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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Profi-spielern auf Flussbooten – sie richten ihn auf reiche junge Schnösel, und er bedeutet so viel wie: Den können wir leicht ausnehmen.« Er sah mich an. »Ich möchte nicht, dass man dich ausnimmt.«
    »Ich lasse mich nicht ausnehmen.«
    »Von niemandem«, fügte Billy hinzu. »Er ist nicht schlimmer als die anderen. Sie alle wollen einen Teil von dir.«
    »So läuft das eben.«
    »Dann läuft es eben falsch.« Billy strich mit der Hand über die Karten, woraufhin sie sich wie Dunst auflösten und nur eine schwach glühende Wolke überm Bett zurückließen. Es wurde dunkler im Zimmer, aber nicht gemütlicher. Jemand musste das Fenster in Ordnung gebracht haben, denn die Klimaanlage lief auf Hochtouren, als wollte sie die verlorene Zeit aufholen.
    Ich zog die Decke hoch.
    »Was ist heute Nacht mit dir los?«, fragte ich. Billy konnte ziemlich zickig sein, aber für gewöhnlich gab es dafür einen besseren Grund als eine Nichtbeachtung der Sperrstunde meinerseits.
    »Ich … ich weiß nicht«, sagte er und drehte sich zu mir um. Das ungepflegte Gesicht unter dem Stetson wirkte sehr ernst. »Ich kann es nicht genau ausmachen, aber in letzter Zeit… Es fühlt sich an, als liefen mir Ameisen über die Haut, die ganze Zeit über.«
    Ich schwieg und musste insgeheim der Versuchung widerstehen, mir mit den Händen über die Arme zu streichen. Denn seit Tagen hatte ich ein ähnliches Gefühl, das sich nicht auf eine bestimmte Sache oder eine bestimmte Person zurückführen ließ. Dieses Gefühl war schon dagewesen, noch bevor jemand versucht hatte, mich umzubringen.
    Es war einer der Gründe dafür, warum es mir an diesem Morgen so schwergefallen war, das warme Hotelzimmer zu verlassen. Die vergangene Nacht hatte sich tatsächlich wie ein Moment außerhalb der Zeit angefühlt. Ausnahmsweise war niemand hinter mir her gewesen; niemand hatte versucht, mir etwas anzutun oder auch nur gewusst, wer zum Teufel ich war. Das hatte ich als sehr angenehm empfunden.
    Doch ich konnte mich nicht auf Dauer in der Vergangenheit verstecken. Und jetzt, da ich mich wieder in der Gegenwart befand, kehrten die »Ameisen« zurück und krabbelten mir wieder über die Arme. Es war alles andere als beruhigend, dass Billy es ebenfalls fühlte.
    Wie schlimm mussten die Dinge werden, bis Geister auszuflippen begannen?
    »Ich dachte, nach dem Tod des Mistkerls Apollo würden sich die Wogen glätten«, sagte Billy gereizt. »Aber das scheint nicht der Fall zu sein. Es fühlt sich an wie damals, als Tonys Gorillas zu nahe kamen. Wenn wir noch in Atlanta wären, würde ich dir dringend raten, deine Sachen zu packen.«
    »Wenn wir noch in Atlanta wären, hätte ich sie vermutlich schon gepackt«, erwiderte ich. »Aber ich schätze, weglaufen hilft jetzt nicht.«
    Billy winkte mit einer Hand. »Ich rede nicht von Weglaufen. Viele Leute laufen weg, und vor was auch immer sie zu fliehen versuchen, meistens holt es sie ein. Du bist entkommen, weil du … Ich weiß nicht. Du bist nicht unbedingt klug…«
    »Herzlichen Dank.«
    «… aber clever, einfallsreich, stur… Und du hast verdammt viel Glück.« Er sah mein Gesicht. »Was ist?«
    »Das hat vor kurzer Zeit auch jemand anders zu mir gesagt.«
    Ohne das mit dem dummen Teil.
    »Und? Was ist falsch daran?«
    »Nichts.« Abgesehen davon, dass ich nicht viel von der Notwendigkeit hielt, einfallsreich zu sein. Ich wollte auch kein Glück haben müssen. Ich wollte ausschlafen. Ich wollte aufstehen und in der Suite herumwerkeln. Ich wollte Augustine Zunder geben, damit ich bei meiner Amtseinführung nicht nackt herumlaufen musste.
    Ich wollte nicht herausfinden müssen, warum mir jemand in dieser Woche nach dem Leben trachtete.
    Zwar wusste ich nicht, wer oder was es auf mich abgesehen hatte, aber wenigstens bestand kein Zweifel daran, wer nicht infrage kam.
    »Der ganze Kram mit den Göttern ist vorbei«, teilte ich Billy mit.
    »Sie können uns nichts anhaben, solange sie nicht imstande sind, zur Erde zurückzukehren, und diese Möglichkeit bleibt ihnen verwehrt.«
    »Bist du sicher?«, fragte Billy skeptisch.
    Ich antwortete nicht mit einem Nein, denn ganz sieher war ich nicht.
    Vor kurzer Zeit war es ein Schock gewesen festzustellen, dass viele der Mythen, mit denen ich aufgewachsen war, einen realen Hintergrund hatten. Und dass zu allem Überfluss einige von ihnen noch lebten. Und dass sie alle verdammt sauer waren.
    Man hatte sie von der Erde verbannt, aus dem Land, in dem Milch und Honig für sie

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