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Verloren: House of Night 10 (German Edition)

Verloren: House of Night 10 (German Edition)

Titel: Verloren: House of Night 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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doch ihr Lied geriet ins Stocken. Ihre Stimme klang plötzlich alt … schwach … begann, zu zittern …
    »Jetzt, Kinder! Ihr habt mein Blut gekostet, und Sylvia Redbird ist damit benetzt. Fesselt sie – bringt sie zu mir!« Neferets Ton veränderte sich, wurde rhythmischer. Was sie anstimmte, war ein finsteres Gegenstück zu Sylvias erdverbundenem Kriegslied.
    »Vollstreckt noch nicht –
    verleiht meinem Zorn Gestalt.
    Genährt durch mich
    bringt sie in eure Gewalt!
    Alt werde Neu.
    Ihr kostet der Jugend Trank,
    seid ihr mir treu
    und erstickt der Alten Gesang!«
    Die Fühler gehorchten. Immer auf Abstand zu den Türkisen der Alten wickelten sie sich um deren nackte, jeden Schmuckes bare Fußknöchel, was ihrem Tanz ein Ende bereitete. Und von Sylvias Füßen ausgehend breitete sich Finsternis aus wie der Boden einer Gefängniszelle, wuchs als Gitter empor, hoch über ihren Kopf, und endlich, endlich verstummte ihr Lied und verwandelte sich in einen gepeinigten Schrei, als der schreckliche Käfig sich mit seiner Gefangenen von der Veranda hob und im Gefolge seiner Herrin in Schatten und Nebel verschwand.

Aurox
    Er wartete, bis die Sonne hoch am Winterhimmel stand. Erst dann wagte er sich wieder aus der Grube heraus. Der Morgen war grau und verhangen gewesen, doch nach endlosen Stunden war die Sonne durch Nebel und Schatten gedrungen. Zur Mittagszeit, als sie am stärksten brannte, kletterte Aurox an die Oberfläche.
    Er ließ sich von dem drängenden Gefühl, das ihm die Haut kribbeln ließ, nicht zur Unachtsamkeit verleiten. Geschmeidig klammerte er sich mit seinen muskulösen Armen am Wurzelwerk fest und hing dort eine Weile, halb über, halb unter der Erde. Mit all seinen gewöhnlichen und einzigartigen Sinnen suchte er seine Umgebung ab. Ich muss ungesehen entkommen , war sein dringlichster Gedanke.
    Die Schule lag nicht so verlassen da wie am Vortag. Menschliche Arbeiter waren eifrig damit beschäftigt, die Schäden an den Stallungen auszubessern. Vampyre konnte Aurox keine entdecken, aber Travis, der menschliche Cowboy, schien überall zu sein. Gewiss, seine Hände und Unterarme waren noch in weiße Gazeverbände gehüllt, aber seine Stimme tönte über das Schulgelände zu Aurox hinüber. Es war nicht nötig, dass Lenobia sich der Mittagssonne aussetzte – Travis war statt ihrer dort, und nicht nur, um die Arbeiter zu beaufsichtigen. Auch mit den Pferden schien er freie Hand zu haben. Aurox sah ihn sein riesiges Percheron und Lenobias schwarze Stute von einem provisorischen Gatter in ein anderes führen.
    Er arbeitet nicht einfach nur für Lenobia. Er besitzt ihr ganzes Vertrauen. Die Erkenntnis ließ Aurox staunen. Wenn eine Hohepriesterin einem Menschen in einer so heiklen, turbulenten Zeit so sehr vertrauen kann, vielleicht gäbe es dann auch eine Chance, dass Zoey –
    Nein. Aurox würde sich keiner derartigen Illusion hingeben. Er hatte vernommen, was er war. Und auch Zoey hatte es vernommen. Sie alle! Er war ein Ding aus Finsternis, erschaffen mit Hilfe des Lebensblutes von Zoeys Mutter. Er konnte von ihr kein Vertrauen erwarten – nicht einmal Vergebung.
    Es gibt nur eine Person auf dieser Welt, die mir vertraut – nur eine Person, die mir vergeben kann. Zu ihr muss ich gehen.
    Wartend hing er da, spähte unverdrossen durch das Wurzelwerk und die gesplitterte Rinde, wartete … beobachtete … Endlich verließen die Menschen nach und nach das Stallgelände, und er hörte einige von ihnen darüber sprechen, wie gut es sei, dass Queenie’s so nahe gelegen sei und wie ihnen das Ultimate Egg Sandwich zu Mittag schmecken würde. Dabei lachten sie, wie man es unter Freunden tat.
    Aurox sehnte sich danach, mit Freunden zusammen zu lachen.
    Als sie ihm den Rücken zukehrten und ihre Stimmen allmählich verklangen, zog er sich gänzlich aus der Grube, erklomm wie ein Affe den Teil des umgestürzten Baumes, der halb auf der Mauer lag, und sprang auf der anderen Seite hinunter.
    Er wünschte sich nichts so sehr wie zu rennen – die Bestie heraufzubeschwören und mit seiner ganzen anderweltlichen Kraft über den Asphalt zu donnern. Doch er zwang sich zum Gehen. Er klopfte sich Dreck, Laub und Gras von den Kleidern. Er fuhr sich mit den Fingern durch das staubige, zerzauste Haar, zerkrümelte die Klumpen aus Erde und getrocknetem Blut darin und versuchte, eine möglichst normale Frisur daraus zu machen. Normal war gut. Normal hieß unauffällig. Normal hieß, man würde ihn nicht

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