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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Raums. Und dann platzten wir durch ihre Reste; Dunkelheit, kühle Herbstluft und die nächtlichen Geräusche einer Stadt empfingen uns.
    Und der Anblick eines Magiers, der eine junge Frau in einem geschmacklosen blauen Kleid mit sich zerrte.
    Sie waren halb die Straße hinunter und recht schnell, vermutlich deshalb, weil sie von vier Kriegsmagiern verfolgt wurden. Die Männer mussten draußen gewesen sein, vielleicht um eine zu qualmen, denn ganz offensichtlich waren sie nicht in der Zeitblase gefangen gewesen. Ein halber Häuserblock trennte sie noch vom rennenden Paar, aber mithilfe von Magie legten sie einen ordentlichen Zahn zu und verwandelten sich in dahinjagende Schemen, rasten mit ausgestreckten Armen durch die Nacht, näherten sich dem fliehenden Magier und der von ihm verschleppten Frau …
    Und dann verschwand die ganze Gruppe in einem Blitz, der die Gebäude um uns herum wie mit einem kurzen Stroboskoplicht erhellte.
    Für einen Moment starrte ich ungläubig und fassungslos. Ich wusste nicht viel von meinem Amt, erkannte aber einen Sprung, wenn ich einen sah. Die Gruppe war gerade geflohen, nicht durch den Raum, sondern durch die Zeit. Sie hatte den zarten Griff des Augenblicks ebenso mühelos abgestreift wie andere Leute einen Mantel.
    Doch obgleich die Körper fort waren … Etwas blieb im Hier und Heute. Ich klammerte mich verzweifelt daran fest, als Mircea hinter mir fluchte. »Was zum Teufel… ?«
    »Ich fühle sie noch immer.« Meine Hand schloss sich um seinen Arm, so fest, dass es einem Menschen wehgetan hätte.
    Mirceas Kopf ruckte herum, und sein Blick strich über die Straße.
    »Soll das heißen, dass sie sich hinter einem Tarnzauber verstecken?«
    »Nein. Es soll heißen, dass ich sie noch fühle.«
    Und vielleicht wusste ich sogar, warum. Pythien mussten irgendwie ihre Nachfolgerinnen ausbilden, und eine Methode bestand darin, das während der Arbeit zu tun. Doch um das zu bewerkstelligen, musste man eine Erbin lokalisieren können, die bei einem Sprung in Schwierigkeiten geriet, ganz gleich, zu welchem Ort und in welche Zeit der Sprung auch führte. Ich vermutete, dass ich aus diesem Grund spürte, wohin die junge Frau verschwunden war. In meinem Kopf schien es so etwas wie einen goldenen Faden zu geben, der uns miteinander verband.
    Einen Faden, der schnell dünner wurde, als die Entfernung zwischen uns wuchs.
    »Wie meinst du …«, begann Mircea, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Halt dich fest«, sagte ich und sprang.

Zehn
    Wir landeten auf derselben Straße, aber plötzlich gab es kein elektrisches Licht mehr, keine Autos und kein Gewühl aus in Panik geratenen Partygästen. Und auch keinen irren Magier mit einer Gefangenen. Es gab nur schmutzigen Schnee, der zwischen Pflastersteinen schmolz, einen Mond, der über uns auf dunklen Wolken ritt, und den schwachen Schein von zu weit auseinanderstehenden Gaslaternen.
    Welke Blätter knisterten im Rinnstein, und sonst bewegte sich nichts.
    »Hat er sie in ein Haus gebracht?«, fragte ich Mircea, der die Augen geschlossen und den Kopf nach hinten geneigt hatte.
    »Ich glaube nicht«, murmelte er. Und dann drehte er sich um, öffnete die Augen und richtete den Blick auf eine Gruppe zweistöckiger Reihenhäuser auf der linken Seite der Straße.
    Sie waren in einer hellen Farbe gestrichen, die im Mondschein geisterhaft blass wirkte. Die Fenster waren dunkel; die dicken Vorhänge hinter ihnen hätten ohnehin kaum Licht durchgelassen. Als weitaus nützlicher erwiesen sich die Schatten, die über die Gebäudefronten huschten.
    Einzelheiten konnte ich nicht erkennen, und ich hörte auch keine leisen Stimmen, das Geräusch schneller Schritte oder das leise Rascheln von Kleidung, das jemanden verraten hätte. Doch das alles brauchte Mircea nicht. Er konnte ein schlagendes Herz hören, Schweiß auf der Haut riechen und die von einem Laufenden stammenden Bewegungen der Luft fühlen. Selbst guten Tarnzaubern fiel es schwer, die Sinne eines Vampirs zu täuschen.
    »Dort entlang«, sagte er leise, obwohl ich einen solchen Hinweis gar nicht brauchte. Die Schatten waren in der dunklen Öffnung einer Gasse verschwunden, und ich sprang direkt hinter sie.
    Silbriger Mondschein reichte bis zum Ende der Gasse, und in diesem matten Licht sah ich, wie der Entführer und meine Mutter hinter einer Ecke verschwanden. Außerdem bemerkte ich drei Kriegsmagier, die ihnen offenbar dicht auf den Fersen gewesen waren, nun aus dem Nichts taumelten, ihre Tarnzauber

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