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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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selten über meinen sprach. Ich wusste nicht, wie ich ihm sagen sollte, dass alles in Ordnung kommen würde, denn ich war mir nicht sicher, ob ich damit nicht zu viel versprochen hätte. Es gab nichts Nützliches, das ich sagen konnte, und deshalb versuchte ich es erst gar nicht. Ich beschränkte mich darauf, von hinten die Arme um ihn zu schlingen und ihn festzuhalten.
    Das Wasser war noch warm.
Immerhin etwas,
dachte ich.
    Pritkin schwieg ebenfalls, und so standen wir einfach nur eine Zeit lang da. Ich stellte fest, dass ich es gar nicht so eilig hatte, mich zu bewegen. Ich war todmüde, aber er war warm und fest und leicht zu halten. Nach einer Weile bekam ich ein schwebendes Gefühl, eine Mischung aus Erschöpfung, Erleichterung und dem Pochen seines Herzens unter meinem Ohr.
    Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Lampen einzuschalten, und so kam das einzige Licht vom Flur. Es war nicht viel, und das auf die Fliesen strömende Wasser klang nach Regen von der Art, die Vegas nur selten bekam. Ich zog Pritkin näher und spürte, wie sich meine Augen schlossen.
    Vielleicht war ich im Stehen eingeschlafen.
    »Sie hieß Ruth«, sagte er heiser. Und dann blieb er wieder still.
    Sein Rücken ruhte warm an meiner Wange, und ich fühlte seine Wirbelsäule dicht unter der Haut. Ich wartete stumm.
    »Meine Frau«, fügte er schließlich hinzu. Ich nickte; aber das konnte er nicht sehen, und deshalb drückten meine Hände kurz fester zu. Das hatte ich mir schon gedacht.
    Ich war nicht unbedingt eine Expertin für Pritkins Vergangenheit, aber das eine oder andere wusste ich. Wie zum Beispiel, dass er vor mehr als einem Jahrhundert verheiratet gewesen war, mit einer Frau, die er offenbar sehr geliebt hatte. Meine Informationen über sie hielten sich in Grenzen, denn wenn diese Sache zur Sprache kam, wechselte er schnell das Thema. Aber ich wusste das Wichtigste: wie sie gestorben war.
    Es war in der Hochzeitsnacht geschehen, als der Inkubus-Teil von Pritkin vollkommen außer Kontrolle geraten war. Aus irgendeinem Grund hatte er nicht nur ein bisschen von ihrer Kraft genommen, was angesichts der Umstände normal gewesen wäre, sondern beschlossen, sie ganz zu leeren. Pritkin hatte den Vorgang weder verhindern noch unterbrechen können, und sie war gestorben.
    Besser gesagt: Er hatte sie umgebracht, weil der Inkubus-Teil seines Wesens zu stark geworden war und sich der Kontrolle der menschlichen Hälfte entzogen hatte. Zwischen den beiden Hälften seines Wesens kam es immer wieder zu Konflikten. In gewisser Weise vereinte er Jekyll und Hyde in sich, und beide waren zur gleichen Zeit aktiv. Andere Inkuben konnten ihre Körper verlassen, wenn sie keine Nahrung aufnahmen, denn sie hatten sie ohnehin nur von Menschen geliehen. Aber diese Möglichkeit fehlte Pritkin.
    Ich wusste nicht, ob das etwas mit den uns betreffenden Ereignissen in dieser Nacht zu tun hatte. Er hatte mir nur diese wenigen Fakten anvertraut, mehr nicht, vielleicht mit der Absicht, mich zu erschrecken und fernzuhalten.
    Es hatte bestens funktioniert.
    Die Vorstellung, als verschrumpelte, ausgetrocknete Leiche zu enden, hatte mir einen großen Anreiz dabei geboten, alle unpassenden Gefühle zu ignorieren. Pritkin und ich waren häufig zusammen, oft unter Umständen, bei denen das Blut in Wallung geriet und manchmal auch spritzte. Es war natürlich, dass es gelegentlich zwischen uns funkte; alles andere wäre sehr seltsam gewesen.
    Aber in beiderseitigem Einvernehmen hatten wir nicht darauf geachtet, weil es zu nichts geführt hätte. Ich ging mit Mircea, sozusagen, und Pritkin … Soweit ich wusste, ging er mit niemandem.
    Nie. Ich hatte den Eindruck: Was auch immer geschehen war, er wollte nicht, dass es noch einmal geschah.
    Plötzlich fand ich das sehr traurig.
    Hinter uns fluchte jemand, aber ich zuckte nicht zusammen. Ich war zu müde, und überhaupt, ich kannte die Stimme. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah Calebs große Gestalt für eine Sekunde in der Tür, bevor er verschwand.
    Doch einen Moment später kehrte er mit zwei großen Handtüchern zurück. Er drehte das Wasser ab, wickelte das eine Handtuch um mich und warf das andere seinem Kumpel zu. Oder seinem früheren Kumpel, wenn ich seine finstere Miene richtig verstand.
    »Raus«, sagte er und schob uns in Richtung Tür. »Der Morgen naht. Bald kreuzen hier die ersten Leute auf, und wir haben schon genug zu erklären. Und der Vampir war am Telefon und kochte vor Wut.«
    »Welcher?«,

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