Verlockendes Dunkel
und schlingerte, als der Himmel sich zu einem falschen Mitternachtsschwarz verdunkelte und ein Sturm aufkam, der die Blätter an den Bäumen peitschte, abgebrochene Zweige und Äste herunterregnen ließ und Brendan mit einem grobkörnigen, die Kehle aufscheuernden Staub blendete und fast erstickte.
Er bedeckte den Kopf mit den Händen, suchte Schutz neben einem umgestürzten Baum und öffnete die Augen in einer Welt, die plötzlich völlig still geworden war.
Wo vorher die mächtige Grabplatte gelehnt hatte, befand sich jetzt ein Eingang. Ein silbriges Licht fiel aus der freigelegten Kammer, und das hohe, helle Klingeln von Feenglöckchen schwebte in der ansonsten stillen Luft.
Máelodor senkte langsam den Sh’vad Tual, den er noch immer in den Händen hielt, und gab seinem Diener mit dem Kopf ein Zeichen, einzutreten.
Oss trat vor. Selbst seine ausdruckslosen Züge wiesen einen Hauch von Furcht auf, als er gebückt in das Grab ging und für einen Moment darin verschwand, bevor er mit einem eigenartigen Kopfschütteln wiederkam und die Hände spreizte.
»Was?« Máelodors Frage zerriss die Stille wie ein Peitschenschlag, als er auf Brendan zeigte. »Bring ihn her zu mir!«
Oss’ Blick fiel auf Brendan wie die erste Schaufel Erde auf ein Grab.
Der Albino zerrte ihn zu Máelodor.
»Was für ein Schabernack ist das schon wieder, Douglas?«
Brendans Lippen kräuselten sich verächtlich. »Da wirst du dich schon etwas präziser ausdrücken müssen. Schabernack ist mein zweiter Vorname.«
»Das Grab ist leer. Du hattest den Stein. Was hast du mit den Gebeinen des Hochkönigs gemacht?«, fauchte Máelodor. Aus seinen Mundwinkeln rann Speichel, und in seinen Augen funkelte der blanke Wahn. »Entweder antwortest du, oder Oss wird dir einen Finger nach dem anderen abschneiden.«
Der Diener zog ein Messer aus dem Gürtel und packte Brendan am Handgelenk. Wegen des Giftes in seinem Blutkreislauf verspürte Brendan keinen Schmerz, eigentlich merkte er sogar fast gar nichts, als er über diese neue, wilde Hoffnung nachdachte.
Das Grab war leer. Keine Gebeine, kein Artus. Damit war Máelodor gescheitert.
»Artus ist nicht tot«, flüsterte Brendan. Sein Verstand begann, sich zu vernebeln, und seine Glieder wurden immer träger, als sich das Schlangengift weiter in ihm ausbreitete.
»Was?«
Oss’ Messer schnitt in die Haut an Brendans kleinem Finger.
Mit kühler Teilnahmslosigkeit beobachtete er, wie das Blut zu seinem Handgelenk hinunterlief. »Artus lebt. Du suchst kein Grab, sondern eine Pforte. Die zu Ynys Avalenn .«
Wieso er das wusste, konnte er nicht sagen, nur dass er sicher war, dass es die Wahrheit war, sowie er die Worte ausgesprochen hatte.
Blut rann über seinen Handrücken, als die Klinge zurückgezogen wurde, und Brendan drückte die andere Hand darauf, um die Blutung zu stillen.
»Eine Pforte. Ein Weg zwischen Welten.« Der Magier rieb sich interessiert das Kinn.
»Es ist vorbei, Máelodor. Ohne Artus, um sie anzuspornen, werden die Anderen sich niemals hinter dich und deine Sache stellen.«
»Bist du sicher?« Máelodors Verwandlung schien direkt vor Brendans Augen voranzuschreiten. Neue Schuppen überzogen den Kopf des Mannes; lange weiße Fänge wuchsen zu beiden Seiten seiner hin und her schnellenden Zunge. »Dann werde ich also nicht unseren letzten großen König haben, um uns in die Schlacht zu führen, aber eine Abrechnung wird es trotzdem geben. Die Duinedon werden fallen. Und ob mit Artus’ Gebeinen oder ohne, diese Pforte ist der Schlüssel.«
Es klang wie ein Donnerschlag, als er in die Hände klatschte, bevor er den Gesang anstimmte, der nicht den Übergang zu Ynys Avalenn , sondern zu dem Abgrund der Unsichtbaren öffnen würde.
Sein Blick heftete sich auf Brendan. »Und du, Kilronans Sohn, wirst mir dabei behilflich sein.«
Der Energiestoß dämonischer Magie versengte Brendan fast das Hirn und brannte wie Säure in seinen Muskeln, als würden Glassplitter durch schmale Adern wandern. Und da war noch etwas anderes, noch viel Beängstigenderes: ein Abschälen seiner Seele. Ein unerträglicher Schmerz, als würde sein Innerstes in unzählige Stücke gerissen. Er schrie seine Qual zu den aufgewühlten Sturmwolken hinauf, als Máelodor ihm langsam und unaufhaltsam seine Kräfte und sein Leben nahm.
Am Ende war es lachhaft einfach gewesen, den Weg zu Brendan zu finden. Oder wäre es gewesen, wenn Elisabeth zum Lachen zumute gewesen wäre. Schließlich erforderte es kaum
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