Verlockend untot
und stand auf, als ich die Tür öffnete, obwohl draußen ein weiterer Wächter wartete. Der Typ lehnte an der Wand und rauchte eine Zigarette; wahrscheinlich langweilte er sich und hatte einen wunden Hintern. Er sagte nichts, und ich blieb ebenfalls stumm und tapste durch den Flur zum Wohnzimmer. Ich tapste deshalb, weil man mit nackten Füßen auf einem Teppich nicht richtig stapfen kann.
Der Rest der Truppe befand sich im Aufenthaltsraum und spielte Karten. Na klar. Wenn ich in Gedanken nicht mit anderen Dingen beschäftigt gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht gefragt, ob sie die Ewigkeit auf diese Weise verbringen wollten.
Marco mischte gerade die Karten, was bei ihm auf eine kleine Show hinauslief. Er sah auf, und ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. »Was ist?«, fragte ich.
»Sie und die Bulldoge haben den gleichen Gesichtsausdruck.«
»Sehr komisch! Was zum Teufel…«
Marco hob die Hand. »Zuerst einmal… Wie geht es Ihnen?«
»Es geht mir gut! Besser gesagt, es würde mir gut gehen, wenn…«
»Sind Sie sicher? Wir haben den Arzt in Bereitschaft.«
Ich schnitt eine finstere Grimasse. Dort konnte der verdammte Sadist auch bleiben. »Nein, danke. Und können wir…«
»Haben Sie Hunger? Wir lassen uns was vom Chinesen kommen.«
»Marco…«
»Nicht vom Zimmerservice, sondern von dem kleinen Restaurant um die Ecke. Kung-Pao-Hähnchen, Ingwer-Rindfleisch …«
»Marco!«
Er seufzte und gab es auf. »Ich hab dem Herrn gesagt, dass Sie auf diese Weise reagieren würden. Aber Sie müssen einsehen, dass es Sinn hat, zumindest bis wir in dieser Sache Klarheit gewonnen haben.«
»Es hat ganz und gar keinen Sinn! Nur wir sind im Apartment, und das Wesen kann nicht von einem Vampir Besitz ergreifen …«
»Das wissen wir noch nicht.«
»… andernfalls hätte es von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht, anstatt in der Diele darauf zu warten, dass Mister Magie aufkreuzt.«
»Mister Magie«, wiederholte einer der Vampire. »Das gefällt mir. Von jetzt an nenne ich sie alle so.«
»Mir fallen da noch ein paar weitere Namen für sie ein«, meinte ein anderer Vamp.
»Und wenn Sie davon ausgehen, dass das Wesen auch einen Vampir übernehmen kann, ergibt das noch viel weniger Sinn«, sagte ich. »Sie haben mich gerade stundenlang mit einem allein in meinem Zimmer gelassen!«
»Sie haben recht«, bestätigte Marco.
»Ich habe recht?«
»Ja. Es sollten besser zwei von uns in Ihrem Zimmer sein.«
»Marco!«
Er hob beschwichtigend die Hände. »Nur ejn kleiner Scherz.«
»Das ist nicht komisch. Ich komme mir wie gefangen vor!«
Marco wollte antworten, doch das Telefon klingelte. Es war nicht der Hauptanschluss; das Klingeln stammte von einem schwarzen Handy auf dem Kartentisch. Marco nahm es, sah aufs Display, knurrte und drückte die Gesprächbeenden-Taste. Dann sah er mich an. »Das ist immer noch besser, als eine verdammte Leiche zu sein.«
»Haben Sie nicht gehört? Das wird uns nicht helfen!«
»Oh, es wird uns helfen, wenn das Ding erneut versucht, Sie umzubringen. Es hat schon einmal von Ihnen Besitz ergriffen …«
»Und das wird sich nicht wiederholen.« Ich holte Pritkins kleines Amulett hervor. Er hatte mir ein anderes gegeben, bevor er mit dem Magier zur Korps-Version eines Krankenhauses aufgebrochen war.
Es verströmte keinen besonders angenehmen Geruch, aber das war immer noch besser als die Alternative.
»Das hilft nur gegen Elfen«, sagte Marco und rümpfte die Nase.
»Das Wesen kommt aus dem Reich der Elfen.«
»Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht. Wir haben noch keine Gewissheit.«
»Es hat in einem Elfendialekt gesprochen …«
»Und kennen sich Dämonen nicht mit solchen Sachen aus? Vielleicht will uns das Biest täuschen und gibt sich deshalb als etwas anderes aus.«
»Oder es versuchte tatsächlich zu kommunizieren.«
»Zu welchem Zweck? Um sich zu entschuldigen?« Marcos Ton machte deutlich, was er davon hielt. Er verteilte Karten. »Jedenfalls, bis feststeht, womit wir es zu tun haben, will der Herr kein Risiko eingehen.«
»Hier geht es nicht um ihn, sondern um mich, um mein Leben!«
»Ja. Das müssen Sie mit ihm klären.«
Ich stützte die Hände auf die Hüften. »Na schön, das werde ich.
Rufen Sie ihn an.«
»Geht nicht.«
»Und warum nicht?«
»Er ist in einer wichtigen Besprechung…«
»Wie praktisch für ihn.«
»… und hat mir gesagt, dass er bis morgen früh nicht gestört werden möchte.«
»Dann schicken Sie ihm eine
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