Verlockend wie ein Dämon
davon bewegten sie sich zügig.
»Wenn wir wüssten, was Tariq hier getrieben hat«, sagte Brian zu Lena, während sie rechts abbogen, um nach ihrem jungen Partner zu suchen, »könnten wir vielleicht herausfinden, was er als Nächstes vorhat.«
»Ich vermute, dass er sich mit einem Käufer treffen wollte. Aber ich habe keine Ahnung, warum er mit einem so belebten Treffpunkt einverstanden war. Das empfiehlt sich kaum für einen Handel, bei dem größere Summen im Spiel sind. Es macht überhaupt keinen Sinn.«
»Schau dich um. Vielleicht kommst du ja auf eine Idee.« Brian wählte Carlos’ Nummer. Als der junge Mann abnahm, sagte er: »Wir hätten ihn fast gehabt, aber er ist uns entwischt. Wir treffen uns an der Ecke von vorhin.«
Er legte auf und sah, dass Lena die Stirn runzelte.
»Hast du etwas gesehen?«, fragte er.
Sie nickte verstohlen zu einem Gebäude auf der anderen Straßenseite hinüber, in dem sich im Erdgeschoss ein Schuhgeschäft befand. »Wenn ich mich nicht irre, ist das eines von Reyhan Nassers Büros.«
»Wer zur Hölle ist Reyhan Nasser?«
Mitten in ihrer Antwort hob er die Hand. »Okay, ich verstehe. Ich persönlich halte dich ja für verrückt, dass du dich mit diesem Tariq abgibst, aber ich verstehe. Er hat also hier herumgelungert und darauf gewartet, dass Nasser auftaucht? Warum sollte er das tun? Der Kerl mit der Knarre ist Beweis genug, dass sein Cousin ihn nicht vergessen hat.«
»Das sehe ich auch so. Ich kann mir nur einen Grund vorstellen, warum er seine Angst vergessen haben könnte.« Lena senkte den Blick zu Boden. »Wegen der Münzen.«
In seiner Brust wurde es eng. »Du meinst, er hat sie angefasst?«
»Der Fluch ist ein zweischneidiges Schwert«, sagte sie. »Er verleiht dem Besitzer der Münzen unverschämtes Glück und Reichtum, bringt aber auch Verrat und Paranoia mit sich. Wenn Tariq die Münzen berührt hat, wird er sich jetzt möglicherweise unbesiegbar fühlen. Und imstande, Nassers Todesdrohungen ein für allemal abzustellen.«
»Hast du ihn nicht vor den Nebenwirkungen gewarnt?«
»Natürlich. Eigentlich habe ich ihm
nur
von den negativen Aspekten der Macht der Münzen erzählt.«
»Unverschämtes Glück erklärt jedenfalls, wie er sich im Suk in Luft auflösen konnte.« Brian entdeckte Carlos und winkte ihm. Der junge Mann hatte gerade ein Taxi angehalten.
Ein Lautsprecher über seinem Kopf erwachte krächzend zum Leben. Es folgte ein schwärmerisch-klagendes Plärren. Doch es blieb nicht lange bei dem einen – eine Sekunde später wurde es von weiteren Rezitationen aus der Nachbarschaft übertönt, bis alles zu einem irritierenden, lärmenden Klangteppich anschwoll.
»Was ist das?«
»Adhan – der islamische Ruf zum Gebet.« Lena seufzte. »Der Ruf eines einzelnen Muezzins ist an sich schön und beruhigend. Leider gibt es hier in der Gegend viele Moscheen, und jede hat ihren eigenen Muezzin.«
Sie zwängten sich zusammen auf den Rücksitz des Taxis. Da Brian Carlos nicht zu sehr auf die Pelle rücken wollte, musste er seinen Oberschenkel gegen Lenas weichen Körper drücken. Es gab Schlimmeres. Er sah zu Carlos, und da erst fielen ihm die tiefen Furchen auf, die sich um seinen Mund gegraben hatten.
»Alles in Ordnung?«
»Kopfweh«, erwiderte der junge Mann achselzuckend.
Wieder ein schlimmer Anfall, Carlos’ blasser, verschwitzter Haut nach zu urteilen. Brian hatte ihm geraten, einen Arzt aufzusuchen, aber unter den Wächtern kam nur Bale einem Arzt am nächsten, und er war eher der Heftpflastertyp. Wächter wurden verwundet, aber nicht krank.
»Es hat keinen Sinn, heute Abend die Suche nach Tariq fortzusetzen«, sagte Lena mit Grabesstimme. »Er wird sich eine neue Möglichkeit überlegen müssen, Kontakt zu Nasser aufzunehmen, da wir seine Tarnung haben auffliegen lassen. Wenn wir im Hotel sind, werde ich meinem Netzwerk Bescheid geben. Sobald er mit einem von ihnen Kontakt aufnimmt, können wir seine Spur verfolgen.«
»Du hast ein Netzwerk?« Ein oder zwei Freunde waren zu erwarten gewesen, selbst bei einer Einzelgängerin wie Lena. Aber »Netzwerk« klang richtig organisiert. »Wer gehört denn dazu?«
»Leute, die mir das Leben leichter machen.«
»Vertraust du ihnen?«
Sie lächelte. »Ich vertraue niemandem. Aber meine Kollegen sind extrem gut in dem, was sie tun, und solange ich nicht vergesse, dass sie mich überfallen, wann immer es ihnen passt, sind sie nützlich.«
Brian nannte dem Taxifahrer die Hoteladresse und lehnte sich
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