Verloren: House of Night 10 (German Edition)
nicht, was mit mir geschah. Du glaubst mir doch. Ich weiß es. Grandma Redbird hat gesagt, du hättest mich beschützt.«
Stark trat einen Schritt auf ihn zu. »Wer hat dir erlaubt, von Grandma Redbird zu reden?!«
»Aber deshalb bin ich doch hier! Zoey, deine Grandma ist in Gefahr.«
Es war, als hätte er mir in den Magen geboxt. Stark stellte ihm einen Fuß in den Nacken, dass sein Gesicht wieder an den Boden gepresst wurde, und brüllte irgendwas von wegen Grandma. Auch Darius brüllte etwas. Damien schrie. Aurox’ Gesicht begann wieder, zu krabbeln, und dann war plötzlich Kalona da. Er packte mit einer Hand Stark und mit der anderen Darius und schleuderte sie beiseite. Mit weit ausgebreiteten Schwingen und geballten Fäusten stellte er sich über Aurox und machte ein Gesicht wie der Hulk , nur in unsterblich. Er war drauf und dran, Aurox ungespitzt in den Boden zu rammen.
»Töte ihn nicht!«, kreischte ich. »Er weiß was über Grandma!«
»Halt, Krieger!« Thanatos erhob nicht die Stimme, aber die Macht ihres Befehls überlief Kalonas Haut wie ein Schauder. Er zuckte wie ein Pferd, das eine Fliege verscheuchen will, aber er senkte die Fäuste. Die Hohepriesterin des Todes durchbohrte mich mit ihrem dunklen Blick. »Ruf das Geistelement herbei. Stärke das Gute in Aurox. Hilf ihm, die Verwandlung zu verhindern.«
Ich holte zitternd Luft und schloss die Augen, um nicht das Ding ansehen zu müssen, das Aurox war – das Ding, von dem ich geglaubt hatte, es sei Heath –, das Ding, das vielleicht Grandma etwas angetan hatte. »Geist, komm zu mir«, flüsterte ich. »Falls in Aurox etwas Gutes schlummert, stärke es. Hilf ihm, ein Junge zu bleiben.« Ich spürte, wie das Element, zu dem ich wahrscheinlich die stärkste Verbindung habe, an mir vorbeiflitzte, und hörte Aurox nach Luft schnappen, als es ihn traf. Und dann, nur einen Augenblick lang, spürte ich, wie mein Seherstein warm wurde.
Ich öffnete die Augen – aber der Seherstein wurde schon wieder kalt. Aurox saß auf dem Boden, gegen die dicke Eiche gelehnt, blutend und zerschrammt, aber wieder ganz und gar ein Junge. Darius und Stark hatten sich aufgerappelt und kehrten mit finsteren Gesichtern zu uns anderen zurück. Kalona sah ebenfalls sauer aus, war aber zur Seite getreten.
»Stevie Rae, ruf die Erde«, befahl Thanatos. »Verstärke die Schatten unter dem Baum. Damien, ruf die Luft und bitte sie, unsere Stimmen zu verwehen. Die anderen Schüler müssen nicht noch mehr Chaos und Gewalt mitbekommen. Was hier geschieht, sollte besser unter uns bleiben.«
Stevie Rae und Damien gehorchten, und nach wenigen Augenblicken war es, als stünden wir in einer kleinen, nach Eiche duftenden Blase, um die der Wind peitschte und unsere Worte verwehte.
Thanatos nickte den beiden anerkennend zu. Dann wandte sie sich an Aurox. »Nun, was weißt du über Sylvia Redbird?«, fragte sie scharf.
»Neferet hat sie entführt.«
»Oh Göttin!« Mir wurde plötzlich schwindelig, und Stark hielt mich fest, bevor ich hinfallen konnte. »Ist sie tot?«
»Ich – ich weiß es nicht. Ich hoffe nicht«, sagte Aurox ernst.
»Du weißt es nich? Du hoffst, dass sie nich tot ist?« Stevie Rae schien sich kaum beherrschen zu können. »War das wieder was, was du getan hast, obwohl du’s verhindern wolltest?«
»Nein! Ich hatte nichts damit zu tun.«
»Woher weißt du es dann?«, brachte ich hervor, obwohl meine Stimme zitterte und ich das Gefühl hatte, mich übergeben zu müssen.
»Ich bin zu ihrem Haus zurückgekehrt, und sie war nicht mehr da. Auf ihrer Veranda war Blut. Neferets Blut. Das weiß ich. Ich kenne den Geruch.«
»War da auch Blut von Grandma?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber da war Rauch, der noch Spuren ihrer Macht enthielt, und überhaupt war die ganze Umgebung mit ihrer Macht erfüllt, als wäre sie auf einen Kampf vorbereitet gewesen.«
»Du sagst, du seiest zu Sylvias Haus zurückgekehrt. Warum?«, wollte Thanatos wissen.
Aurox wischte sich etwas Blut vom Mund. Seine Hand zitterte. Tatsächlich sah er aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
»Sie hat mich gestern Morgen gefunden, nach dieser schrecklichen Nacht. Sie hat mir vergeben. Sie sagte, sie glaube an mich, und dann hat sie mir angeboten, bei ihr zu bleiben. Sie hat mit mir gesprochen, als wäre ich normal. Als wäre ich kein Monster. Sie hat tsu-ka-nv-s-di-na zu mir gesagt.« Er sah mich an.
»Bulle.« Ich kannte das Wort aus den Sprachlektionen, die
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