Verlockung der Nacht
hinzuzufügen.
27
Eine dichte Rauchwolke hing in der Luft und brannte mir in den Augen. Der Keller hatte keine Fenster, und die einzige Tür, die in die Speisekammer des Farmhauses führte, war stets geschlossen, wenn Bones und ich unten waren. Wäre ich ein Mensch gewesen, wäre ich binnen einer Stunde ohnmächtig geworden, aber der Sauerstoffmangel war für mich natürlich kein Problem. Ebenso wenig die Dunkelheit. Das einzige Licht kam von dem brennenden Salbei, doch Bones und ich konnten gut sehen, während wir die Kalkstein-, Quarz- und Moissanitbrocken zu einer zweiten Falle zusammensetzten. Fast ganze fünf Tage hatten wir hier unten verbracht und nur auf das eine Ziel hingearbeitet. Gut, dass wir Chris und seinem Team letztes Mal beim Bau der Falle zur Hand gegangen waren und wussten, was zu tun war. Und wenn wir die nächste Woche auch noch hier zubrachten, würde alles rechtzeitig fertig sein.
Dann mussten wir uns Gedanken machen, wie wir Kramer dazu bringen konnten, in die Falle zu gehen. Wie ich es auch drehte und wendete, es schien mir das Beste zu sein, ihn anzugehen, wenn er feste Gestalt angenommen hatte. Dunst konnte ich nicht einsperren. Und Bones auch nicht, selbst wenn er an der Verfeinerung seiner telekinetischen Kräfte fast ebenso emsig arbeitete wie an der Falle, aber auch damit hatte er keine Chance gegen ein Phantom. Zu warten, bis Kramer feste Gestalt annahm, hieß allerdings, bis Halloween zu warten, und wir hatten die dritte Frau noch nicht gefunden, also stand ihr Leben auf dem Spiel. Darüber hinaus würde der Inquisitor sich womöglich nur zeigen, wenn wir Francine und Lisa als Lockmittel benutzten. Wenn ich nur daran dachte, spukte mir schon im Kopf herum, was alles schiefgehen konnte.
Es klopfte an der Kellertür. »Er ist wieder da«, rief Tyler.
Bones erhob sich, aber ich winkte ihn zurück.
»Die letzten beiden Male bist du gegangen. Ich bin dran.«
Er presste die Lippen zusammen, sagte aber nichts, weil er wusste, dass das zu einem Streit führen würde, den er nicht gewinnen konnte. Ich würde nicht zulassen, dass er als Einziger Kramers miese Laune abbekam, und der Geist wurde noch wütender, wenn man ihn ignorierte. Bei all dem Schaden, den das Haus durch ihn genommen hatte, würden wir es kaufen müssen, wenn alles vorbei war.
Als ich die Treppe hinaufging, merkte ich, dass das durchs ganze Haus dröhnende Gepolter die hölzernen Stufen vibrieren ließ. Was benutzt er diesmal?, fragte ich mich. Wegen des vielen Salbeis, den wir in jedem Zimmer abfackelten, konnte Kramer nicht ins Haus, machte aber regen Gebrauch von allem, was er in der Nähe fand. Das Auto, mit dem wir gekommen waren, war ein Totalschaden, die Fenster und Reifen hatten bereits die erste Nacht nicht überstanden, der Rest war in den folgenden Tagen zerlegt worden. Auch das alte Farmhaus hatte seine Fenster in jener ersten Nacht eingebüßt, und einen Teil der Veranda ebenfalls. Wir hatten alles mit Brettern vernagelt, die weitaus haltbarer als das Glas waren, und ein paar Stunden ferngesehen, bis Kramer die Satellitenschüssel abgerissen und durch die Windschutzscheibe des Wagens geschleudert hatte.
Gott sei Dank gab es keine Nachbarn, die den gewaltigen Radau hätten hören können, aber aus dem Grund hatten wir das Anwesen schließlich gewählt. Auf dem Land ringsum waren einst Sojabohnen angebaut worden, doch offensichtlich war es lange nicht bestellt worden. Ich wusste nicht, was die früheren Besitzer bewogen hatte, auszuziehen und es zu vermieten, als sich kein Käufer finden wollte, aber es war der perfekte Ort für die Falle, die Bones und ich bauen wollten, weil der neugierige Kramer uns hier nicht beobachten konnte. Sämtliche Materialien waren vor meiner Ankunft geliefert und in den Keller gebracht worden, und so hatte Kramer uns erst hierher folgen können, als alles außer Sichtweite war. Sicher wusste der Geist, dass wir etwas im Schilde führten, konnte aber nur Vermutungen anstellen.
Tyler saß in der Speisekammer, mein iPad neben sich, rechts davon eine geöffnete Dose Spaghetti. Wir hatten den Kühlschrank aufgefüllt, als wir angekommen waren, aber dann hatte Kramer die Stromleitungen zum Haus gekappt, und so konnten wir nichts mehr frisch halten. Er hatte einen Schlag bekommen und aufgrund der Elektrizität für ungefähr zehn Minuten feste Form angenommen, aber hätten Bones und ich ihn da verdroschen, wären wir nur auch gegrillt worden. Zu schade, dass die Falle noch nicht
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