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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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dem gezackten Rand des Fensters. Man hätte ihn für den Bösewicht bei einem Puppenspiel halten können, aber es gab einen wichtigen Unterschied: Ich kannte keine Puppe, deren verbranntes Gesicht blutüberströmt war und der auf der einen Seite des Schädels Haut und Haar fehlten.
    Hinzu kamen Steine und jede Menge Dreck, in die eine Gesichtshälfte eingebrannt.
    Ich schrie, und er grinste und schob einen weiteren Arm über den Fensterrand. Einen Arm, dessen Hand eine Waffe hielt. Und ich entdeckte, dass ich – Überraschung! – doch laufen konnte. Humpelnd und hinkend eilte ich ins nächste Abteil, als hinter mir Schüsse knallten. Ich starrte auf die Rückenlehne des Sitzes vor mir, die von Kugeln zerfetzt wurde, und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, was aber nicht besonders gut klappte. Mein Gehirn schien in Entsetzen erstarrt zu sein und dachte immer wieder
Nein, nein, nein!,
was mir nicht besonders viel nützte.
    Ich forderte es auf, sich zusammenzureißen, und es antwortete
Nein, nein, nein!,
und ich schrie erneut, denn entweder schrie ich, oder ich verlor den Verstand.
    Aus irgendeinem Grund schien es zu helfen.
    Zum einen hörten die Schüsse auf, vielleicht deshalb, weil der Spartoi glaubte, mich erwischt zu haben, und zum anderen konnte ich wieder denken. Allerdings dachte ich nur, dass sich mit meinen Messern nicht viel anfangen ließ gegen jemanden, der ein loderndes Inferno überstehen konnte. Unter anderem.
    Aber ich konnte ihn nicht an mir vorbeilassen — er durfte auf keinen Fall meine Mutter erreichen. Und es gab nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. Ich musste ihn berühren und mit ihm springen, ihn zu einem anderen Ort bringen und dann hierher zurückkehren, bevor er mich töten konnte. Das klang nicht gerade nach Spaß, wenn man berücksichtigte, dass ich nahe genug an ihn heran musste, um ihn anzufassen, eine Vorstellung, gegen die sich alles in mir sträubte …
    Und dann kam Mircea durch die Tür und schlenderte wie jemand durch den Gang, der nach einem guten Sitzplatz suchte. Dass erneut Schüsse knallten, schien ihn überhaupt nicht zu stören. Fünf oder sechs Kugeln trafen ihn schnell hintereinander und schlugen in sein weißes Hemd, aber er machte sich nichts daraus, streckte nur die Hand aus, als wollte er den Kugeln auf diese Weise Einhalt gebieten.
    Und dann sorgte die Hand – oder vielleicht etwas anderes – dafür, dass die Schüsse aufhörten. Ich spähte um die Ecke und sah, wie der Spartoi auf dem Fensterrand zusammensackte und ihm die Waffe aus der schlaffen Hand rutschte.
    »Du hast ihn getötet«, brachte ich ungläubig hervor. Ich hatte schon geglaubt, so etwas wäre überhaupt nicht möglich.
    »Zunächst einmal«, erwiderte Mircea grimmig.
    »Was soll das heißen?«
    »Es soll heißen, dass diese Geschöpfe nicht tot bleiben«, sagte Mircea und gab dem Spartoi einen ordentlichen Tritt. »Ich habe das Wesen getötet, dem ich hierher gefolgt bin, aber kurze Zeit später erwachte es wieder zum Leben.«
    »Du meinst… Es wurde eine Art Zombie?«
    »Nein. Ich meine, er lebte wieder. Jetzt habe ich ihn zum zweiten Mal leer gesaugt. Es ist praktisch das Einzige, das bei diesen Burschen wirkte, aber die Wirkung hält nicht lange an.«
    »Woraus folgt… Wie oft wir sie auch töten, sie werden jedes Mal wieder lebendig und setzen die Verfolgung meiner Mutter fort?«
    »Es sei denn, du kannst helfen.« Die ruhige Stimme erklang hinter mir. Ich drehte mich um und sah meine Mutter in der Tür, mit dem Magier hinter ihr.
    »Das ist verrückt«, wandte er sich an sie. »Ich habe dir gesagt…«
    »Und du weißt sicher, welche Antwort ich dir gegeben habe. Wir können ihnen mit Tricks entgehen, wie wir es bisher gemacht haben, aber endgültig los werden wir sie dadurch nicht. Es gibt nur eine Möglichkeit, es zu beenden, ein für alle Mal, hier und heute.«
    »Aber du warst nicht da! Du kannst nicht wissen …«
    Sie nahm seine Hand. »Sei jetzt still.«
    Er starrte sie verärgert an, und dann wanderte sein Blick zu mir. Und wenn Blicke töten könnten …
    »Gleichfalls«, sagte ich benommen.
    Meine Mutter hatte sich halb umgedreht und den Magier angesehen, aber jetzt galt ihre Aufmerksamkeit wieder mir. »Die Zeit ist knapp«, sagte sie schlicht. »Bist du bereit zu helfen?«
    »Ich … äh …« Ich hatte ungefähr eine Million Fragen an sie, aber als ich in ihr Gesicht sah, erinnerte ich mich nicht an eine einzige von ihnen. Und ein Blick auf den eben noch toten

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