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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Gesicht, als er den Kopf drehte und sein Blick über die reglosen Leute strich, die wie eingefroren in der Luft hängenden Rauchwolken und ein im Fallen erstarrtes Glas, aus dem ein kleiner Wasserfall aus Sekt strömte.
    Vorsichtig streckte er die Hand aus und berührte das Glas, zog die Hand dann ruckartig zurück, als der Sekt seine Fingerkuppen befeuchtete. Er sah mich an, die dunklen Augen groß. »Was hast du getan?«, fragte er voller Staunen.
    »Lass nur.« Ich kam wieder auf die Beine und fragte mich, warum mir so kotzübel war. »Wir müssen ihn erwischen, bevor er sie findet.«
    »Den Mann, der dich angegriffen hat?«
    »Ja.«
    »Er hat es auf die Pythia abgesehen?«
    »Ja!«
    »Warum?«
    »Weil Agnes und ich seine letzte Mission vereitelt haben. Und weil das Ziel der Gilde darin besteht, die Zeit durcheinanderzubringen!« Und dieses Ziel erreichte sie, wenn sie die Pythia und ihre Erbin umbrachte.
    Aber die Folgen würden sich nicht nur darauf beschränken, begriff ich. Meine Mutter war noch immer die ausgewählte Erbin der Pythia, noch immer die gute kleine Eingeweihte, die ihre Jungfräulichkeit bis zur Zeremonie bewahrte, bei der Amt und Macht auf sie übertragen wurden. Sie musste meinen anrüchigen Vater erst noch kennenlernen und mit ihm durchbrennen.
    Sie musste mich erst noch empfangen.
    Plötzlich lief es mir kalt über den Rücken, und der Atem stockte in meiner Kehle. »Mircea …« Ich griff nach seinem Ärmel.
    Aber ich brauchte nichts zu erklären. Ich sah es in seinen Augen, dass er plötzlich kapierte, und nie war ich dankbarer gewesen für seinen messerscharfen, blitzschnellen Verstand, dem nur selten Details entgingen. Wie zum Beispiel folgende kleine Tatsache: Wenn der Irre Erfolg hatte, erledigte er an diesem Abend nicht nur zwei Pythien, sondern gleich drei.
    Mircea stellte keine weiteren Fragen. Er nahm mich an der Taille und lief los, bahnte sich schneller einen Weg durch die bewegungslose Menge, als es mir möglich gewesen wäre. Doch der Magier hatte einen recht großen Vorsprung, und in den wenigen Momenten, die nötig gewesen waren, um Mircea an Bord zu holen, hatte ich ihn aus den Augen verloren.
    Es half nicht, dass Rauch schwer und dicht wie Nebel in der Luft hing. Ich erwartete, dass die Sicht besser wurde, wenn wir uns vom Ursprung des Qualms entfernten, aber das Gegenteil schien der Fall zu sein. Die andere Seite des Raums war ein Meer aus Wolken, an einigen Stellen dunkler und an anderen heller, dort, wo das Feuer von Zaubern flackerte.
    Die Wolken waren ärgerlich genug, doch meine Sorge galt vor allem den Zaubern. Sie schienen stationär zu sein, wie Neonröhren in einer schlechten Disco der Achtzigerjahre, aber es gab ziemlich viele von ihnen. Die angehaltene Zeit verhinderte, dass sie uns entgegenflogen, doch wenn wir gegen einen von ihnen stießen…
    Ich wusste nicht, was dann passieren mochte, aber besonders lustig würde es vermutlich nicht sein.
    »Kannst du uns mit einem Sprung auf die andere Seite bringen?«, fragte Mircea grimmig.
    »Nicht ohne das Ziel zu sehen.« Und das verhinderte der Rauch.
    »Dann gehen wir außenrum.«
    »Das dauert zu lange! Der Magier ist bereits …«
    »Ich gehe«, sagte Mircea und legte mir eine schwere Hand auf den Arm, als ich mich zu Boden sinken ließ, um unter dem ersten glühenden Zauberbalken hindurchzukriechen.
    »Du kannst die Zeit nicht manipulieren, aber er ist dazu imstande! Er kann dich erstarren lassen und dich töten, bevor du merkst, was los ist.«
    »Das Risiko gehe ich ein.«
    »Ich nicht!«
    Er schob stur das Kinn vor, und ich hätte am liebsten geschrien.
    »Mircea, du beschützt mich zu Tode!«
    Er starrte mich noch einen Moment länger an, fluchte dann und sank neben mir auf den Boden. Ich nahm das als Zeichen seiner Stimmung und kroch los.
    Es war alles andere als leicht.
    Dicht über uns glänzte ein dicker Strahl wie Himbeereis. Ein gefrorener Zauber, kalt genug, um zu verbrennen, so kalt, dass Haut, die ihn berührte, daran festklebte. Kalt genug, um zu töten. Ich versuchte zu schrumpfen, als ich darunter hindurchkroch.
    Auf dem Boden war es ein wenig sicherer, denn die meisten Zauber befanden sich weiter oben und formten ein buntes Gitterwerk über unseren Köpfen. Der Rauch war hier unten zwar weniger dicht, aber besser sehen konnte man nicht, denn überall waren Kleider und die Hosenbeine von Männern im Weg. Ich kroch rasch weiter und achtete darauf, keine der lebenden Statuen in meinem Weg

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