Verlockende Versuchung
Sebastian seine Augen wieder aufschlug, überkam ihn das Gefühl, er befände sich mitten in einem Wirbelsturm, der ihn mit sich fortriss.
Nichts könnte jemals die Erinnerung an Devon auslöschen. Auch die Zeit würde niemals die Glut des Verlangens nach ihr bezähmen, das wild in seiner Brust tobte.
Denn Devon war unvergesslich.
Und das, was er getan hatte, war unverzeihlich.
Er selbst hatte sich das Messer in den Rücken gestoßen.
Schlimmer noch, er hatte es ihr in den Rücken gestoßen.
Selbstquälerische Gedanken verdunkelten Sebastians Seele. Er hatte sich immer und immer wieder ins Gedächtnis gerufen, dass Devon nicht die Seine werden konnte. Niemals hätte er sie berühren dürfen, doch nun war es geschehen, und beide mussten den Preis dafür zahlen.
Die letzten Wochen, über hatte er sich eingeredet, einen Platz in Devons Leben zu haben. Doch eine gemeinsame Zukunft war unmöglich.
Die Situation war ... ausweglos.
Alles nur wegen seines unüberwindbaren Verantwortungsbewusstseins. Seines Pflichtgefühls.
P f licht.
Das Wort ließ einen bitteren Nachgeschmack in seinem Mund zurück und schnürte ihm die Luft ab, bis er kaum mehr atmen konnte.
Sein ganzes Leben hindurch hatte Sebastian getan, was von einem Mann in seiner Stellung erwartet wurde. Er sollte eine Frau des tonangebenden Adels ehelichen, eine kultivierte, welterfahrene Dame. Angewidert verzog er den Mund. Oh, wie selbstgefällig er gewesen war! Er hatte tatsächlich geglaubt, alles bis ins Kleinste geplant zu haben. Als seine oberste Pflicht hatte er es immer betrachtet, einen Nachkommen zu zeugen und somit den Familiennamen weiterzugeben und das Erbe zusammenzuhalten. Sebastian hatte sich vorgemacht, ein ausgefülltes Leben zu haben und glücklich zu sein.
Sein Pflichtgefühl zwang ihn dazu.
Doch nun standen diese sauber zurechtgelegten Pläne all dem im Weg, was er sich ersehnte ... Er war hin- und hergerissen zwischen dem, was für ihn selbst richtig und was ... schicklich war; was er selbst wollte ... und was er tun sollte.
Nichts war so eingetroffen, wie Sebastian es geplant hatte. Mit den Händen hieb er sich gegen die Brust, um die unerträglichen Qualen in seinem Herzen zu verscheuchen.
Wenn es nur um ihn allein ginge, würde er Devon auf der Stelle zum Traualtar führen. Es spielte für Sebastian überhaupt keine Rolle, dass sie arm war oder aus St. Giles stammte. Was wäre er ohne sein Geld, seine Macht oder seinen Titel? Nur ein Mann wie jeder andere. Keinen Deut besser als jeder andere.
Devon ... Devon hingegen war eine einzigartige Frau.
Justins Worte hallten in Sebastians Kopf wider. Sie verdient jemanden, der sie liebt. Jemanden, der sich um sie kümmert. Der ihr all das gibt, was sie niemals hatte.
Sebastian war sich sicher, dass er für sie sorgen, ihr all das geben könnte, was sie niemals gehabt hatte.
Und er liebte sie. Bei allem, was ihm heilig war, das tat er!
Die Situation war allerdings nicht so einfach ... oder etwa doch? Würde der englische Adel Devon als seine Gattin akzeptieren? Er zuckte zusammen, als er an die Namen dachte, mit denen man sie bezeichnen würde. Zweifellos würde es Justin nichts ausmachen, wenn man das Paar aus dem gesellschaftlichen Leben ausschloss. Justin, der Zyniker, hätte wahrscheinlich sogar Spaß daran und würde die Heirat als rebellischen Akt seines älteren Bruders betrachten.
An dem Tag, an dem seine Mutter sie verlassen hatte, hatte sich Sebastian geschworen, dass es fortan keinen Skandal in seinem Leben, keinen Schandfleck auf seine m Namen mehr geben würde. Auf einmal schien das nicht mehr von Bedeutung zu sein. Er und Justin würden eine weitere Schmach überstehen.
Doch was war mit Julianna?
Die liebe, süße Julianna ! Könnte sie einen weiteren Skandal verkraften? Sebastian erinnerte sich des schrecklichen Vorfalls, der sie seit Monaten in der Verbannung hielt. Der Gedanke daran, dass Julianna erneut dem Tratsch und Klatsch der Gesellschaft ausgeliefert wäre, versetzte ihm einen tiefen Stich, denn seine wundervolle Schwester verdiente ein besseres Schicksal als jenes, das ihr die Vorsehung zugeschrieben hatte.
Genauso wie Devon.
Jäh entsann er sich, wie sie an dem Abend ausgesehen hatte, als Justin und er sie dem hiesigen Landadel vorgestellt hatten. Sie war voller Hoffnung und jugendlichem Eifer gewesen und hatte derart großes Vertrauen in ihn gesetzt. Solche Zuversicht.
Und er hatte sie verraten. Er hatte sie beide verraten.
Da wusste er es ... Er
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