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Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Carlyle
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Luft, richtig?«, fragte Kemble fast besorgt. »Aber es ist Euch gelungen, das Problem des Dukes zu diagnostizieren, noch ehe die Symptome eingesetzt haben, Gott sei Dank. Noch dazu geschah das alles nur wenige Tage vor der Hochzeit Seiner Gnaden. Aber eine Frage habe ich noch. Die arme Mrs. Musbury plagt der Husten jedes Jahr fast drei Monate lang, aber Ihr habt ihr kein Kaliumnitrat verordnet. Warum nicht, Dr. Osborne?«
    Osborne erstarrte. »Mich stört, was Ihr impliziert, Mr. Kemble.« Der Arzt schloss seine Tasche und erhob sich. »Ich kümmere mich um jeden Einzelnen meiner Patienten, ungeachtet deren Lebenslage oder Rang.«
    »Oh, ich habe nichts anderes angenommen.« Kemble wollte den Doktor mit einer Handbewegung veranlassen, sich wieder zu setzen. »Ich bin sicher, dass Kaliumnitrat bei Mrs. Musbury nicht angezeigt gewesen wäre. Es kann ein sehr gefährliches und schwächendes Medikament sein. Ein Laie wie ich benutzt übrigens einen ganz anderen Namen dafür, nicht wahr? Allgemein wird Kaliumnitrat Salpeter genannt, ist es nicht so?«
    »Kemble«, wandte Gareth warnend ein, »seid Ihr sicher, dass Ihr es riskieren wollt, noch weiterzugehen?«
    Aber die beiden Männer waren so aufeinander konzentriert, dass sie den Einwurf nicht hörten. »Das ist eine unzutreffende Bezeichnung«, sagte Osborne wütend. »Es ist ein legitimes Medikament, wenn es angemessen angewendet wird.«
    »Und Ihr habt es Eurer Ansicht nach angemessen angewendet?«, sagte Kemble spöttisch. »Als Anaphrodisiakum – in der Hoffnung, dass Warneham so keinen Erben zeugen würde. Denn ein Erbe hätte Euch seine Zuneigung entzogen, nicht wahr?«
    Im Hintergrund stießen Antonia und Mrs. Waters spitze Schreie aus. Rothewell fluchte leise und genüsslich, während Gareth fasziniert einen Schritt näher trat. »Aber Salpeter funktioniert nicht wirklich, oder?«
    Kemble zuckte mit den Schultern. »Für Osborne war es offensichtlich einen Versuch wert.«
    Der Arzt war jetzt aufrichtig empört. »Ich weiß nicht, was Ihr damit andeuten wollt«, sagte er angespannt. »Niemals habe ich mir gewünscht, Warneham würde erkranken. Guter Gott, wir ... wir waren Freunde! Wir haben zusammen zu Abend gegessen, zusammen Schach gespielt! Ich hätte niemals etwas – irgendetwas – getan, um ihm zu schaden.«
    »Oh, ich denke, Ihr wart mehr als nur Freunde«, sagte Kemble ruhig. »Ich denke, Ihr seid sein Sohn .«
    Osborne verstummte. Für Gareth ergab sich nun ein vollständiges Bild, alle Puzzleteile fügten sich endlich zusammen. Die nagenden Zweifel, der flüchtige Eindruck einer Ähnlichkeit. Die Vormittagssonne schien zum Fenster herein und ließ Osbornes dunkles Haar in einem warmen Braunton glänzen. Zum ersten Mal sah Gareth sich den Mann genauer an – das elegante Profil und seinen teuren Gehrock. Die Form des Kinns und die Art, wie er den Kopf hielt. Es war, als wäre die Zeit um zwanzig Jahre zurückgedreht worden. Ja, die Zeichen waren da – wenn man nur auf sie achtete.
    Osborne holte tief Luft und ließ sich langsam in einen der Sessel gleiten. Mrs. Waters rückte näher zu Antonia und legte beschützend eine Hand auf deren Schulter.
    Gareth nahm in dem Sessel neben Osborne Platz. »Wollt Ihr wissen, was ich denke, Doktor?«, fragte er ruhig. »Ich denke, Ihr wolltet Warneham von Euch abhängig machen. Ich denke, Ihr habt ihn in seinen eingebildeten Krankheiten und in seiner Angst bestärkt, ohne einen legitimen Erben zu sterben.«
    »Ganz richtig.« Kemble wechselte einen wissenden Blick mit Gareth. »Ihr seid aus London hierhergekommen, um Warneham entweder zu erpressen oder sich bei ihm einzuschmeicheln – darüber denke ich noch nach.«
    Endlich hob Osborne den Kopf. »Nein!« Das Wort klang wie ein Schluchzen. »Das ist eine bösartige Lüge! Ich war doch nur ein Junge! Ich wollte meinen Vater sehen, um ... um zu erfahren, wie er ist. Wie er aussieht. Ist das denn so schrecklich? Ist es das?«
    »Nein«, entgegnete Kemble und ließ den Blick durch das Zimmer zu seinem Publikum schweifen, das wie erstarrt jedes Wort in sich aufnahm. »Jeder der hier Anwesenden hätte vermutlich das Gleiche getan. Und ja, Ihr wart noch ein Junge. Aber Eure Mutter – als ich sie kannte, nannte sie sich übrigens Mrs. de la Croix –, sie war eine Frau von großer, ähm, Erfahrung, habe ich recht?«
    »Sie musste ein schweres Leben erdulden«, fauchte Osborne. »Euresgleichen hat ja keine Ahnung, was das mit einem Menschen macht. Manchmal waren wir

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