Verloren: House of Night 10 (German Edition)
dieser hier war, dass wir vorher sehen durften, wie Dragon in die Anderwelt kam, aber es war echt schlimm, wie die Katzen bei ihm da oben lagen.« Sie wischte sich die Augen. Ich konnte nur staunen, wie sie (oder irgendjemand) es schaffte, gleichzeitig zu weinen und hübsch auszusehen. »Ach, das erinnert mich an was.« Sie wandte sich an Erin, die ganz am Rand unserer Gruppe stand und immer wieder Blicke in Richtung Scheiterhaufen warf, als suchte sie unter den Kids, die dort noch herumlungerten, nach jemandem. »Erin, ist es für dich okay, wenn ich Beelzebubs Katzenklo und seine Sachen in mein Zimmer hole? In der letzten Zeit hat er ja doch meistens bei mir geschlafen.«
Erin zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Das Klo stinkt mir sowieso das Zimmer voll.«
Damien runzelte die Stirn. »Erin, Katzen gehen nicht gern auf schmutzige Katzenklos. Die muss man täglich saubermachen.«
Erin gab ein kleines sarkastisches Schnauben von sich. »Muss ich jetzt ja nicht mehr.« Dann sah sie wieder zu den anderen Kids hinüber.
Ich bemerkte, dass sie nicht weinte. Als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass sie während der gesamten Bestattung nicht ein einziges Mal geweint hatte. Zuerst war es mir so vorgekommen, als hätte das Ende der Zwillingsfreundschaft Shaunee stärker aus der Bahn geworfen, aber so langsam merkte ich, dass es Erin war, die nicht mehr sie selbst zu sein schien. Wobei das vermutlich normal war, da ›sie selbst sein‹ bisher bedeutet hatte, genau wie Shaunee zu sein, und die benahm sich seither viel vernünftiger und netter. Ich nahm mir vor, möglichst bald mal mit Erin zu reden, um herauszufinden, wie es ihr ging.
Da trat Stevie Rae neben mich. »Verflixt, ich wollte, Thanatos hätte Rephaim nich gebeten, mit den anderen Kids beim Bus zu warten. Die Bestattung hat ihn total aus der Fassung gebracht. Ich find’s nich gut, dass ich ihn jetzt alleinlassen muss.«
»Er ist doch nicht allein«, sagte ich. »All unsere roten Jungvampyre sind bei ihm. Ich hab gesehen, wie er neben Kramisha zum Bus ging. Sie hat ihm einen Vortrag darüber gehalten, wie man seinen Gefühlen durch Gedichte Ausdruck verleihen kann.«
»Damit wird sie ihn nur noch mehr aus der Fassung bringen«, sagte Aphrodite. »Jambus, Trochäus, ballaballa ramtamtam. Aber selbst du solltest doch kapieren, dass es nicht die beste Idee wäre, der menschlichen Öffentlichkeit auch noch zu offenbaren, was für ’nen gewaltigen Vogel der Junge hat.«
»Hallo zusammen, Entschuldigung, dass ich euch unterbreche, aber ich suche das Foyer der Schule.«
Wie auf Kommando drehten wir uns um und starrten den Menschen an, der vom Parkplatz her auf uns zukam. Ihm folgte ein Typ mit einer Kamera, einer schwarzen Umhängetasche voller Zeug und einem langen, grauen Mikrophongestell, das ihm über dem Kopf baumelte.
Es überraschte mich nicht, dass Damien seine fünf Sinne als Erster wieder zusammen hatte. Ich finde, man müsste ihn echt zur ›Miss Liebenswürdigkeit des House of Night‹ krönen.
»Da sind Sie hier genau richtig. Und Sie haben auch schon genau die Leute gefunden, die Sie suchen.« Er lächelte so herzlich, dass die Anspannung aus der Körperhaltung des Menschen wich. Dann hielt er Damien tatsächlich die Hand hin. »Wunderbar. Ich bin Adam Paluka von Fox News 23. Hier soll heute ein Interview mit eurer Hohepriesterin und, glaube ich, einigen von euch stattfinden.«
Damien nahm seine Hand. »Schön, Sie kennenzulernen, Mr Paluka. Ich bin Damien.« Dann entfuhr ihm ein kleines Kichern. »Ooh, starker Griff!«
Der Reporter grinste. »Die Zufriedenheit meiner Kunden ist mein oberstes Gebot. Aber nennt mich doch Adam. Mr Paluka ist mein Dad.«
Damien kicherte noch einmal. Adam grinste. Ihre Blicke blieben ziemlich lange aneinander haften. Stevie Rae stieß mich mit dem Ellbogen an, und wir wechselten einen bedeutungsvollen Blick. Adam war total süß – vom Typ smarter, metrosexueller Mediennachwuchs. Dunkle Haare, dunkle Augen, schöne Zähne, richtig gute Schuhe und eine Männerhandtasche, die Stevie Rae und ich gleichzeitig entdeckten. Wir wechselten noch einen Blick. Der wär doch was für Damien!
Sie streckte auch die Hand aus. »Hi, Adam. Ich bin Stevie Rae.« Als er sie nahm, fragte sie: »Du hast keine Freundin, oder?«
Sein schönes regelmäßiges Lächeln ließ kurz nach, aber nur kurz. »Nein, hab ich nicht. Äh. Nein. Kein bisschen.« Dann musterte er Stevie Raes rotes Vampyrtattoo. »Du musst eine
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