Verlockend wie ein Dämon
Fremden leid? Er würde sich erholen. Wenn man bedachte, wie leicht er sie in den Sessel geworfen hatte, würde er ihr wahrscheinlich sogar innerhalb eines Wimpernschlags auf den Fersen sein, um ihr wild entschlossen die Münzen wieder streitig zu machen.
Was allerdings eine Katastrophe wäre.
Gnadenlos brachte sie ihre Schuldgefühle zum Schweigen und reaktivierte den Gartenalarm.
Murdoch jagte den Motor des BMWs hoch, drückte das Gaspedal durch und schoss vom Parkplatz, sodass der Kies spritzte. Seine Wangen waren gerötet, und seine Hände umklammerten das Lenkrad in kaum gezügeltem Zorn. Blut tropfte von einer Schürfwunde über seinem rechten Ohr. »Sag mir, dass ich mich nicht umsonst habe anschießen lassen, Webster. Sag mir, dass du die Münzen hast!«
Mit einem Taschenmesser holte Brian eine Kugel aus seinem Oberschenkel. Nicht gerade der eleganteste Abgang, den er jemals gemacht hatte. »Tut mir leid. Nein. Sie hat mich ausgeknockt.«
»
Sie?«
»Schau auf die Straße, Schwachkopf.«
»Du hast dich von einem
Mädchen
übers Ohr hauen lassen?«
Ja, er war so dumm gewesen. Er hätte nicht davon ausgehen sollen, dass sie eine Sterbliche war, noch hätte er seinen Griff lockern sollen, weil sie eine Frau war. Aber offen gestanden hatte sie ihn auf dem falschen Fuß erwischt. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal so eine verflucht heiße Anziehungskraft gespürt hatte. »Offensichtlich ist sie kein Mensch. Vielleicht ein Dämon.«
»Himmel, du solltest hoffen, dass sie keiner ist.«
Brian ignorierte Murdochs Bemerkung, zog seinen BlackBerry aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste von MacGregors Nummer. Als eine weibliche Stimme ertönte, sagte er: »Hey, Mrs L, ist der große Kerl da?«
»Er trainiert gerade mit Em.«
»Es ist wichtig.« Ein Blick aus der Heckscheibe sagte ihm, dass ihnen keine Autoscheinwerfer folgten. Sie hatten es geschafft. Was kein gutes Gefühl war angesichts der Tatsache, dass er sich gerade eine immens wertvolle Reliquie mit der Macht, die Welt aus den Angeln zu heben, hatte abjagen lassen. »Er wird es dir nachsehen, wenn du ihn störst, versprochen.«
Während Rachel ihren Mann holte, sah Brian zu Carlos, der im Fond saß, den Kopf gegen die Tür gelehnt und einen Fuß auf das Lederpolster gestellt. Seine Augen waren geschlossen, und tiefe Furchen hatten sich um seinen Mund gegraben. Brian legte eine Hand über das Handy und fragte: »Du bist nicht getroffen worden, oder?«
»Nein.« Der Junge riss ein Auge auf. »Im Gegensatz zu euch alten Säcken kann ich noch rennen.«
Brian drohte ihm mit dem Finger.
»Webster?« MacGregors Missfallen war nicht zu überhören. »Was ist los?«
»Ich hab’s vergeigt«, gestand Brian übergangslos. Seine Schultern waren breit, er konnte die Verantwortung für den Fehlschlag auf sich nehmen. »Ich habe mir die Münzen vor der Nase wegschnappen lassen. Von einer Frau, die immun gegen meinen Schlafzauber war und mich mit einem Tritt außer Gefecht gesetzt hat, gegen den Bruce Lee alt aussieht.«
»Eine Unsterbliche?«
»Ziemlich sicher, ja.«
»Ist sie durch einen Riss in der Barriere geflohen?«
»Nein«, erwiderte Brian, während der Druck auf seine Brust ein wenig nachließ. Gute Frage. Das bedeutete, dass sie kein Dämon war und nicht Satan die Münzen bekommen würde. »Durch ein Fenster.«
»Dann ist sie eine Wächterin.«
»Eine was?« Brian blinzelte. Er wusste, dass es Seelenwächterinnen gab, aber in den sechs langen Jahren, seit denen er der Herrin des Todes diente, war ihm nicht eine einzige begegnet. Musste eine Frau, die fähig war, einen Dämon auszuschalten, nicht größer und weniger … weich sein? »Wirklich?«
»Lass mich mal in der Datenbank nachsehen.« Nach einer kurzen Pause fuhr MacGregor fort: »Aye, hier steht es. Das System hat eine Wächterin gefunden, die sich nicht weit von deiner Position befindet. Lena Sharpe. Sie sitzt in einem Auto und passiert gleich die Mautstelle auf der A8 Richtung Nizza.«
»Was macht denn ein weiterer klauender Wächter bei Duverger?« Seine Frage trug ihm sofort die Aufmerksamkeit der beiden anderen Männer im Wagen ein. Brian zuckte ihnen gegenüber mit den Achseln. »Weiß sie Bescheid über unseren Plan?«
»Nein, laut ihrer Registrierung tut sie nur das, was sie immer tut. Sie ist eine Diebin.«
»Hä? Muss sie sich nicht wie wir anderen die Befreiung aus dem Fegefeuer verdienen?«
»Das ist nicht unser Problem, Webster«, gab
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