Verlockendes Dunkel
mit Killer teilte.
Der kleine Hund kam und ging, manchmal verschwand er für eine so lange Zeit, dass Elisabeth zu der Überzeugung kam, er sei für immer weg. Dann, wenn sie die Hoffnung schon aufgegeben hatte, kam er plötzlich angetrabt, als wäre er nie fort gewesen. Helena verabscheute ihn, Rogan duldete ihn, und Brendan ignorierte ihn, doch Elisabeth empfand Killers Gesellschaft als seltsam beruhigend und ließ kein böses Wort über ihn zu. Manchmal hatte sie fast den Eindruck, als wüsste er, was sie dachte, und würde jeden Moment den Mund aufmachen, um ihr zu sagen, es würde alles gut.
»Ah, Miss Fitzgerald! Zwanzig Punkte mehr für mich. Sehen Sie! Eine Herde Schafe.« Rogans Stimme riss sie aus ihren Gedanken, als er auf eine Weide vor ihnen zeigte.
»Sie gewinnen.« Elisabeth lachte. »Ich werde Sie nie übertreffen, es sei denn, mir würden eine ganze Parade von Postkutschen und ein, zwei alte Frauen vorgeführt.«
»Das ist nicht Ihre Schuld. Ich habe mehr Übung in diesem Spiel. So oft, wie ich auf der Straße unterwegs bin, entgeht mir nichts. Außerdem«, fügte er mit einem Seitenblick auf sie hinzu, »sind Sie den ganzen Tag mit ihren Gedanken kilometerweit entfernt gewesen. Wir hätten an Herden tanzender rosa Schafe vorbeikommen können, und Sie hätten nicht ein einziges bemerkt.«
Elisabeth strich mit dem Finger über das knotige Holz des Bocks. »Ich habe nachgedacht.«
»Eine gefährliche Beschäftigung für eine junge Dame«, scherzte er und lachte.
»Meine Familie und Freunde müssen schon ganz krank vor Sorge sein. Meine Tanten sind bestimmt schon völlig außer sich, weil sie nicht wissen, was mir zugestoßen sein könnte. Ich dürfte gar nicht hier sein.«
»Nein?« Wieder kräuselte ein Lächeln die Haut um seine Augen. »Ich glaube an das Schicksal, Miss Fitzgerald. Vielleicht sind Sie ja genau dort, wo Sie sein müssen.«
»Ach ja? Kompromittiert und ruiniert, auf der Flucht vor Mördern und unterwegs nach Gott weiß wohin oder warum?«
»Das fasst es so ungefähr zusammen. Betrachten Sie es als ein Abenteuer!«
Elisabeth ließ den Blick über eine üppige grüne Wiese gleiten, die so schön war, dass ihr ganz weh ums Herz wurde. »Wohl eher als Katastrophe.«
Rogan stieß sie spielerisch in die Rippen. »Es ist das, was Sie daraus machen. Sie können sich davon deprimieren lassen oder es in etwas Besseres verwandeln.«
»Wie aus sauren Zitronen süße Limonade herzustellen?«
»Ich persönlich würde lieber Gerste zu Whiskey machen«, entgegnete er grinsend. »Wir werden beide trinken, was wir wollen.«
Seine Scherze hatten sie aus ihrer Melancholie gerissen; so begann sie wieder, die Straße vor ihnen zu beobachten, und genoss die warme Sonne auf ihrem Rücken. Bauernkaten säumten jetzt die Straße, und hier und da sah sie sogar Geschäfte. Auch der Verkehr nahm zu, sodass Rogan gezwungen war, die Pferde zu zügeln, die den Kopf zurückwarfen und wiehernd andere Rösser auf der Straße grüßten. Zwei Hunde kamen aus einem Hof und rannten ihnen bellend nach. Der kleine Killer antwortete mit einem schrillen Kläffen, und seine Nackenhaare sträubten sich.
Elisabeth hielt ihn zurück. »Denk nicht mal daran! Sie würden dich auffressen.«
Der Terrier beherzigte ihre Warnung jedoch nicht und fuhr fort, die Dorfhunde anzuknurren und anzukläffen, als wollte er sagen: Haut ab! Das sind meine Leute.
Rogan lachte. »Wenn Helena diesen Hund hier oben auf dem Wagen sieht, wird sie mir den Kopf abreißen.«
»Miss Roseingrave ist aber nicht hier, und Sie werden ihr nichts erzählen, oder?« Elisabeth schenkte ihm ihr charmantestes Lächeln.
»Ach Gott, Miss Fitzgerald! Glauben Sie, ich würde den kleinen Kerl verpetzen? Ganz sicher nicht.« Er kraulte Killer hinter einem Ohr, und der Terrier lehnte sich vertrauensvoll mit halb geschlossenen Augen an den Harfenisten. »Er ist ein guter Gesellschafter, wenn er nicht gerade den Käse von meinen Broten stiehlt.«
Rogan hielt vor einer Schmiede, aus der ein Hämmern ertönte, das es fast mit dem in Elisabeths Kopf aufnehmen konnte. Rogan sprang vom Bock, um die Pferde anzubinden und jedem einen liebevollen Klaps auf den Hals zu geben. »Sie bleiben bei Douglas, während ich Vorräte einkaufe.«
Sowie er gegangen war, zog Elisabeth den Vorhang beiseite, um nach Brendan zu sehen.
Er schlief noch immer. Bis auf zwei rote Flecken an den Wangenknochen war sein Gesicht kalkweiß, sein Haar verschwitzt und seine sonst so
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