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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Form und Inhalt gegeben.
    Vor der ersten Begegnung mit Mircea hatte ich in ständiger Furcht gelebt, obwohl mir das nicht bewusst gewesen war. Wenn man nichts anderes hat, erschien Furcht normal. Vor Schatten zurückzuweichen, aus Angst vor dem, was sich in ihnen verbergen könnte; immer abseits des Geschehens zu bleiben, nur um ja keine Aufmerksamkeit zu erregen; auf jedes Wort zu achten, um nirgends anzuecken … Natürlich hatte es Leute gegeben, bei denen ich nicht dauernd aufpassen musste, zum Beispiel Rafe und Eugenie und einige andere, die im Lauf der Jahre kamen und gingen.
    Aber sosehr ich sie auch gemocht hatte, mir war immer eins klar gewesen: Sie konnten mich nicht schützen. Wie sich herausgestellt hatte, waren sie nicht einmal imstande gewesen, sich selbst zu schützen. Denn keiner von ihnen war der Meister.
    Tony war damals der mächtigste mir bekannte Vampir gewesen, und selbst ohne das Wissen, dass er hinter dem Tod meiner Eltern steckte, hatte es bei ihm viel zu fürchten gegeben, darunter die Zimmer tief unten, von denen die Vampire nicht sprachen – von den Geistern im Haus hatte ich erfahren, dass es sich um regelrechte Folterkammern handelte. Leute, die Tony nicht mochte, wurden nach unten gebracht, und die meisten von ihnen kehrten nie zurück.
    Aber ich lernte diese Räume nie kennen und sah sie nur in einer Vision, Jahre später. Und nach Mirceas Besuch hatte ich instinktiv gewusst, dass ich sie nie kennenlernen würde. Denn Tony – so launenhaft, tödlich und absolut irre er manchmal sein konnte – war nicht mehr der mächtigste Vampir, den ich kannte. Mircea nahm jetzt diesen Platz ein, und Mircea mochte mich.
    Während seines Besuchs war es unmöglich, nicht zu bemerken, wie sich Tonys Verhalten änderte. Er war nicht direkt fröhlich – er war nie fröhlich oder vergnügt, obwohl er dafür eigentlich den richtigen Körper hatte –, aber er wurde … vorsichtig. Er hob mir gegenüber nicht mehr die Stimme und drohte auch nicht mehr. Für mich war es eine höchst interessante Erfahrung gewesen zu beobachten, wie das allseits gefürchtete Oberhaupt des Hauses praktisch vor den perfekt glänzenden Tanino Criscis seines Meisters kroch.
    Auch nachdem Mircea gegangen war, behandelte Tony mich nicht mehr wie vorher. Wenn ich ein oder zwei Wochen keine nützliche Vision bekam, wurde er frostig, und dann entschied er vielleicht, dass ich mein Zimmer nicht verlassen durfte, oder er strich einen der seltenen Ausflüge außerhalb des Hauses. Aber nie ließ er mich die Treppe hinabbringen, zu den Zimmern tief unten. Nein, das nie.
    Mircea hatte Sicherheit und Schutz für mich bedeutet, eine Zuflucht. Er hatte noch viele andere attraktive Attribute, die Frauen mehr zu schätzen wussten. Aber das Gefühl der Sicherheit kam für mich an erster Stelle. Es war das größte Geschenk gewesen, das ich jemals erhalten hatte.
    Selbst heute noch.
    »Ich glaube, das Date hat die Stufe ›gut‹ erreicht«, sagte ich, als ich wieder sprechen konnte.
    Mircea dachte kurz darüber nach. »Mal sehen, ob wir ›hervorragend‹ schaffen«, erwiderte er und rollte mich herum.
    Meine Güte.

Sechzehn
    »Ich wusste es!«
    Ich zuckte zusammen, denn die zornige Stimme erklang unmittelbar nach meiner Rematerialisierung in meinem Zimmer in Vegas. Mit einem Ruck wirbelte ich herum, was meinem bereits schmerzenden Kopf gar nicht gefiel, und sah Billy auf dem Bett. Spielkarten hingen vor ihm in der Luft, in einer vertikalen Solitär-Partie ausgebreitet. Aber es waren Geisterkarten, mit nicht mehr Substanz als ihr Besitzer, und deutlich konnte ich seine finstere Miene durch sie erkennen.
    Für jemanden, der auf regelmäßiger Basis so viel Unsinn anstellte wie Billy Joe, war sein missbilligender Blick ziemlich gut.
    »Was ist?«, fragte ich defensiv und hielt den Nerzmantel und meine Würde fest. Was mir bei Letzterem nicht unbedingt leichtfiel, da ich fast nackt war und einen gehörigen Kater hatte.
    »Du hast mit dem gottverdammten Vampir geschlafen!«
    »Ich… Woher weißt du das?«
    Billy verdrehte die Augen.
    »Selbst wenn du recht hättest… Es geht dich nichts an«, erwiderte ich stolz. Und dann ruinierte ich diese Worte, indem ich zum Bad torkelte.
    Ich schaltete das Licht ein, doch sofort taten mir die Augen weh, und deshalb schaltete ich es wieder aus. Allerdings sah ich dadurch nichts mehr – bis Billys matt glühender Kopf wie ein verärgertes Nachdicht durch die Wand kam.
    »Ich dachte, du wolltest dir Zeit

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