Verloren: House of Night 10 (German Edition)
sie da. Sie eine Stufe über ihm und er mit den Armen um ihre Taille. Als sie das Gleichgewicht verloren hatte, hatte sie wild mit den Armen gerudert – und sie ihm automatisch um die Schultern gelegt, als er sie aufgefangen hatte. Jetzt schmiegte sie sich so fest an ihn, dass er die schwarzen Schleifen an ihrem pinken BH spüren konnte.
»Vorsichtig«, sagte er leise, sanft, wie zu einem verängstigten Vogel. »Ich will nicht, dass dir was passiert.«
»D-danke. Ich wäre fast gefallen.«
Sie sah ihn an, und er versank in ihren riesigen braunen Augen. Sie roch noch immer so unglaublich gut wie in der Nacht, als er sie Gezeichnet hatte – süß, wie eine Mischung aus Pfirsichen und Erdbeeren. Er hatte sich noch nie etwas so inständig gewünscht, wie sie zu küssen. Nur ein einziges Mal. Nur eine Sekunde lang. Er beugte sich vor. Es schien, als kämen ihre Lippen ihm entgegen. Er beugte sich noch ein bisschen weiter vor und zog sie an sich.
Da stieß sie ihn weg.
»Und jetzt willst du mich küssen? Das ist nicht dein Ernst!« Kopfschüttelnd versetzte sie ihm noch einen Stoß, so dass er von der untersten Stufe hinunterstolperte.
Er taumelte zurück und versuchte sich darüber klarzuwerden, was da gerade falsch gelaufen war, da hörte er spöttisches Gelächter. Verlegen und wütend sah er auf. Ganz oben auf der Treppe, dicht vor der Tür, standen Erin und Dallas.
»Mann, da weiß aber jemand nicht, was sie will«, grinste Dallas. »Erst macht sie dich total spitz, dann schubst sie dich weg. So ein kleines Miststück.«
»Ja, das gibt’s doch nicht, dass man nicht B sagt, wenn man A gesagt hat. Nutte oder Nonne, entscheide dich!«, setzte Erin hinzu.
»Das ist überhaupt nicht eure Sache.« Shaylin hatte die Hand in die Hüfte gestemmt und das Kinn trotzig vorgeschoben, aber sie war puterrot geworden. Erik fand, sie sah hinreißend, aber alles andere als souverän aus.
Dallas schlang den Arm um Erins Taille, und aneinandergeschmiegt kamen sie die Treppe hinunter. Beide konnten gar nicht aufhören, über Shaylin zu lachen.
»Hey, Mann«, rief Dallas ihm zu. »Mach dir nichts draus. Die kriegt ihren Ruf weg, dafür sorgen meine Wassernixe und ich schon.« Erik wollte ihn unterbrechen, aber Dallas sprach einfach weiter. »Nein, nein, nichts zu danken. Ist nur ’n kleiner Gefallen von Vampyr zu Vampyr.«
Erik blickte wieder Shaylin an. Sie war nicht mehr knallrot. Sie war bleich geworden. Trotzdem war er eine Sekunde lang in der Versuchung. Es wäre viel leichter gewesen, mit Dallas und Erin zusammen wegzugehen. Vielleicht hätte er sich dabei sogar so cool gefühlt wie früher, als er noch der heißeste Jungvampyr der Schule gewesen war – als er jede haben konnte, die er wollte. Dann wurde ihm klar, was er da dachte, und ihm wurde schlecht.
»Nein.« Er sah Dallas in die Augen. »Shaylin hat recht – es ist nicht eure Sache. Was ich da versucht habe, war nicht richtig. Ich hatte Shaylin nicht gefragt.«
»Ach, was denn! Du bist Erik Night!« Dallas’ Ton war weiter leutselig, aber sein Blick verhärtete sich.
»Ja. Bin ich. Aber Shaylin ist keine, die Männer aufgeilt und dann fallenlässt. Ich hab mich wie ein Arschloch benommen. Und falls ihr zwei vorhabt, euch über diese Szene den Mund zu zerreißen, solltet ihr es besser genau so rüberbringen.«
»Meinst du etwa, die Leute würden uns abnehmen, dass so ’ne kleine Missgeburt dir ’nen Korb verpasst hat?« Erin bemühte sich nicht einmal, die Schadenfreude in ihrer Stimme zu verbergen.
Und ich hab mal davon geträumt, mich zwischen ein Zwillings-Sandwich zu legen. Göttin, ich bin wirklich ein Arschloch.
»Ihr sagt entweder die Wahrheit oder haltet den Mund«, sagte er fest.
Da setzte sich Shaylin in Bewegung. »Ich fand das nicht besonders lustig.« Neben Erik angekommen, blieb sie kurz stehen. »Ich hab’s mir anders überlegt. Aphrodite kann ihre Sachen selber holen.« Sie sah Erin an. »Ich vermute, dass du heute nicht mit zurück zum Bahnhof fährst.«
»Ich bin fertig mit dem Deppenexpress, aber geh du nur. Für Leute wie dich ist der gemacht.«
»Genau, Wassernixe.« Dallas knetete Erins Po. »Wasser fließt von allein, wohin es will.«
»Ja, und jetzt lass uns wegfließen. Das da wird langweilig.«
»Dagegen hab ich ein Mittel.« Er biss ihr in die Halsbeuge. Erin quietschte auf, aber sofort wurde ihr Schrei zu einem kehligen Lachen. »Und ich werd nicht erst ›ja‹ und dann ›nein, bitte nicht‹ sagen. Ich kann
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