste mit den Daumen jene zarte Stelle an Eves Hals, an der man ihren schnellen Puls spürte. „Hast du dich auch betrogen gefühlt, Eve?“
„V…vielleicht ein bisschen.“
„Ich hatte gehofft, es wäre mehr als nur ein bisschen.“
„Ja, vielleicht“, gab Eve zu und wurde mit einem Lächeln belohnt.
„Und jetzt stellt sich heraus, dass ich in den drei Jahren seit unserer ersten Begegnung wieder betrogen wurde. Ich konnte das nicht nachholen, was wir damals verpasst haben, weil du mir nicht die Wahrheit gesagt hast.“
Eve, die die Wirkung seiner Worte noch nicht ganz verarbeitet hatte, blinzelte. „Das konnte ich doch nicht tun!“
„Doch, du hättest es sogar tun müssen “, widersprach Leo. „Denn du weißt, wie gut der Sex wäre,
Weitere Kostenlose Bücher