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Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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fertig war. Um Kramer einzusperren, hätte ich mich gern rösten lassen.
    Tyler aß Dosenfutter, seit das andere Essen verdorben war, und seine Leidensmiene verriet deutlich, dass er in der Zwischenzeit nicht auf den Geschmack gekommen war. Ich erinnerte ihn nicht daran, dass Bones ihn zu Spade fliegen konnte, wo es ausreichend besseres Essen gab. Tyler war entschlossen, uns bei der Gefangennahme des Geistes zu helfen, und weigerte sich strikt, uns zu allein zu lassen.
    »Willst du mal?«, fragte er und hielt eine Gabel voller Nudel-Fleisch-Pampe hoch.
    Mit schierer Willenskraft gelang es mir, nicht das Gesicht zu verziehen. »Äh, nee danke.«
    »Geht mir genauso«, antwortete er und hustete ein wenig, bevor er fortfuhr. »Habe ich euch eigentlich schon erzählt, wie viele Steaks ihr mir schuldet, wenn das hier vorbei ist?«
    »Kobe, Filets, Prime-Ribs, was du willst«, versprach ich ihm. »Glück gehabt bei deiner Recherche?«
    Während Bones und ich im Keller Steine für die Falle zurechtgeschnitten hatten, war Tyler damit beschäftigt gewesen, im Internet nach authentisch klingenden Informationen über Geister bezwingende Waffen zu suchen. Dank des Stromausfalls verbrauchte er dabei eine Akkuladung pro Tag, aber je knapper die Zeit wurde, desto verzweifelter wollte ich ein Mittel finden, mit dem man Kramer in die Falle locken konnte. Ja, wir hatten brennenden Salbei, aber damit vertrieben wir ihn nur – hilfreich, wenn wir ihn los sein wollten, aber weniger hilfreich, wenn es darum ging, ihn in den Geisterknast zu verfrachten. Noch hatte Tyler zwar nichts aufgetan, was wir an Fabian oder Elisabeth ausprobieren konnten, aber er war sich sicher, dass die Informationen existierten und nur gefunden werden mussten.
    »Was hältst du davon?«, erkundigte sich Tyler und drehte das iPad so, dass ich den Bildschirm sehen konnte.
    Ich starrte die angezeigte Seite an und fragte mich, warum Tyler wollte, dass ich sie mir ansah. Offenbar stellte er seine Weihnachtswunschliste ziemlich früh zusammen, denn das abgebildete Produkt hatte nichts Übersinnliches an sich. Dann sah ich es mir genauer an … und begann zu lächeln.
    »Ich liebe es«, sagte ich, meine Antwort absichtlich vorsichtig formulierend, weil ich wusste, dass Kramer zuhörte. »Ich nehme zehn davon. Ach was, besser gleich zwanzig. Bones hat seine Kreditkartennummer im Kopf, er kann sie dir nachher sagen. Wir lassen alles an Spade liefern.«
    Tyler grinste. »Klaro. Grüße den guten Michael Myers von mir.«
    »Häh? Ach, weil Kramer auch ein Halloween-Serienkiller ist. Hab’s kapiert. Okay, aber komm du auch wirklich nicht raus.«
    Er verdrehte die Augen. »Freundin, du bist vielleicht schon tot, aber ich will noch nicht draufgehen. Kannst deinen Arsch drauf verwetten, dass ich hierbleibe.«
    Wieder hörte man es vor dem Haus laut krachen, lauter als zuvor sogar. Kramer wurde ungeduldig. Liebend gern hätte ich ihn dort draußen in seinem eigenen Ektoplasma schmoren lassen, aber wir brauchten das Haus noch für eine Woche, damit wir die Falle fertigstellen konnten. Sie herauszuschaffen, ohne dass es der Geist mitbekam, würde schwierig genug werden. Da brauchten wir uns nicht noch den Ärger einhandeln, die Falle woanders hinschaffen zu müssen, nur um sie zu Ende zu bauen.
    Ich verließ die Vorratskammer, ging durch die Küche mit ihren leeren, offenen Schränken – die Türen hatten großartige Fensterabdeckungen abgegeben – und das Wohnzimmer, in dem Matratzen die einzigen Möbel darstellten. Als ich die Haustür erreicht hatte, nahm ich einen der Glasbehälter mit brennendem Salbei und duckte mich aus Gewohnheit, als ich die Tür öffnete.
    Wie erwartet zischte gleich ein Aststück über mich hinweg, gefolgt von den beiden Außenspiegeln des Wagens. Alles landete scheppernd im Wohnzimmer, Ersteres kam auf den Matratzen zu liegen, Letzteres fand seinen Platz bei den Gegenständen, mit denen Kramer bereits Bones beworfen hatte. Ich nahm mir vor, sie später hinauszubringen und zeigte mich wieder in der Tür.
    »Guten Tag« , sagte ich auf Deutsch und hob mein Räuchergefäß zum Gruß. »Bleib, wo ich dich sehen kann, sonst gehe ich wieder rein.«
    Ich wusste, dass Kramer sich fügen würde, weil er uns aus irgendeinem seltsamen Grund gern persönlich beschimpfte und bedrohte. Gemurre ertönte von der am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Verandaseite aus. Wenn Kramer noch mehr Bretter herausriss und damit das Haus bewarf, würden in ein paar Tagen

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