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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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erwischt zu werden.
    Ich wollte gerade zurückweichen und nachsehen, ob die Küche einen zweiten Ausgang hatte, als die Vordertür aufplatzte und einen Schwall Regen und zwei Leichen hereinließ. Sie mussten wichtig sein, denn die eine Hälfte der Wächter sprang auf, um sie zu be-grüßen, und die andere starrte wie hingerissene Teenager in Gegenwart eines Stars.
    Niemand schenkte mir Beachtung, als ich mich zusammen mit den anderen nach vorn wagte, in der Hoffnung, unbemerkt zur anderen Seite des Raums zu gelangen, während die gerade hereingekommene Amazone für Ablenkung sorgte. Die üppige Rothaarige war gut und gern zwei Meter zehn groß, glänzte in einem silbernen Futteralkleid und trug genug Nerz, um Tierschützer zur Verzweiflung zu treiben.
    Und dann streifte sie all den Nerz ab und warf ihn mir auf den Kopf.
    »Mirtscha! Ich Mirtscha wollen! Wo sein der schöne Schuft?«, fragte sie in einem donnernden Ton.
    »Im Ballsaal, gnä' Frau«, murmelte jemand. Oder vielleicht sprach er normal; ich wusste es nicht. Der verdammte Mantel war so schwer, dass ich fast zu Boden ging. Er machte mich zu kaum mehr als einem nerzbedeckten Buckel.
    »Ljubow Oksinia Donskoi ist eine Großfürstin. Ihr korrekter Titel lautet Erlauchte Hoheit«, sagte ein kleiner, kahlköpfiger Mann schüchtern, als ich mich freikämpfte.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte der Türwächter, mit dem Ergebnis, dass ihm die Amazone einen edelsteinbesetzten Fächer auf den Kopf schlug.
    »Na! Worauf du warten?«
    »Gnä' Frau? Ich meine, Erlauchte … Hoheit?«, versuchte es der Wächter.
    Der Kahlköpfige nickte andeutungsweise, doch seiner Begleiterin schien das alles schnuppe zu sein. Sie hob lange, in weißen Handschuhen steckende Arme wie ein Opernstar, der sich anschickte, eine Arie zu singen. Dabei zeigte sie Brüste wie der Bug eines Schiffes und genug Diamanten, um jemanden zu blenden. »Du Mirtscha sagen, dass er soll kommen und begrüßen seine Ljuboschka!«
    Für einen Moment glotzte der Wächter nur und wirkte angemessen verwirrt. Dann schluckte er und bemühte sich, seinen Mann zu stehen. »Das würde ich gern, gnä' Frau, aber derzeit ist er bei der Pythia.«
    »Bei der Pythia?« Karmesinrote Lippen wurden geschürzt. »Was das sein?«
    »Die neue Seherin«, antwortete der Kahlköpfige. »Erinnerst du dich, Ljubo? Die Krönung?« Die Großfürstin sah ihn mit ausdrucksloser Miene an, und er fügte hinzu: »Der Grund, warum wir hier sind.«
    »Ich hier sein, um zu sehen Mirtscha.« Schräge nussbraune Augen sahen auf den Wächter hinab, was ihn nervös machte. Er war gut einsachtzig groß und deshalb vermutlich nicht daran gewöhnt, dass man auf ihn herabsah. »Du nicht wissen, wo dein Herr und Meister ist?«
    »Im Ballsaal, Euer Erlauchtheit«, wiederholte er und wirkte allmählich besorgt.
    »Wenn du wissen, wo er ist, warum du dann noch stehen hier dumm herum?« Die Großfürstin gab ihm einen spielerischen Klaps auf den Arm, und der Mann taumelte.
    »Ja, Euer… Ich mache mich sofort auf den Weg.«
    Der Vamp eilte fort, und ich folgte ihm, wobei ich etwa fünfzig Kilo Nerz hinter mir herzog. Keiner der Wächter würdigte mich eines Blicks. Kurz darauf erreichte ich den Ballsaal, dachte nicht mehr an die Vampire hinter mir und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag.
    Ich sah ihn fast sofort. Er stand in der Mitte einer Gruppe von Leuten, neben einem glänzenden Klavier, das aus einem Film der Vierzigerjahre zu stammen schien. Groß, dunkelhaarig und attraktiv – er war das perfekte Gegenstück zu der blonden Perfektion an seiner Seite. Jedes einzelne Haar im Chignon seiner Begleiterin saß genau an der richtigen Stelle, abgesehen von denen, die so arrangiert waren, dass sie in Form von Locken an den Ohren herabbaumelten.
    Das tief ausgeschnittene mitternachtsblaue Abendkleid war ebenso makellos und schaffte es irgendwie, alle Kurven zu betonen, ohne dabei vulgär zu wirken.
    Sie sah zu gut aus, fand ich.
    Niemand würde diese Schönheit mit mir verwechseln.
    »Das da?« Beim Klang der donnernden Stimme hinter mir zuckte ich zusammen. Ich drehte mich um und fand die erlauchte Prinzessin, oder was auch immer sie war, kaum einen Meter von mir entfernt. Durch eine Brille an einem Stock beäugte sie meinen Ersatz.
    »Das sein die neue Pythia?«, grollte sie, ohne die Frage an eine bestimmte Person zu richten.
    Der kleine Mann an ihrer Seite sagte etwas, das ich nicht verstand – die Worte verloren sich im Lärm um uns

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