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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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und blinzelte. »Es ist ein Ankleidezimmer. Was glaubt ihr wohl, was ich hier machen möchte?«
    »Das erklärt noch nicht, warum wir gehen sollen.«
    »Weil ich hier vielleicht das eine oder andere Kleid anprobiere.«
    »Und?«
    »Vielleicht muss ich mich nackt ausziehen!«
    Der Bursche sah mich groß an. »Sie wissen doch, dass wir Sie schon nackt gesehen haben, oder?«
    »RAUS!«
    Als sie gegangen waren, schloss Francoise die Tür von Augustines Werkstatt auf, und wir huschten hinein. In gewisser Weise spiegelte es das Wesen des Modeschöpfers wider: ein extravagantes Durcheinander kreativer Exzesse, die in diesem Fall Ballen teurer Stoffe betrafen, Behälter mit wertvollen Bordüren, große Haufen glänzender Felle und jede Menge glänzende und funkelnde Dinge. Tische waren voll davon, Whiteboards zeigten Skizzen, und in der einen Ecke wirkten mehrere halb montierte Ankleidepuppen wie Kriegsopfer.
    Doch Nähmaschinen oder andere gewöhnliche Gerätschaften sah ich nicht, nur zwei tomatenförmige Nadelkissen, die unsere Köpfe umschwirrten, als wir eintraten – sie schienen zu wissen, dass wir nicht hierhergehörten.
    Francoise winkte sie fort, und daraufhin flogen sie zur Rückwand, wo sie sich unheilvoll zusammendrängten. Dann zog sie einen Vorhang beiseite, und sofort vergaß ich die Nadelkissen, die Vampire und sogar meinen schmerzenden Körper. Augustine mochte ein Mistkerl sein, aber er war ein genialer Mistkerl.
    »Die Frühjahrskollektion«, sagte Francoise mit einer schwungvollen Geste, die sie sich offenbar Präsentatoren abgeschaut hatte.
    Ich sagte nichts, weil mein Mund offen hing. Na schön, vielleicht hatte ich dem Burschen unrecht getan. Allem Anschein nach war er fleißig gewesen.
    Ich erkannte einige seiner Grundelemente: ein schlichtes Futteralkleid, bestickt mit Fächern aus schwarzer Spitze, die sich alle paar Sekunden öffneten und dann wieder schlossen; mehrere kleine Origami-Kleider, die ständig neue Formen bildeten; und mehrere Ständer mit etwas, das nach flüssigen Rubinen, Saphiren und Diamanten aussah, die so hell glitzerten, dass es schwerfiel, den Blick darauf zu richten.
    Bei der neuen Kollektion ging es offenbar um die Jahreszeiten.
    Ein nahes hellblaues Kleid war mit einer Wolke aus Herbst-blättern bedruckt: rostrot, golden und die braunen Töne der Erde.
    Die Blätter bewegten sich nicht nur, sondern schienen es nicht einmal für nötig zu halten, auf dem Stoff zu bleiben. Sie lösten sich davon und tanzten durch die Luft, machten eine Runde um das Kleid und verschwanden.
    Ähnlich verhielt es sich mit einem schimmernden weißen Gewand, das glänzende Schneeflocken freisetzte, wann immer ich es berührte, und einem grasgrünen mit Ärmeln, die aus Hunderten flatternder Schmetterlinge bestanden. Doch der richtige Hammer war ein rosaroter Kimono mit der Darstellung einer japanischen Landschaft auf der Seide.
    Francoise beobachtete mich mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. »Er ist gut, nicht wahr?«
    »Er ist gut, ja«, hauchte ich, während der Kimono im Licht verlockend schimmerte.
    Er wäre schon für sich genommen wunderschön gewesen, aber ein Zauber sorgte dafür, dass sich die Landschaftsszene veränderte, während ich sie beobachtete. Schnee schmolz auf den kahlen Zweigen eines Baums. Blätter bildeten sich, gefolgt von rosaroten und weißen Blüten, die zitterten und dann vom Sommerwind von der Oberfläche des Kleids geweht wurden.
    Aber im Gegensatz zu den Bildern auf den anderen Kleidern verschwanden sie nicht fast sofort. Für einen langen Moment hingen sie in der Luft und formten eine Art Schweif hinter dem Kleid, der etwa einen. Meter lang war und sich langsam auflöste. Als ich eine der Blüten berührte, fühlte sie sich weich an. Ich hätte schwören können, dass sie Gewicht und Substanz hatte, bevor sie endgültig verschwand.
    »Das ist einer der Sonderaufträge für die Zeremonie«, sagte Francoise, streckte die Hand nach dem Etikett am Kleiderbügel aus und drehte es.
    »Ist es … ist es für mich bestimmt?«, fragte ich und schwor allen Göttern, die mir zuhörten, ewige Ergebenheit, wenn sie dafür sorgten, dass meine Frage ein Ja als Antwort bekam. In diesem Kleid hätte ich wie eine Pythia ausgesehen. In diesem Kleid hätte ich es mit der ganzen Welt aufnehmen können.
    »Non«, sagte Francoise und blickte aufs Etikett.
    »Wer bekommt es?«, fragte ich, atmete etwas schneller und überlegte, ob sich die betreffende Person vielleicht bestechen

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