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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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fragte ich und war ziemlich sicher, dass ich die Antwort bereits kannte.
    »Marco. Er meinte, entweder rufen Sie ihn an, oder er bezichtigt uns, Sie entführt zu haben.«
    Er reichte mir ein Handy, und ich nahm es mit einem Seufzen entgegen. Ich gab die Nummer der Suite an, und die andere Seite antwortete beim ersten Klingeln. »Cassie, was zum Teufel…«
    »Sie wissen was zum Teufel. Bin ich noch immer eine Gefangene?«
    »Sie wissen verdammt gut, dass Sie das nicht sind!«
    »Dann kehre ich früher oder später zurück. Rufen Sie nicht mehr an.« Ich unterbrach die Verbindung.
    Caleb sah mich nur an. »Das war's?«
    »Das war's, bis ich entschieden habe, welche Geschichte ich erzähle.«
    »Ich kenne das Gefühl«, knurrte Caleb und geleitete uns in Richtung Büro.

Achtundzwanzig
    Wir kehrten in den anderen kleinen Raum zurück, und Caleb knallte eine Flasche Jack auf den Schreibtisch. »Redet, worüber ihr reden müsst, und lasst euch was Vernünftiges einfallen. Ich muss einen Bericht vorbereiten, bevor die hohen Tiere erscheinen, und die Sache muss einigermaßen wasserdicht sein. Alles klar?«
    Ich nickte. Caleb ging.
    Die Klimaanlage lief, und mein improvisiertes Kleid war feuchtkalt. Ich zog es aus, legte es über die Rückenlehne von Calebs Sessel und wickelte mich ins Handtuch. Als ich mich umdrehte, hatte Pritkin wieder die graue Jogginghose an und saß auf dem stinkenden Sofa. Er verschränkte die Arme und wirkte wie jemand, der keine Gesellschaft wollte. Deshalb nahm ich auf dem harten Plastikstuhl beim Schreibtisch Platz.
    Ich schenkte Jack Daniels ein, aber nicht, weil ich welchen zu trinken gedachte. Mein Magen fühlte sich an, als wollte er mindestens ein Jahr lang leer bleiben, vielleicht auch zwei. Aber Pritkin sah ganz danach aus, als könnte er einen ordentlichen Schluck vertragen.
    »Wir müssen nicht reden«, sagte ich. »Ich meine, ich habe nichts dagegen, zuzuhören, aber… Ich brauche keine Erklärung.«
    »Du verdienst eine.«
    »Glaubst du?« Ich hielt uns für quitt, mehr oder weniger – er hatte mir das Leben gerettet und ich ihm. Aber er schien anderer Ansicht zu sein.
    Ich reichte ihm den Whiskey, und er kippte ihn wie ein echter Profi hinunter, ohne mit der Wimper zu zucken. Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck und lächelte matt. »Im Vergleich mit dem, womit ich aufgewachsen bin, ist er recht mild. Und ja, du verdienst tatsächlich eine Erklärung.«
    Ich fragte mich, womit er aufgewachsen sein mochte, vielleicht mit der keltischen Version von Rachenputzer und Fusel? Aber ich fragte nicht, und er nannte keine Einzelheiten. Er saß nur da und drehte den leeren Pappbecher in seinen Händen hin und her.
    Es waren noch immer langgliedrige, kultiviert wirkende Hände, aber an diesem Abend sahen sie eher so aus, als würden sie einem Kriegsmagier gehören. Abgesehen von den Flecken, die auf diverse Zauberelixiere zurückgingen, bemerkte ich noch einige braune Kleckse, die dem Wasser der Dusche entgangen waren, Schmutz oder getrocknetes Blut in den Falten zwischen dem linken Daumen und der Handfläche, die dadurch wie in eine Kohlezeichnung deutlich hervortraten. Ich widerstand der plötzlichen Versuchung, die Hand auszustrecken und sie wegzuwischen.
    Und dann begann Pritkin zu sprechen, und ich vergaß alles andere.
    »Ich habe dir einmal von Ruth erzählt. Und davon, wie sie … starb.«
    Ich nickte.
    »Aber ich habe keine Einzelheiten genannt. Damals kannten wir uns noch nicht sehr lange, und es schien keine Rolle zu spielen. Ich dachte, du müsstest nie darüber Bescheid wissen.« Er legte eine kurze Pause ein und sah zur Vertäfelung aus Holzimitat an der gegenüberliegenden Wand, als enthielte sie etwas Faszinierendes für ihn. »Ich denke, das hat sich jetzt geändert.«
    »Na schön.«
    »In Ruths Adern floss ein bisschen Dämonenblut, von der Großmutter väterlicherseits. Ahhazu, eine unwichtige Spezies. Sie war ein Achtel, ungefähr.«
    »Wusstest du es nicht?«
    »Ich wusste es sofort, als wir uns begegneten. Aber da sie auf der Erde lebte, ging ich davon aus, dass sie in Hinsicht auf die Dämonensphären ebenso empfand wie ich. Dass sie durchaus ihre Freuden haben, letztendlich aber verderblich sind für alle, die sich dorthin wagen. Wenn man lange genug bleibt, verliert man sich – seine Ideale und Werte, alles, was einem etwas bedeutet – auf der Suche nach anspruchslosem Vergnügen. Und darin liegt eigentlich gar keine Freude.«
    »Aber sie hat das nicht so gesehen?«,

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