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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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herum, in der Musik und den Geräuschen von Leuten, die sich am Büfett vollstopften. Aber was auch immer er sagte, es schien Ljubo nicht zu gefallen. »Ordinär«, kommentierte sie in einem Ton, der die Sache zum Abschluss brachte.
    Und sie sagte es in der Lautstärke einer Ansage bei einem Fußballspiel.
    Wen wunderte es da, dass alle in der Nähe den Kopf drehten und zu uns sahen, auch Mircea, dessen Blick von Ljubo zu mir ging, bevor ich mich irgendwo verstecken konnte. Er kniff die Augen zusammen und presste die Lippen aufeinander, was bei ihm auf einen Wutanfall hinauslief. Dann glättete sich sein Gesicht wieder, und er wandte sich seiner Begleiterin zu und lachte mit ihr über etwas.
    Und mehr sah ich nicht, denn ein anderer Vampir, mit Smoking und finsterer Miene, packte mich und zog mich fort.
    Kit Marlowe war der Geheimdienstchef des Senats. Er hatte funkelnde dunkle Augen, krauses braunes Haar, ein leichtes Lächeln - und einen Ruf, der in einem krassen Gegensatz zu diesen Merkmalen stand. Meistens fiel es mir schwer, den gefährlichen Vampir zu erkennen, von dem alle schworen, dass er in der attraktiven Hülle steckte.
    An diesem Abend hatte ich kein derartiges Problem.
    »Ich will mit Mircea reden«, sagte ich, als Marlowe mich nach hinten brachte.
    »Sie sprechen gerade mit ihm«, lautete die Antwort. »Und sähe es nicht ein bisschen komisch aus, wenn er die Pythia allein lassen würde, um mit einem Dienstmädchen zu reden?«
    »Sie ist nicht die Pythia. Sie ist eine dumme Gans, die bald eine tote dumme Gans sein wird. Es wird zu einem Angriff kommen, Marlowe!«
    »Sehr wahrscheinlich.«
    Ich versuchte, mich ihm zu widersetzen, aber es nützte nichts, er zog mich einfach weiter mit sich. Vielleicht merkte er nicht einmal, dass ich Widerstand leistete. »Wenn Sie da so sicher sind … Warum dann diese Farce?«
    »Weil es Tradition ist. Weil die verdammten Magier darauf bestanden. Weil niemand das verdammte Bündnis unterschreibt, ohne der neuen Pythia begegnet zu sein.«
    »Und glauben Sie, dass die Leute unterschreiben werden, wenn die Pythia einem Angriff zum Opfer fällt?«, fragte ich, als Jack hilfsbereit die Hintertür öffnete.
    »In dieser Nacht wird niemand einem Angriff zum Opfer fallen, das versichere ich Ihnen. Wir haben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Hier ist alles sicher.«
    »Warum kann ich nicht bleiben, wenn es hier so sicher ist?«
    »Weil Sie müde sind und ins Hotel zurück möchten«, erwiderte Marlowe mit genug Kraft in den Worten, dass mich Benommenheit erfasste.
    »Das klappt bei mir nicht!«, stieß ich aufgebracht hervor.
    »Wie wär's dann hiermit?«, fragte er, und zum zweiten Mal an diesem Abend knallte die Tür vor mir zu.
    »Marlowe!«
    Als nach einigen Sekunden klar wurde, dass er sich keinen Scherz erlaubte, setzte ich mich auf die Treppe. Die Stufen waren kalt und feucht wie der Regendunst, der das Haus umgab. Es war August, aber so hoch in den Bergen blieb der Sommer eine vage Idee.
    Durch den Nebelschleier blickte ich zu den Sternen hoch, und einige Regentropfen klatschten mir ins Gesicht. Ich wischte sie nicht weg, denn sie entsprachen genau meiner Stimmung.
    Stand mir das hier bevor? Eine Zukunft, in der ich entweder eingesperrt oder ausgesperrt war? Ein Leben, das ich damit verbrachte, Prophezeiungen auszuspucken, ohne dabei mitreden zu können, auf welche Weise man Gebrauch von ihnen machte, und ob man sie überhaupt verwendete?
    Das klang ganz nach einer Wiederholung der Zeit bei Tony, wobei der Senat seinen Platz einnahm. Erwarte nicht, irgendetwas zu beeinflussen; erwarte nicht, irgendetwas zu kontrollieren oder irgendwelche Entscheidungen zu treffen.
    Bleib einfach da in der Ecke sitzen und tu, was wir dir sagen. Trag hübsche Kleider und lächele. Benimm dich, kleines Mädchen.
    Und das hatte ich. Ich hatte getan, was man mir sagte, bis ich erfuhr, was Tony mit den Informationen anstellte. Bis ich herausfand, dass er Menschen Leid bescherte und Leben ruinierte. Und dann war ich abgehauen, weil ich nicht für den Ruin oder gar den Tod von Leuten verantwortlich sein wollte, nicht einmal indirekt. Weil ich nicht Teil eines Systems sein wollte, von dem ich nichts wusste. Weil es mir reichte.
    Wann hatte ich das vergessen?
    Die Tür öffnete sich mit einem Knarren, aber ich drehte mich nicht um. Jemand kam die Stufen herab und legte eine Jacke um mich. Sie roch nach Gewürzen, dunklen Wäldern und Mircea. Ich zog sie mir automatisch enger um die

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