Verlockendes Dunkel
während er irgendeinem Einfaltspinsel beim Kartenspiel das letzte Geld abnahm?
Wieder auf der Straße, zog Brendan seinen Rockkragen gegen den erneut auffrischenden Wind hinauf. Ohne ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben, machte er einen großen Bogen um St. Patrick’s und das Gewirr der umliegenden Gassen. Als er auf die Lower Coombe abbog, konnte er seinen ersten Verfolger spüren.
Zwei Straßen weiter schloss sich ihm ein zweiter an.
Als Brendan die Höfe hinter der Elbow Lane erreichte, hatte die Jagd begonnen.
Sein Körper vibrierte wie ein Leitungsdraht. Seine Sinne erweiterten und schärften sich, als er sich in eine Rolle gedrängt sah, die er schon in vielen anderen Ländern und Kontinenten gespielt hatte: die des Kaninchens, das vor den Hunden floh.
Waren seine Verfolger Máelodors Männer, die auf seine Gefangennahme aus waren, oder hatten die Amhas-draoi beschlossen, das letzte Mitglied der Neun beseitigen zu lassen?
Die Antwort erhielt er nur allzu bald. In einer Sackgasse hinter dem Hof eines Gerbers, wo es keine Möglichkeit gab, sich zu verstecken, bis die Gefahr vorüber war. Keine Möglichkeit, umzukehren und seine Verfolger auf eine falsche Spur zu locken. Den Ausgang zur Straße versperrte ihm ein Amhas-draoi -Krieger. Mit unbewegter Miene und leicht gespreizten Beinen stand er dort, und der Energiestoß, der Brendan traf, versengte ihm fast das Hirn mit seiner lähmenden Kraft.
In der Hoffnung, zwischen dem hünenhaften Krieger und dem nächsten Haus hindurchschlüpfen zu können, sprang Brendan mit gezücktem Messer vor. Blitzschnell warf er sich in die Lücke zwischen dem Mann und der Wand, rollte sich herum und sprang brüllend vor Erregung wieder auf, das Messer noch in der Hand.
Und genauso plötzlich fiel er auf die Knie, und sein Gebrüll wurde zu einem erstickten Schrei, als ein weiterer heftiger Magiestoß ihn zu Boden warf.
Der Amhas-draoi stand über ihm, Triumph in den eben noch so ausdruckslosen Augen, als die Kampfmagie Brendan durchfuhr wie eine scharfe Klinge und sämtliche Gelenke und Sehnen zu durchtrennen schien. Stöhnend kauerte er sich zusammen, weil er nicht einmal mehr atmen konnte, ohne einen stechenden Schmerz in der Lunge zu verspüren.
Grelle Punkte und Feuerräder explodierten vor seinen Augen, und das Blut rauschte ihm in den Ohren, doch er wehrte sich, so gut er konnte. Von purem Instinkt gelenkt, ließ er seine eigenen magischen Kräfte auf Scathachs siegessicher grinsenden Krieger los.
Der Mann taumelte, und sein Gesichtsausdruck wechselte von Schock zu Schmerz, als Brendan sein Messer bis zum Heft in den Leib des Kriegers stieß.
Die Kampfmagie des Amhas-draoi ebbte ab und ließ Brendan zitternd und angeschlagen, aber unverletzt zurück. Sein Herz raste, als er sich aufrappelte, einem heftigen Schlag auswich und sich vor einem zweiten duckte. Gefangen zwischen Scathachs Krieger und dem Ende der Gasse, versuchte er, seine Situation – und seine Chancen – abzuschätzen.
Wie ein wütender Bulle griff der Amhas-draoi ganz unversehens wieder an. »Mörderisches Dreckschwein!«, fauchte er mit hassverzerrtem Mund.
»Sturer Bock!«, versetzte Brendan, der auf den Fußballen tänzelte, um den Mann auf Distanz zu halten. Dabei versuchte er, sich an der Wand entlangzustehlen. Was zum Teufel brauchte es, um ein Mitglied der Bruderschaft zu Fall zu bringen? Der Mann presste eine Hand an seinen Bauch und war blass wie ein Leichentuch, und trotzdem kämpfte er mit verblüffender Wildheit weiter.
»Hältst du das für klug? Jeden Moment könnte jemand vorbeikommen, und Scathach wäre sicher nicht begeistert über Fragen.«
»Niemand wird vorbeikommen, Douglas. Und es wird nicht genug von dir übrig bleiben, um Fragen aufzuwerfen.«
»Wieso wusste ich, dass du das sagen würdest?« Brendan parierte einen Messerstich mit einem Fausthieb gegen das Kinn des Mannes, der ihn hätte k.o. schlagen müssen, ihn jedoch nur noch mehr in Rage zu bringen schien – sofern das überhaupt noch möglich war.
Mit blitzartiger Geschwindigkeit holte der Amhas-draoi aus und traf Brendan mit seinem Messer an der Brust. Es war nur ein oberflächlicher Schnitt; sein Brennen reichte jedoch aus, um Brendans Konzentration zu stören. Sofort durchflutete ihn eine lähmende Kälte, als sein Gegner die Gelegenheit nutzte, um Brendan in einem Netz von Magie zu verstricken. Schon erstarrten seine Muskeln, und seine Glieder begannen, ihm den Gehorsam zu verweigern. Nicht mehr lange, und
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