Verlockende Versuchung
ahnte, was nun passieren würde, denn er war ein Mann, der nichts sagte oder tat, ohne sich der Folgen bewusst zu sein. Der Wortwechsel mit der Herzogin würde sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Das Gerede würde augenblicklich beginnen, und seine Anwesenheit bei jeder Abendgesellschaft oder Soiree, an der er teilnahm, würde von der gesellschaftlichen Oberschicht bewertet werden. Was er trug, was er aß, mit wem er sprach, und natürlich, welcher Frau er besonders viel Aufmerksamkeit zukommen ließ. Eine bedauerliche Notwendigkeit, dachte Sebastian.
»Du hättest dabei sein sollen«, beendete er seinen ausführlichen Bericht mit einem feinen Lächeln. »Ich bin sicher, du hättest dich amüsiert.«
»Die Bälle der Farthingales sind bei weitem die langweiligsten und trostlosesten Feiern, die ich kenne! « Justin verdrehte die Augen. »Wenn ich nur daran denke, dass du mich vor einer solch bedeutungsvollen Entscheidung nicht um Rat gefragt hast. Sebastian, du hast wahrlich meine Gefühle verletzt. «
»Ja«, bemerkte Sebastian trocken, »das sehe ich. Und ich weiß auch, was du mir geraten hättest. «
Justin betrachtete seinen Bruder durch einen Rauchschleier. »Was genau steckt hinter dieser überstürzten Entscheidung? «
»Sie ist nicht überstürzt. Ich habe bereits seit längerer Zeit darüber nachgedacht. Du musst wissen, die meisten Männer heiraten. Und haben Kinder. Es ist unsere Pflicht.«
»Ah ja, Pflicht. Wie vorhersehbar«, spottete Justin. »Darf ich fragen, welche Kandidatinnen du in die nähere Auswahl aufgenommen hast? «
»Natürlich darfst du. Ich muss dich j edoch enttäuschen, denn ich habe noch keine spezielle Frau im Sinn. Ich habe bisher nur das Feld eingegrenzt.«
»Ich verstehe. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob die Frau existiert, die dich zufrieden stellen könnte.«
Sebastian sah ihn verwundert an. »Was genau meinst du damit? «
»Entschuldige bitte«, entgegnete Justin ohne Umschweife, »aber ich habe meine Zweifel, ob deine Erwartungen nicht etwas zu... hoch sind. «
»Was soll das heißen? «
»Ich denke, du verlangst einer Ehefrau das Gleiche ab wie dir selbst. Kurz gesagt, du, erwartest eine perfekte Frau.«
Sebastian parierte ohne zu zögern. »Weniger eine perfekte Frau als eine Frau, die perfekt zu mir passt.«
»Na gut, du hast j a schon immer alles sehr genau genommen«, bemerkte Justin. »Jedenfalls laufen die Damen der Gesellschaft dir in Scharen hinterher. «
»So wie dir.«
»Es scheint in unserem Blut zu liegen, das andere Geschlecht anzuziehen, nicht wahr?«
Bitterböser Sarkasmus mit einer Schicht Zuckerguss wie typisch für Justin. Sebastian überging die spöttische Bemerkung über die Untreue ihrer Mutter.
Justin fuhr ungerührt fort: »Ich versichere dir seit Monaten, dass du der begehrteste Junggeselle Londons bist. Jetzt ist es offiziell. «
»Da magst du Recht haben.« Sebastian musste ihm zustimmen. »Aber seien wir ehrlich. In meinem Fall ist es der Titel, den sie begehren. Das Vermögen. Was mich daran erinnert«, er zog eine Augenbraue hoch und betrachtete Justin aufmerksam, »ist es nicht an der Zeit, dass auch du eine Braut auswählst? «
Justin brach in schallendes Gelächter aus. »Schlag dir das sofort aus dem Kopf! Ich werde mich niemals dem Joch der Ehe unterwerfen, und das weißt du. «
Mit dieser Feststellung drückte er seine Zigarre aus und sprang auf die Beine. Sebastian wünschte ihm eine angenehme Nachtruhe, machte selbst jedoch keine Anstalten sich auf sein Zimmer zurückzuziehen. Er lockerte seine Krawatte, goss sich den letzten Rest des Brandys ein und sank in einen großen Ledersessel vor dem Kaminfeuer.
Sebastian versuchte, seine verspannten Schulterblätter zu lockern. Herrgott, welch eine bizarre Nacht er verlebt hatte! Lange Zeit saß er ruhig da und nahm den Frieden und die Stille mit j eder Faser seines Körpers in sich auf. Am Ende eines solchen Abends brauchte er dies. Außerdem war es ein ausgezeichneter Augenblick, um über seine Zukunft nachzudenken ... und über seinen Entschluss, sich eine Braut zu nehmen.
Die Herzogin hatte Recht. Es war höchste Zeit, dass er heiratete. Entgegen Justins Vermutung, handelte es sich definitiv um keine übereilte Entscheidung. Nein, er hatte bereits seit Wochen mit dem Gedanken gespielt.
Es war Zeit. Und er war bereit.
Aber er würde keine Fehler machen.
Und es gäbe keine Skandale. Kein Schandfleck oder Makel würde auf seinem unbescho l tenen Namen haften. Das war
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