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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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entspannt zu haben und lächelte. »Prinzessin Cneajna von Moldau«, sagte er leichthin. »Groß, mit rabenschwarzem Haar und grünen Augen. Radu kam nach ihr, nicht was die Farben betrifft, sondern in Hinsicht auf eine gewisse Zartheit.«
    »Was ist mit dir?«
    »Angeblich habe ich ihr Temperament bekommen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt. Sie war… feurig, manchmal auch übernervös. In meiner Erinnerung ist sie schön und heißblütig, stolz und ehrgeizig.«
    Ich biss mir auf die Lippe. Meiner Meinung nach war das eine Beschreibung, die perfekt auf Mircea passte.
    »Ich habe immer geglaubt, mehr nach meinem Vater zu kommen«, sagte er.
    »Wieso?«
    Mircea neigte den Kopf. »Er war… vernünftig und besonnen, ein Diplomat in Diensten von König Sigismund von Ungarn. Etwa in deinem Alter schickte man ihn als Sonderbeauftragten nach Konstantinopel, wo er wegen eines möglichen Zusammenschlusses der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche verhandeln sollte. Dazu kam es natürlich nie, doch er beeindruckte den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mit Takt und Urteilskraft.« Mircea lächelte erneut. »Mit seiner Frömmigkeit vermutlich nicht.«
    »War er nicht religiös?«
    »Er war nicht religiöser als politisch zweckmäßig. Die Frömmigkeit in der Familie konzentrierte sich auf meine Mutter. Sie zwang ihre armen Söhne in die Obhut der Dominikaner, wo wir einen Teil unserer Bildung bekamen.«
    Ich schmunzelte. »Du hältst nichts von Mönchen?«
    »Mir sind Männer, die den besten Schöpfungen Gottes freiwillig den Rücken kehren, immer suspekt.«
    Braune Augen wie Samt sahen mich an, und etwas Warmes und Elektrisches durchzuckte mich. Das Herz schlug mir plötzlich bis zum Hals, und ich merkte, dass ich wirklich etwas zu trinken brauchte.
    Zum Glück kam gerade eines der allgegenwärtigen Tabletts in meine Richtung.
    Ich trat vor und streckte die Hand nach einem der Gläser aus, und im gleichen Moment näherte sich ein Mann von der anderen Seite. Meine Hand berührte das Glas und stieß es um; goldene Flüssigkeit spritzte auf das weiße Hemd des Mannes. Er sah darauf hinab, und ich hob den Blick, eine Entschuldigung auf den Lippen.
    Und dort blieb sie, als wir beide erstarrten.
    Wir kannten uns und wussten, dass wir nicht an diesen Ort und in diese Zeit gehörten.

Neun
    Ich starrte in das schmale, pferdeartige Gesicht mit den hellblauen Augen, das dem Magier vor mir gehörte, und hoffte, dass ich Gespenster sah. In dem gut sitzenden Smoking wirkte er anders als in den Klamotten des siebzehnten Jahrhunderts.
    Sein blondes Haar war nach hinten gekämmt, fiel ihm nicht zerzaust ins Gesicht. Aber trotz des veränderten Erscheinungsbilds konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er es war. Ich hatte Agnes einmal dabei geholfen, ihn zur Strecke zu bringen, bevor er Gelegenheit bekam, die ganze Weltgeschichte zum Teufel zu jagen.
    Wenn ich noch einen Rest von Zweifel hatte, so wurde er beseitigt, als der Bursche schrie, das Tablett mit den Gläsern in meine Richtung stieß und davonstob. Dichter blauschwarzer Rauch wogte durch den Raum, als ich zurücktaumelte. Ein Schuss knallte, und ein weiterer Schrei ertönte. Und dann wurde alles langsamer, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Alles um mich herum wirkte plötzlich wie in Zeitlupe. Ich stieß gegen Mircea und sah, wie mein Kleid träge flatterte und das Tablett durch die Luft flog. Gläser fielen, goldene Flüssigkeit spritzte, und Silber glänzte für einen langen Moment im Licht der Kerzen …
    Dann wurde das Tablett schneller und krachte auf den Boden.
    Doch das Geräusch verlor sich im Knallen neuer Schüsse, dem Klirren von splitterndem Glas und der kollektiven Panik von Partygästen, die nicht an Gefahr gewöhnt waren. Ich hingegen war daran gewöhnt, aber meine Reaktion sah nicht viel anders aus. Instinktiv duckte ich mich und spürte fast im gleichen Moment, wie mich Mircea an der Taille packte und zurückriss.
    Zum Glück, denn genau in diesem Augenblick gelangte die Menge zu dem Schluss, dass Vorsicht besser war als Nachsicht – alle liefen los. Frauen in Abendkleidern und Männer in Smokings vergaßen Eleganz, warfen ihre guten Manieren über Bord und versuchten, so schnell wie möglich die Tür zu erreichen und nach draußen zu entkommen. An der Stelle, wo ich mich eben noch geduckt hatte, herrschte plötzlich ein Durcheinander aus fliegenden Kleidersäumen und stampfenden Füßen.
    »Was ist passiert?«, fragte Mircea und schob mich

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