Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
seinen gesellschaftlichen Kreis ein – wahrscheinlich, um sie zu beschwichtigen.«
»Und das Haus, in dem Eure Mutter wohnte, hat er wahrscheinlich auch bezahlt. Natürlich diskret über einen Mittelsmann«, fügte Gareth hinzu. Plötzlich kam ihm etwas in den Sinn, das Statton, der alte Stallknecht, gesagt hatte. »Und diese ungereimte Geschichte, die Eure Mutter erzählte, dass Ihr Warnehams Lieblingsstute gerettet hättet, die war nur erfunden. Habe ich recht? Um die Großzügigkeit des Dukes zu erklären. Warneham hat niemals Stuten gehalten – weder zur Zucht noch zum Reiten.«
»Der Einfall war dumm von Mutter«, sagte Osborne. Er hörte sich plötzlich eher wütend als schuldbewusst an. »Ich habe sie gebeten, die Geschichte nicht mehr zu erzählen, und sie ist meiner Bitte gefolgt – doch Lady Ingham konnte einfach ihren Mund nicht halten.«
»Und Warneham wünschte wahrscheinlich, dass seine wahre Rolle in Eurem Leben ein Geheimnis blieb«, sagte Gareth. »Er wollte nicht, dass jemand von der Dummheit erfuhr, die er als junger Mann begangen hatte.«
»Aber warum?«, platzte Antonia heraus. »Wenn doch ... wenn Mrs. Osborne seine Frau war, warum sollte er das dann gewollt haben?«
»Ah, genau da liegt der Hund begraben«, sagte Kemble. »Sie hat ihn geheiratet, aber sie war nicht seine Frau, nicht wahr, Doktor?«
Osborne schüttelte den Kopf. »Nein«, flüsterte er. »Nein, Mutter war bereits verheiratet. Mit einem Mann namens Jean de la Croix.«
»Wer war dieser Mann?«, wollte Gareth wissen.
Osborne zuckte mit den Schultern. »Ein übler Franzose, den sie in Paris geheiratet hatte. Manchmal war er monatelang fort, um sich auf dem Kontinent die Zeit mit Karten- und Würfelspielen zu vertreiben. Um Frauen nachzusteigen. Einmal blieb er ein ganzes Jahr lang verschwunden, deshalb ging Mutter nach London zurück, um dort ihr eigenes Leben zu führen. Und nach ein paar Monaten kam sie zu dem Schluss –«
»Sie kam zu dem Schluss, ihr Mann sei tot«, ergänzte Kemble. »Natürlich war das ein Risiko, aber ein gut aussehender junger englischer Adliger hatte sich unsterblich in sie verliebt, und sie war von ihm schwanger. Doch wie das Schicksal es wollte, tat ihr de la Croix nicht den Gefallen, wirklich tot zu sein, richtig?«
»Nein.« Osborne ließ den Kopf hängen. »Er erfuhr von der Hochzeit, noch bevor Mutter und Warneham aus Schottland zurückkamen. Er verließ die Frau, deren Bett er bis dahin gewärmt hatte, und reiste nach London, um Mutter zu verhöhnen und sich sein Schweigen bezahlen zu lassen. Warneham war alles andere als erbaut darüber und hat die Heirat vor seinem Vater geheim gehalten. Und er hat meine Mutter verlassen.«
»Wann ist de la Croix dann wirklich gestorben?«, wollte Gareth wissen.
Osborne zuckte wieder mit den Schultern. »Ich ... ich erinnere mich nicht genau. Ich war sechs oder sieben. Er wurde in irgendeiner Spielhölle nahe dem Quartier Latin erstochen, weil er mit gezinkten Karten gespielt hatte.«
Kemble wirkte noch immer nachdenklich. Er spielte mit Osborne Katz und Maus, aber der Arzt war zu aufgelöst, um es zu bemerken. Vielleicht war auch sein schlechtes Gewissen zu groß. »Lasst uns zu dem Morgen von Warnehams Tod zurückkehren«, fuhr Kemble fort. »Ihr brachtet dem Duke also seine übliche Medizin. Aber Ihr wart in Eile. Ihr regtet Euch über irgendetwas so auf, dass Euch ein furchtbarer Fehler unterlief.«
»Ja.« Das Wort klang wie ein Geständnis. »Vater hatte eine Nachricht geschickt, in der er mich bat, nach Selsdon zu kommen und Mutters Papiere und ihre Bibel mitzubringen.«
»Die Dokumente, die sie aufbewahrt hatte, um ihre Eheschließung in Gretna Green beweisen zu können?«
Osborne nickte. »Er erwartete jemanden aus London, der sie sich ansehen sollte. Einen Anwalt, den er wohl kannte. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich seine Nachricht las. Ich dachte, er würde mich endlich offiziell anerkennen.«
»Oh, ich würde doch meinen, Ihr habt sehr viel mehr als das erwartet«, sagte Gareth. »Hätte er Euch wirklich anerkennen wollen, Osborne, dann hätte er das jederzeit tun können – schon nach dem Tod der ersten Herzogin.«
»Aber er hat mich geliebt.« Der Doktor schaute auf und schüttelte den Kopf, seine Augen wirkten trübe. »Er hat Euch gehasst und mich geliebt. Er wusste, dass ich den Titel nicht wollte – niemals. Ich wollte nur, dass alle wussten, dass ich sein Sohn war. Mutter – ja, sie wäre gern Herzogin geworden.
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