Verloren: House of Night 10 (German Edition)
Steinbänke neben dem Haupteingang. An normalen Schultagen saßen und standen hier ständig Schüler herum, machten ihre Hausaufgaben, unterhielten sich oder flirteten. Heute Nacht waren die Bänke gähnend leer.
»Perfekt«, sagte Adam.
Während er und der Kameramann ihre Ausrüstung aufstellten, nahm Thanatos in der Mitte der Bank Platz. Leise sagte sie: »Zoey, Stark, hier neben mich« und zeigte nach rechts. »Aphrodite, Stevie Rae, Damien, hierher.« Die drei setzten sich auf ihre linke Seite.
Als Adam zurückkam und nun offiziell gefilmt wurde, bekam ich doch ein bisschen Herzflattern. Sogar meine alten Schulkameraden von der South Intermediate High School würden das hier sehen!
»Also, Thanatos, ich würde mich freuen, wenn Sie etwas zu der Bemerkung sagen könnten, die Neferet, die ehemalige Hohepriesterin dieses House of Night, gestern Nacht über Sie gemacht hat. Sie sagte, der Tod regiere hier nun als Hohepriesterin.« Adam hielt inne und lächelte. »Sie wirken nicht gerade wie der Tod auf mich.«
»Sind Sie ihm denn schon oft persönlich begegnet?«, fragte Thanatos milde scherzend.
»Ich gebe zu, bisher nicht«, scherzte er zurück.
»Nun, Neferets Bemerkung lässt sich leicht erklären. Ich bin nicht der Tod persönlich. Es ist ganz einfach so, dass mir die Gabe geschenkt wurde, den Toten den Übergang von unserer Welt in die nächste zu erleichtern. Ich bin ebenso wenig der Tod, wie Sie die Menschlichkeit sind. Wir sind beide nur Repräsentanten dieser Begriffe. Vielleicht ist es noch besser verständlich, wenn ich sage, dass man mich als sehr zuverlässiges Medium begreifen könnte.«
»Neferet hat auch von einem neuen Vampyrtypus gesprochen – einer roten Vampyrart – und angedeutet, dass diese gefährlich sein könnte.« Ich sah, wie die Kamera von Stark zu Stevie Rae schwenkte. »Könnten Sie auch das genauer ausführen?«
»Gewiss, aber zuerst möchte ich eines ganz klar sagen: Neferet ist keine Angestellte des House of Night mehr. In unserer Gesellschaft ist eine Hohepriesterin, die ihren Job einmal verloren hat, diesen für das ganze Leben los. Sie wird nie wieder als Hohepriesterin an irgendeinem anderen House of Night arbeiten können. Sie können sich vorstellen, dass das für den gekündigten Angestellten ebenso wie für den jeweiligen Arbeitgeber eine schwierige und oft beschämende Lage sein kann. Nun ist es so, dass wir Vampyre keine Gesetzgebung im menschlichen Sinne kennen. Was Verleumdungen oder Diffamierungen angeht, verlassen wir uns auf Eide und das persönliche Ehrgefühl der Beteiligten. Offensichtlich hat dieses System im vorliegenden Fall versagt.«
»Sie wollen damit sagen, Neferet ist …« Er verstummte und nickte zum Zeichen, dass sie den Satz beenden solle.
»Ja«, sagte Thanatos glatt. »Die traurige Wahrheit ist: Neferet ist unzufrieden mit ihrer Entlassung. Ihre Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage.«
Adam warf einen Blick auf Stark, der neben mir stehen geblieben war. »Ihre ehemalige Mitarbeiterin machte einige beunruhigende Bemerkungen über ein Mitglied des House of Night im Besonderen – James Stark.«
»Das bin ich«, antwortete Stark sofort. Ich merkte, dass er sich unwohl fühlte, aber ich glaube, niemandem sonst – einschließlich der Fernsehzuschauer – wäre etwas aufgefallen außer einem sehr süßen Typen mit einem Tattoo im Gesicht, das aussah wie zwei aufeinanderzeigende Pfeile.
»Okay. Dann also Jim – oder? Darf ich Sie so nennen?«
»Schon, aber es wäre auch okay, wenn Sie mich Stark nennen würden. So nennen mich alle.«
»Gut, Stark. Neferet hat behauptet, Sie hätten Ihren Mentor im House of Night in Chicago getötet, und angedeutet, Sie könnten eine Gefahr für die Bevölkerung von Tulsa darstellen. Würden Sie sich dazu bitte äußern?«
»Das ist totaler Bockmist!«, hörte ich mich sagen.
Stark grinste sein schiefes Bad-Boy-Grinsen, nahm meine Hand und verschränkte die Finger mit mir – vor laufender Kamera. »Z, nicht fluchen. Wir werden gefilmt. Wenn deine Grandma das hört.«
»Sorry«, murmelte ich. »Am besten lasse ich einfach dich reden.«
Starks Grinsen wurde breiter. »Na, das wär aber mal was Neues.«
Ärgerlicherweise fingen all meine Freunde an, zu lachen. Ich runzelte die Stirn. Stark redete schon weiter, während ich mir überlegte, ob ich ihn nicht in der nächsten Nacht mit einem Kissen ersticken sollte.
Zuerst sprach er ein bisschen stockend, aber je länger er redete, desto
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