Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Bourne stieß einen leisen Fluch aus, aber dann brachte er eine höfliche Verbeugung in Cecilys Richtung zustande. Er nickte Jonathan ein letztes Mal zu und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Statt sie, wie sie erwartet hatte, Richtung Terrasse zu führen, erklärte Jonathan ihr leise: »Ich werde jetzt nach unten in das Foyer gehen. Es ist noch früh, weshalb es leicht sein sollte, eine Kutsche zu bekommen. Ich werde nicht das Gefährt mit dem Wappen der Familie Augustine benutzen, sondern warte in James’ kleinerer Kutsche auf Euch. Die ist unauffälliger, und wir können bestimmt in aller Ruhe miteinander reden, während wir eine kleine Ausfahrt machen. Wenn wir für dieses Gespräch allein sein müssen, fürchte ich, das ist der beste Plan, den ich mir in so kurzer Zeit ausdenken kann.«
Der Vorschlag war mehr als nur ein bisschen gewagt, aber welchen Unterschied machte es jetzt noch, ob sie mit dem Earl in einer ruhigen Ecke des Anwesens gesehen wurde oder ob man sie dabei beobachtete, wie sie mit ihm in eine Kutsche stieg?
Keinen besonders großen, wenn man von dem Verlust ihres guten Rufs absah. Aber sobald sie wieder an Elle dachte …
Ein drohender Skandal war im Moment das Letzte, worum sie sich sorgte, obwohl sie ihrem Bruder versichert hatte, es gebe keinen. Der Kummer, der ihrer Schwester ins Gesicht geschrieben stand, genügte, um ihr Handeln anzutreiben. Egal, wie schamlos ihr Vorgehen war, musste sie es doch wagen. Denn wenn sie ehrlich war, stand nicht nur ihre eigene Zukunft, sondern auch die ihrer Schwester auf dem Spiel.
War es falsch, wenn sie gegen das ankämpfte, was das Schicksal anscheinend für sie ausersehen hatte?
Nein. Falsch wäre es, wenn sie den Mann heiratete, den ihre Schwester so verzweifelt liebte, wohingegen Cecily nicht das geringste Interesse an ihm hatte.
Es war allerdings gewagt, mit dem berüchtigten Earl heimlich davonzuschleichen … Zumal es ihr Vorschlag war. Wenn sie ehrlich war, überraschte sie ein wenig, wie schnell er sich einverstanden erklärt hatte. Aber sie war froh, dass er es getan hatte. Mit ein bisschen Glück stünde er ihrem Vorschlag wohlwollend gegenüber.
Es war ein Spiel. Sie wusste nicht, ob sie gerade das Richtige tat, aber wenigstens unternahm sie irgendetwas . Wenn sie nichts unternahm, würde man sie zwingen, sich in ein schreckliches Arrangement zu fügen.
Wenige Minuten später, als sie sich nervös durch die Türen des Anwesens drückte, sah sie schon die Kutsche mit dem vertrauten Augustinewappen um die Ecke verschwinden, als sitze Jonathan darin. Eine andere, kleinere Kutsche stand in der Einfahrt, und als er sie sah, öffnete ein livrierter Diener ihr den Schlag.
Cecily eilte auf die Kutsche zu. Sie sah eine dunkle Gestalt, die entspannt auf einer der Bänke saß, und sie kletterte so hastig ins Innere der Kutsche, dass es vermutlich ziemlich undamenhaft aussah. Zu ihrer Erleichterung schien auch Jonathan es ziemlich eilig zu haben, denn er klopfte sofort an die Decke der Kutsche, und das Gefährt setzte sich in Bewegung, kaum dass die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte.
Jetzt waren sie miteinander allein und blickten sich an.
Dies war eigentlich der Punkt, an dem sie erklären sollte, warum sie ihn so dringend sehen wollte.
Das war eine peinliche Situation. Da sie das Gefühl hatte, nicht Eleanor als Grund für ihren Vorschlag anführen zu dürfen, musste sie sich einen vernünftigen Grund für ihr ziemlich unvernünftiges Verhalten ausdenken.
»Der Lakai wird niemandem etwas sagen … zumindest sollte er das nicht«, sagte Jonathan. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich habe ihm einen kleinen Anreiz gegeben, keine junge, goldhaarige Lady zu erwähnen, die sich zu mir gesellt hat. Also erzählt, liebe Cecily. Womit verdiene ich diese Ehre?«
Er saß entspannt ihr gegenüber auf der anderen Bank und war sehr groß und ein bisschen respekteinflößend mit seinem rabenschwarzen Haar, das bis an seine Schultern reichte, die langen Beine hatte er entspannt ausgestreckt. Allein seine Gegenwart ließ sie jetzt im Moment der Wahrheit verstummen. Worum sie ihn bitten wollte, war viel verlangt. Sogar sehr viel verlangt, besonders angesichts der Tatsache, dass sie ihn kaum kannte. Bisher war das Einzige, was sie mit ihm verband, seine beiden anrüchigen Kommentare.
Vielleicht konnte sie sich den Umstand, dass er sie kompromittiert hatte, jetzt zunutze machen. Doch wo sollte sie anfangen?
War sie wirklich gerade
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