Verlobt für eine Nacht
„Hat sich der junge Mann schon eingewöhnt?“
„Ja, er ist absolut in seinem Element“, erwiderte Eve. „Zu seinen Favoriten gehören nämlich Fische und Boote. Da ist er von der Insel natürlich hellauf begeistert.“
„Sehr schön. Und mit der Babysitterin sind Sie auch zufrieden?“
„Ja, sie ist wirklich toll.“
„Ich habe übrigens für morgen einen Termin für uns im Wellnesszentrum ausgemacht“, mischte sich jetzt Maureen ein.
Ihre weiteren Worte nahm Eve jedoch nicht wahr, denn nun fragte Eric an Leo gewandt: „Wie alt ist Sam noch einmal?“
Leo zögerte und sah Eve Hilfe suchend an. „Eve, hilf mir doch bitte auf die Sprünge: Ist er schon zwei?“
Sie rang sich ein Lächeln ab. „Du bist wirklich zu viel auf Geschäftsreisen“, stellte sie fest. „Nein, Sam ist erst achtzehn Monate. Wie konntest du das bloß vergessen?“
„Zum Glück hat Eve ein besseres Gedächtnis, was wichtige Daten angeht“, sagte Leo und erntete ein verständnisvolles Lächeln von Eric.
„Es ist bestimmt nicht einfach für Sie, wenn Leo immer so viel unterwegs ist“, sagte Maureen. „Haben Sie denn Verwandte in der Nähe, die Sie unterstützen können?“
Eve blickte zum Sternenhimmel empor und fragte sich, wo zwischen dem Blitzen und Funkeln ihre Eltern und Großeltern wohl waren. Wann immer sie als Kind von ihrer Trauer überwältigt worden war, hatte ihr Großvater sie nach draußen geführt, zum Himmel gewiesen und ihr versichert, Eves Eltern seien dort oben und würden ihrer Großmutter Gesellschaft leisten. Und nun war er selbst ebenfalls dort.
Sie blinzelte, sah Maureen an und erwiderte: „Ich habe eine sehr liebe Nachbarin, die mir hilft. Meine Eltern sind leider gestorben, als ich zehn war. Ich bin dann bei meinem Großvater aufgewachsen.“
„Dann haben Ihre Eltern Sam ja gar nicht kennengelernt“, sagte Felicity.
„Nein. Sie hätten ihn bestimmt sehr lieb gehabt.“ Eve atmete tief ein. „Aber an so einem schönen Abend sollten wir lieber über etwas Fröhlicheres sprechen.“
„Genau“, stimmte Eric zu. „Also, Leo und Eve, wann ist bei Ihnen der große Tag?“
Eve fühlte, wie Leo ihr den Arm um die Schultern legte. Mit strahlendem Lächeln erwiderte er: „Sobald ich Evelyn davon überzeugt habe, dass sie keine Sekunde länger ohne mich leben kann.“
Es gelang ihnen, den restlichen Abend ohne weitere peinliche Situationen hinter sich zu bringen. Dennoch war Eve unendlich erleichtert, als sie wieder in ihrem Strandhäuschen waren. Der lange Tag und die ständige Furcht, ertappt zu werden, waren anstrengend gewesen. Jetzt freute sie sich sehr aufs Bett.
Hannah berichtete, Sam sei ganz unkompliziert gewesen und habe sich widerstandslos ins Bett bringen lassen. „Bis morgen dann“, sagte sie und winkte fröhlich zum Abschied.
Leo kam aus dem Schlafzimmer, die Arme voller Bettzeug und Kissen. „Gute Nacht“, sagte er stoisch und ging zum Sofa.
Eve betrachtete ihn und dann das Sofa, das eindeutig zu kurz war. Sie war viel zu müde, um sich noch über etwas aufzuregen. Und da sie einander nicht einmal mochten, konnten sie doch gefahrlos im selben Bett schlafen, jeder ganz an seinem Rand.
„Hör auf, das ist doch albern“, sagte sie widerstrebend. „Das Bett ist groß genug für uns beide. Ich bin einverstanden damit, dass wir es uns teilen, solange wir lediglich gemeinsam darin schlafen.“
Leo seufzte erleichtert. „Ich verspreche, die Finger von dir zu lassen, sofern du dich nicht zuerst auf mich stürzt.“
„Träum weiter!“, erwiderte Eve nur. „Ich gehe jetzt duschen, und zwar allein. Und wenn du danach nicht im Bett liegst und schläfst, kannst du gleich wieder aufs Sofa umziehen.“
Als sie sich schließlich ins Bett legte, schlief Leo tatsächlich schon – oder er verstellte sich sehr gut. Eve hielt sich ganz auf ihrer Seite und versuchte, nicht daran zu denken, was sie und er vierundzwanzig Stunden zuvor gemacht hatten. Doch sie spürte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, und hörte jede kleine Veränderung seines Atems.
Draußen ließ die leichte Brise die Palmen rascheln, und die Wellen, die an den Strand rollten, rauschten leise. Aber Eves Herz schlug so heftig, dass sie kaum etwas davon hörte.
Es passierte schon wieder. Er verkroch sich unter der Bettdecke und hielt sich die Ohren zu, doch trotzdem konnte er die Schläge und das Schreien hören. Verzweifelt versuchte er, kein Geräusch von sich zu geben, damit er nicht auch herausgezerrt
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