Verloren: House of Night 10 (German Edition)
haben könnte«, sagte Kalona. Wir alle starrten ihn erwartungsvoll an. »Sie hat eine Penthouse-Suite im Mayo-Hotel. Ihr gehört die gesamte Dachterrasse. Die Wände sind aus massivem Marmor und lassen keinen Laut durch. Sie ist dort so ungestört, wie man es sich mit weltlichen Mitteln erkaufen kann. Ideal, um eine Gefangene zu halten.«
»Und wie kann sie sie dorthin gebracht haben?«, fragte ich, obwohl ich mir nichts sehnlicher gewünscht hätte, als dass wir nur in Neferets Penthouse zu marschieren bräuchten, um Grandma zu finden. »Grandma wäre niemals freiwillig mit ihr gekommen, und Neferet hat sich zwar beim Bürgermeister und dem Stadtrat eingeschleimt, aber das Personal im Mayo fände es wahrscheinlich trotzdem verdächtig, wenn sie eine alte Frau durch die Lobby schleifen würde.«
»Du hast doch schon miterlebt, wie unbemerkt und leise sie sich fortbewegen kann«, sagte Thanatos. »Ich würde sogar behaupten, dass du ebenfalls ohne größere Schwierigkeiten dazu in der Lage wärest, Zoey Redbird.«
»Ja, okay, schon. Mehr oder weniger. Aber ich glaub’ nicht, dass ich jemand anderen unsichtbar machen könnte.«
»Neferet schon«, erklärte Aurox ernst. »Und noch mehr. Eure Göttin hat ihr magische Kräfte gegeben. Der weiße Stier hat ihr magische Kräfte gegeben. Und was ihr noch an Macht fehlt, das holt sie sich mit Gewalt, durch Tod und Täuschung. Sie ist bis obenhin voll mit Macht.«
»Wir dürfen Neferet nicht unterschätzen«, stimmte Thanatos zu.
»Dann müssen wir in ihr Penthouse eindringen und Grandma rausholen«, sagte ich.
»Halt, warte«, sagte Stark. »Woher willst du wissen, dass das alles nicht ein Bluff von ihm ist, damit wir Neferet in die Falle laufen?«
»Ich komme nicht von Neferet!«, rief Aurox.
»Vorletzte Nacht aber schon. Und deshalb ist Dragon Lankford jetzt tot«, versetzte Stark.
»Stark hat recht«, sagte Stevie Rae. »Ruf deine Grandma doch mal an, Z.«
Froh, irgendwas tun zu können, zog ich mein Handy heraus und wählte Grandmas Nummer. Während es tutete, sagte Thanatos: »Falls sie nicht abnimmt, sag etwas ganz Normales. Hinterlass ihr eine Nachricht wegen des Tags der offenen Tür. Falls sie in Neferets Gewalt ist, hat diese vielleicht auch Zugang zu ihrem Telefon.«
Ich nickte. Mein Mut sank, als Grandma nicht abnahm und nur ihre vertraute Stimme mir verkündete, sie sei gerade nicht erreichbar und werde zurückrufen. Ich holte tief Atem, und nach dem Piepston versuchte ich, so normal wie möglich zu klingen.
»Hi Grandma, sorry, dass ich so spät anrufe. Gut, dass du dein Handy leise gestellt hast, dann wecke ich dich nicht.« Meine Stimme begann zu zittern, aber bevor ich die Fassung verlieren und in Tränen ausbrechen konnte, legte sich mir ein kräftiger Arm um die Schultern. Ich lehnte mich an Stark, sprach schnell weiter und hoffte, dass ich nicht hysterisch, sondern einfach nur eifrig klang. »Ich weiß nicht, ob du schon die Nachrichten gesehen hast, aber Thanatos hat beschlossen, dass wir einen großen Tag der offenen Tür mit Jobbörse veranstalten und im Prinzip ganz Tulsa dazu einladen. Dabei wollen wir auch Spenden für Street Cats sammeln und außerdem versuchen, allen klarzumachen, dass Neferet komplett gestört ist und wir, na ja, also, eben nicht gestört.« Da hast du’s, du miese Höllenhexe, dachte ich. »Also, jedenfalls soll er diesen Samstag stattfinden, und Thanatos hat mich gebeten, dich zu fragen, ob du nicht die Street-Cats-Sache mit Schwester Mary Angela koordinieren könntest. Ich hab ihr gesagt, dass du damit sicher einverstanden wärst, also ruf mich an, sobald du kannst, dann erklär ich dir die Einzelheiten. Ja? Ich liebe dich, Grandma. Ich liebe dich ganz, ganz arg! Bis dann.«
Stark nahm mir das Handy ab und beendete die Verbindung. Dann zog er mich in die Arme, und jetzt brach ich wirklich in Tränen aus. Während ich mich zitternd und schniefend an ihn klammerte, legte sich eine andere Hand auf meinen Rücken, und ich spürte die beruhigende Kraft der Erde. Dann berührte mich eine weitere Hand, und ein zärtliches Lüftchen streichelte mich. Eine dritte Hand gesellte sich dazu, und die Wärme des Feuers breitete sich in mir aus. Das Geistelement, das ja schon da war, kehrte in mich zurück und ließ meine Tränen versiegen, bis ich in der Lage war, mich ein bisschen von Stark zu lösen und meinen Freunden ein schwaches Lächeln zu schenken. »Danke, Leute. Mir geht’s schon besser.«
»Dir wird’s noch
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