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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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magischen Spürsinn oder eine hündische Spürnase, wenn man das Grollen des Bodens unter seinen Füßen spüren konnte. Der Himmel verdunkelte sich zu einem unheimlichen Orange-Grün, bevor er von sich auftürmenden Sturmwolken verdeckt wurde, und der Wind brachte den Gestank verbrannten Fleischs und verfaulender Körper mit.
    In einem Anfall von panischer Angst und Übelkeit kauerte Elisabeth am Rand des Wäldchens. Die Luft war verseucht von Magie, von einem schwefelhaltigen, fettigen Gestank, und eine schwarze Spirale aus Hass und Wahnsinn durchdrang ihren Geist mit einer abgründigen, düsteren Verzweiflung. All das ging von der monströsen Kreatur aus, die in der Mitte der Lichtung stand. Máelodor war ungewöhnlich groß und dünn geworden, seine verkrümmten Glieder schlaksig, sein Kopf dreieckig und beschuppt wie der eines Reptils. Den Augen fehlten die Lider, und sie waren rot vor Wut. Sein mit langen Fängen versehener Mund war blutig. Dennoch hatte er noch genügend Menschliches an sich, um seine monströse Erscheinung noch grotesker erscheinen zu lassen.
    Elisabeth sträubten sich die Haare. Jeder ihrer Instinkte schrie ihr zu davonzulaufen. Vor diesem Ort rücksichtsloser, fürchterlicher Macht zu fliehen. Und um ein schnelles Ende zu beten.
    Killer packte sie so hart, dass sie einen Aufschrei unterdrücken musste, doch es genügte, um sie aus ihrer Panik herauszureißen.
    Brendan lag auf dem Boden, die Finger einer Hand tief in der weichen Erde vergraben, die andere Hand an seiner Brust. Sein Gesicht war kalkweiß, und sein Körper schien vor ihren Augen immer schmaler und blasser zu werden.
    Sein Blick begegnete ihrem, und das flackernde Gold seiner Augen verdunkelte sich zu einem unheimlichen Schwarz.
    Ein Gedanke rührte an ihren Geist und bezwang für den Bruchteil einer Sekunde den trommelnden Rhythmus dämonischen Blutes. Und plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte. Sie hob die Pistole, zielte und zog den Hahn zurück. »Warte!«, schrie Killer, als sie abdrückte.
    Unter aufbrüllendem Feuer und Rauch schoss sie Máelodor in die Brust.
    Dann hörte sie das Knacken eines Zweiges und spürte die Kühle eines Schattens über ihrer Schulter.
    Irgendetwas explodierte hinter ihren Augen …
    Und dann merkte sie gar nichts mehr.
    Máelodors Tod wäre wohl zu viel des Guten gewesen. So geübt in der Magie der Unsichtbaren , wie er es war, würde es mehr als einen Pistolenschuss erfordern, den Meistermagier aus der Welt zu schaffen. Aber der Schuss hatte ausgereicht, um seine Konzentration zu unterbrechen und die Verbindung zu durchtrennen, über die er Brendan seine Seele nahm.
    Brendan wusste, dass er hier sterben würde. Aus irgendeinem Grund entsetzte ihn die Vorstellung nicht, wie er erwartet hatte, sondern erfüllte ihn stattdessen mit einer beruhigenden Zielstrebigkeit. Falls dies sein unentrinnbares Schicksal war, brauchte er den Kampf mit seiner eigenen geschwärzten Seele nicht zu fürchten. Die dunklen Zauberkräfte, die er entfesselt hatte, würden ihrem Herrn ein letztes Mal dienen. Und mit ihm sterben.
    Die Unsichtbaren schwebten in ihrem Gefängnis zwischen den Welten. Heulend, mit rasiermesserscharfen Krallen, klappernden Fängen und Kiefern, verbrannten sie ihm mit ihrem fettigen, widerlichen Verwesungsgestank die Nase und die Kehle. Noch nicht durch Bande des Fleisches in dieser Welt verankert, aber auch nicht mehr in dem Abgrund eingeschlossen, schwebten sie an einem purpurroten, verqualmten Himmel.
    Blitze und ohrenbetäubender Donner zerrissen die schwefelhaltige Luft. Das Gewitter brach direkt über Brendan los, und Regentropfen, scharf wie Messerklingen, hielten ihn an dem glitschigen, verschlammten Boden fest. Er zwang seinen Körper zu reagieren und zog sich auf die Knie und dann auch auf die Beine. Sein Gehirn zerfiel schon, während ihn Máelodors Gift in Stücke riss, doch er wusste, was er zu tun hatte.
    Der Zauber bildete sich ungebeten in seinem Kopf, bevor er sich wie Säure auf seine Zunge legte. »Una math esh gousk …«
    Ein Tritt in die Rippen unterbrach den Fluss der Worte und warf Brendan wieder auf die Knie.
    Als Oss zurücktrat, um zu einem weiteren Tritt auszuholen, rollte Brendan sich weg, aber selbst diese kleine Bewegung ließ ihm schon beinahe die Sinne schwinden. Irgendetwas war auf jeden Fall gebrochen. Wahrscheinlich sogar einiges.
    Brendan blickte ruhig in Oss’ ausdruckslose, kalte Augen, doch als der letzte, endgültige Schlag hätte kommen

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