Verlockendes Dunkel
glänzenden Eichenholzböden fiel in jenen langen Tagen, die er dem Entschlüsseln der Geheimnisse dieses Buches gewidmet hatte.
Das musste es sein, was gemeint war, wenn es hieß, das Leben blitzte vor den Augen auf.
Er erweiterte sein Bewusstsein, konzentrierte all seine Sinne auf seine Magie und murmelte die Worte des Zaubers: »Esemynest agesh kavesha. Hweth d’esk mest.«
Sofort stieg die Magie in ihm auf wie eine Springflut, linderte den Schmerz seiner Verletzungen und heilte die zahlreichen Wunden, die ihm vergangene Nacht unter Máelodors irrem Blick zugefügt worden waren.
Brendan schloss die Augen, als sein Körper sich erneuerte, der aufkommende Druck sich ausweitete und seine Augen blendete, mit einer elektrisierenden Empfindung durch seine Adern kribbelte und neue und ungebändigte Bahnen in seinem Gehirn eröffnete.
Als er spürte, dass die Macht ihr Höchstmaß erreicht hatte, setzte er sie mit einem Fingerschnippen frei. Wie ein zu stählernem Glanz geschärftes Schwert durchschnitt der Zauber zischend die Luft und bohrte sich in Máelodor wie ein Dolch in jemandes Rücken.
Der Magier kreischte wie ein Irrer auf, mit hoher, dünner Stimme und offen stehendem schwarzem Mund, und sein Gesicht erblasste zu einem kränklichen Fahlgrau. Er wirbelte herum, verlor jedoch die Balance, als er mit seiner Krücke, der Beinprothese und dem unebenen Boden kämpfte. Der Sh’vad Tual fiel ihm aus der Hand, rollte über den Boden, und das Feuer des Steins erlosch.
Brendans Wächter griff nach seiner Pistole, aber Brendan war schneller. Er riss dem Mann die Waffe aus der Hand, zog ihn näher und schoss auf ihn. Der Mann fuhr zusammen und landete dann grunzend und mit einem dumpfen Aufprall auf dem nassen Boden.
Die Antwort des Magiers kam schnell und sicher, in einer schonungslosen Explosion zerstörerischer Macht, die Adern durchtrennte und Knochen zermalmte, weil die mit Máelodors hoher Fistelstimme gezischten Worte eine Kombination aus der kraftvollen Magie der Anderen und der bestialischen der Unsichtbaren waren.
Brendan keuchte unter dem von der schwarzen Magie herbeigeführten Schmerz und zwang seinen Geist, sich auf die Brachlandlinien und die heilende Energie des Königsgrabes zu konzentrieren. Doch egal, wie sehr er sich bemühte, an der Magiermacht festzuhalten, sie rann ihm zwischen den Fingern hindurch wie Wasser, und sein Zauber zerstreute sich unter dem schwärzeren, stärkeren und brutaleren Dämonenzauber.
Während er sich gegen das Schlimmste des Fluchs abschirmte, tastete er sich zu dem Sh’vad Tual vor. Als er danach griff, konnte er gerade noch Máelodors giftigem Biss ausweichen – und sah die tödliche, bullenartige Faust von Oss nicht kommen, bis sie ihn am Kopf traf. So heftig, dass seine Zähne klapperten, er die Konzentration verlor und seine eigene magische Energie wie von einem jähen Strudel schlagartig aus ihm herausgerissen wurde.
Er lag im Gras und starrte zu einem von Wolken, Feuer und einem Schwarm kreisender Vögel zerklüfteten Himmel auf. Für den Bruchteil einer Sekunde nahm er noch die boshaften, reptilartigen Augen Máelodors und den auf ihn niedersausenden Gehstock wahr.
Brendan rollte sich zur Seite, aber erst, nachdem der Stock ihm am Oberarm schon einen blutigen Kratzer beigebracht hatte. Sofort wurden seine Finger taub, und auch in seinem Arm verlor er jegliches Gefühl, als das Gift in seinen Blutkreislauf gelang. Und die Zeit und Chancen wurden immer knapper.
Kapitel Sechsundzwanzig
M áelodor hob den Sh’vad Tual mit beiden Händen hoch über den Kopf. »Mebyoa Uther hath Ygraine. Studhyesk esh Merlinus. Flogsk esh na est Erelth. Pila-vyghterneask.«
Der Stein wurde von einer Welle von Farben überspült. Die Worte des dunklen Zaubers schlugen gegen Brendans Hirn. Jede Silbe hämmerte in seiner Brust wie das Läuten einer enormen Glocke.
Feuer und Licht ergossen sich über Máelodors Hände und Körper und glitten funkelnd über seine Haut und Kleider, bevor sie sich in der Erde zu seinen Füßen versenkten.
Brendan schrie auf, als die Visionen sein Bewusstsein überschwemmten. Artus, dessen Gesicht schwarz war von Blut, Schweiß und Schmutz, und sein zerbrochenes Schwert, als er fiel. Aidans lebloser Körper, der nur einer von Tausenden unter einem von Krähen nur so wimmelnden, roten Himmel war.
»Klywea mest hath igosk agesha daresha!«
Magische Kräfte flammten in einem Turm blauweißen Feuers zwischen den hohen Bäumen auf. Der Boden grollte
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