Verlockende Versuchung
Körper mit seinen Lippen und der Zunge zu erkunden, und er am liebsten alle Konventionen über Bord werfen wollte.
Niemals hätte sich Sebastian als Feigling bezeichnet, aber in diesem einen Augenblick war es genau das richtige Wort. Er hätte ihr nicht in die Augen sehen können, auch wenn sein Leben daran gehangen hätte!
In dem wohl unangenehmsten Moment seines bisherigen Lebens wies Devon mit dem Kopf schließlich in Richtung der großen, mit einer Schleife geschmückten Schachtel. »Was ist das? « , flüsterte sie.
Schnell griff er nach der Schachtel und legte sie aufs Bett. »Tansy sagte, dass dies gerade angekommen ist.« Er winkte Devon heran. »Kommt schon, öffnet sie.«
Zaghaft zog sie an dem weißen Satinband, um dann den Deckel aufzumachen. Mit gerunzelter Stirn lehnte sie sich vor und schob dünne Lagen von Seidenpapier auseinander.
»Das erste Eurer Kleider vom Tailleur«, sagte Sebastian zur Erklärung. »Ich würde sagen, genau der richtige Augenblick.«
Erneut schoss ihr das Blut in die Wangen und sie biss sich leicht auf die Unterlippe, doch ihre Augen glänzten, als sie ein Kleid aus blauem und weißem Musselinstoff aus der Schachtel hob. »Oh Sebastian«, rief sie entzückt, »wie wunderschön!« Ein weißes, hauchdünnes Hemdchen und ein Unterrock kamen als Nächstes zum Vorschein. Devon war von beidem begeistert.
Sebastians Anspannung ließ etwas nach. »Probiert es an«, schlug er vor.
» Oh j a. Ja! « Ihr Gesicht strahlte vor Freude. »Ihr müsst mir jedoch später mit den Knöpfen helfen.«
Bevor er antworten konnte, hatte sie bereits das Kleid und die Unterwäsche gepackt und war hinter dem Wandschirm verschwunden.
Ein Rascheln war zu hören, dann flog das Kleid, das sie eben noch getragen hatte, über den Paravent.
Sebastian blickte vom Wandschirm zur Tür. Eigentlich sollte er Tansy herbeirufen.
Du ha s t dich gerade erst einen Gentleman genannt, verhöhnte ihn eine spöttische Stimme in seinem Kopf. Warum verhältst du dich dann nicht wie einer?
Weil das hier Devon ist, und keine der üblichen Regeln Gültigkeit hat.
Nach kurzer Überlegung blieb er genau an der Stelle stehen, an der er sich befand.
Sebastian hatte nicht vor, Devon zu erzählen, dass er ein größeres Talent besaß, Frauen aus ihrer Kleidung zu helfen, als ihnen beim Anziehen zu assistieren.
Geruhsam hielt Sebastian eine feine weiße Haube auf und spielte gedankenverloren mit den daran befestigten Schleifen. »Hier ist auch eine Haube«, rief er Devon zu. »Jetzt könnt Ihr Euch endlich des abgetragenen, alten Dings entledigen, mit dem Ihr hier ankamt.«
»Das werde ich nicht! « , protestierte Devon sofort helfen. »Ich liebe diese Haube ! Es ist die erste, die ich j e besessen habe, versteht Ihr?«
Sebastian zuckte mit den Schultern. Über Geschmack ließ sich nicht streiten, wenn es um Mode ging. Als Julianna klein war, hatte sie einen Narren an einem hässlichen grünen Kleid gefressen und stur darauf beharrt, diesen Stofffetzen j eden Tag zu tragen. Die Amme beschwerte sich darüber, dass sie Julianna das Kleid j eden Morgen unter Weinen und Schreien ausziehen musste, da es dem kleinen Mädchen nicht erlaubt war, das Kleidungsstück anzuziehen. Nachdem Julianna aus ihm herausgewachsen war, hatte sie darauf bestanden, sich ganz in Schwarz zu kleiden, um den Verlust ihres Lieblingsgewandes zu beklagen.
»Strümpfe und Strumpfbänder«, bemerkte er, als Devon wieder zum Vorschein kam.
»Dreht Euch um«, befahl sie, als sie danach griff.
Zwar kam Sebastian ihrer Aufforderung nach, doch aus den Augenwinkeln konnte er sie immer noch beobachten. Auf einen Stuhl gestützt, schlug sie die Röcke bis zu den Knien hoch und zog sich die feine weiße Seide über, während Sebastian den Umriss ihrer schmalen, wohl geformten Knöchel und Waden bewunderte. Amüsiert erkannte er, dass er ebenso gut der Laternenpfahl draußen vor dem Fenster sein könnte, so wenig beachtete sie ihn.
»Schuhe?«, erkundigte er sich und reichte sie ihr. Eine Hand an seine Schulter gelehnt, schlüpfte sie erst in den einen, dann in den zweiten Schuh. Ein Paar eleganter Spitzenhandschuhe vervollständigte das Bild.
Devon wirbelte herum und drehte ihm den Rücken zu. Das Kleid hing ihr lose um die Schultern. Er wollte es herunterreißen, anstelle es zuzuknöpfen! Mit trockenem Mund starrte er auf die geschmeidige Haut an den Schultern, die anmutige Wölbung ihres Rückgrats, die von einem so hauchdünnen Hemdchen bedeckt war,
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