Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
bettelarm. Und ja, de la Croix war ihr Name, wir ... wir haben ihn geändert, als wir herkamen.«
Gareth verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja, aber Warneham hat Euch und Eure Mutter sofort wiedererkannt, nicht wahr? Ganz gewiss aber Mrs. de la Croix – seine erste Liebe. Seine erste Frau. Eure Mutter war eine sehr schöne Frau, Osborne. Ich kann mir gut vorstellen, warum Warneham in Versuchung geraten ist, mit ihr durchzubrennen.«
Endlich ergriff auch Antonia das Wort. »Ich verstehe das alles nicht«, sagte sie. »Gabriel? Mr. Kemble? Mein Mann war also bereits verheiratet? Mit Mary Osborne?«
Gareth sah sie mitfühlend an. »Nun ja, der Duke hatte sie in seiner Jugend geheiratet«, bestätigte er. »In Gretna Green. Ohne die Erlaubnis seines Vaters.«
»Und ich bin überzeugt, dass Mrs. Osborne noch immer die Dokumente besaß, um das zu beweisen«, warf Kemble ein. »Sie war gerissen. Denn das musste sie sein, um in ihrer Welt zu überleben – in der Halbwelt. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich spreche.«
Der Doktor schwieg.
»Was ist passiert, Dr. Osborne?«, drängte Kemble ihn sanft. »Ihr kamt also hierher, um Warneham zu sehen – am Morgen seines Todes. Richtig? Unter anderem hattet Ihr seine Medizin mitgebracht. Aber dann habt Ihr einen Fehler begangen, nicht wahr?«
»Ja«, stieß Osborne hervor. »Ja, verdammt noch mal. Ich habe einen Fehler begangen.«
»Sagt uns, was geschehen ist«, sagte Kemble. »Ich weiß, dass das Schweigen darüber Euch belastet. Und wenn es ein Versehen war – nun, ich bin sicher, dass niemand in diesem Raum wünscht, Euch deswegen zu belangen. Ihr müsst nicht länger etwas verbergen. Wir alle kennen bereits die Wahrheit, Osborne. Dessen bin ich mir jetzt sicher.«
Ein langes, bedeutungsvolles Schweigen breitete sich im Zimmer aus, dann tat der Arzt einen tiefen, angestrengten Atemzug. »Ich hatte das falsche Medikament dabei«, flüsterte er. »Das wurde mir klar, kaum dass ich an jenem Morgen in sein Zimmer gerufen worden war. Aber niemand sonst wusste davon, versteht Ihr?«
»Aber das Medikament, das ich gesehen habe, war Kaliumnitrat«, entgegnete Kemble. »Was also war daran falsch.«
Osborne schüttelte den Kopf. Er sah unbeschreiblich erschöpft aus. »Ich kaufe die Arzneien immer bei dem üblichen Apotheker in Wapping«, gab er zu. »Aber ... aber ich versetze es üblicherweise mit Kochsalz.«
»Mit Salz?«, fragte Gareth. »Einfaches ... Tafelsalz?«
»Ja«, bestätigte der Arzt leise. »So war es länger haltbar, und Warneham konnte auf diese Weise eine größere Dosis einnehmen. Das war wichtig für ihn.«
»Warum?«, wollte Gareth wissen.
Osborne zuckte leicht mit den Schultern. »Er war so veranlagt«, sagte er. »Warneham hat sehr viele Medikamente genommen, die meisten davon waren allerdings harmlos. Es gab ihm Trost, und je mehr er einnehmen konnte, desto besser. Er war überzeugt, einen plötzlichen Tod zu sterben, und wollte, dass ich seine Krankheiten aggressiv behandelte.«
»Wirklich aggressiv, in der Tat«, murmelte Kemble.
»Ich hätte nie zugelassen, dass er die ganze Dosis nahm«, sagte Osborne. »Ich wollte nur, dass er ... dass er –«
»Gerade so viel davon nahm, um impotent zu sein?«, führte Kemble den Satz für ihn zu Ende. »Wahrscheinlich brauchte es dazu gar nicht viel. In Anbetracht seines Alters und seiner überspannten Gedanken war er es wahrscheinlich sowieso schon.«
Osborne schaute zu Boden und schüttelte langsam den Kopf. »Ich wollte einfach nur nicht ... ich wollte nicht, dass es noch ein Kind geben würde«, sagte er flehend. »Solange Cyril lebte, würde Warneham mich niemals eines zweiten Blickes würdigen – das war meiner Mutter damals klar gewesen. Aber nachdem er tot war, packte Mutter unsere Koffer. Sie ahnte, dass Warneham sich letzten Endes mit mir anfreunden würde können, wenn nicht gar mehr, – wenn er sah, wie gescheit ich war und wie gut aussehend. Schließlich hatte er sonst niemanden mehr.«
Alles begann sich aufzuklären. Gareth bewunderte Kembles Scharfsinn. Aber wenn Osborne Warnehams Sohn war, warum stand dann nicht er hier an seiner Stelle, nahm die Rolle des neuen Dukes ein, in die er zuerst nur so widerstrebend geschlüpft war?
Kemble fuhr fort. »Ich denke, dass Warneham sehr viel mehr getan hat, als sich mit Euch anzufreunden«, sagte er jetzt. »Er hat Euch eine Ausbildung in großem Stil ermöglicht, auf einer der allerbesten Universitäten. Er führte Euch und Eure Mutter in
Weitere Kostenlose Bücher