Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
»obwohl seine Entscheidung für mich wenig Sinn macht.«
Kembles Augen hatten zu strahlen begonnen. »Was ist los mit Max? Warum ist er nicht selbst hergekommen?«
Rothewell schaute leicht unbehaglich drein. »Ich glaube, seine Zwillinge haben die Windpocken«, berichtete der Baron. »Abgesehen davon bin ich in meiner Kutsche schneller unterwegs.«
»Das klingt, als wäre etwas Aufregendes passiert«, bemerkte Gareth.
»Nun, eigentlich geht es mehr darum, was nicht passiert ist«, erklärte Rothewell. »Er hat mich gebeten, dir Folgendes auszurichten: Lord Litting ist ihm ausgewichen. Er hatte keinen Erfolg bei dem Versuch, ihn festzunageln. De Vendenheim sagte, du würdest wissen, was er meint.«
Gareth spürte, wie die Anspannung von ihm abfiel. »Ach, das«, sagte er. »Ja, Litting ist in einem Anfall von Gereiztheit bereits hier aufgetaucht. Hat uns vorgeworfen, unsere Hunde auf ihn gehetzt zu haben. Aber viel mehr haben wir nicht aus ihm herausbekommen.«
»Das ist unwichtig«, sagte der Baron. »Aber de Vendenheim hat dem Anwalt einen Besuch abgestattet, diesem Sir Harold Soundso.«
»Tatsächlich?« Kemble hatte wieder Platz genommen und machte große Augen. »Und hat er geredet – der Anwalt?«
»Geplappert wie eine Elster, wenn ich es richtig verstanden habe.« Rothewell machte eine Pause, um einen Schluck Kaffee zu trinken. »Offensichtlich hat de Vendenheim den Namen des Innenministers fallen lassen, was sofort Wirkung gezeigt hat.«
»Und?«, fragte Kemble gespannt. »Heraus damit. Was hat der Anwalt nun gesagt?«
Rothewells Blick wurde nachdenklich. »Ich werde es so genau wiedergeben, wie ich kann. Es scheint eine recht erstaunliche Geschichte zu sein – aber de Vendenheim wollte nicht, dass ich mir Notizen mache.«
»Nun, dann los«, fauchte Kemble. »Und lasst bloß nichts aus.«
In den Augen des Barons flackerte Ärger auf, aber er beherrschte sich. »Dieser Bursche Sir Harold sagte, der Duke of Warneham habe ihn darum gebeten, nach Selsdon zu kommen, weil er mit ihm über eine heikle juristische Angelegenheit zu sprechen wünschte«, sagte Rothewell. »Alles wurde sehr theoretisch und mit vielem ›Was-wäre-wenn‹ besprochen, aber im Kern ging es wohl darum, dass Warneham angedeutet hat, in seiner Jugend in Gretna Green eine Ehe eingegangen zu sein – bevor er den Duke-Titel geerbt hat. Er wollte von dem Anwalt die Auswirkungen dieser Heirat dargelegt bekommen.«
»Was meinst du mit angedeutet? «, hakte Gareth nach. »Und warum hat er diese Sache gerade zu diesem Zeitpunkt zur Sprache gebracht?«
Rothewell zuckte mit den breiten Schultern. »Warneham sagte, er wäre damals betrunken gewesen und hätte die Heirat nur als Spaß angesehen. Der Anwalt glaubt allerdings, dass der Duke in dieser Hinsicht gelogen hat. Aber wie dem auch sei – Warneham wollte wissen, mit welcher Strafe zu rechnen wäre, würde er die ganze Sache öffentlich bekennen.«
»Strafe wofür?«, fragte Gareth. »Nach Gretna Green durchzubrennen gilt als Skandal, ist aber wohl kaum illegal.«
»Nein, keine Strafe fürs Durchbrennen.« Kemble hockte auf der Kante seines Stuhls. »Strafe für Bigamie – darum ging es ihm, nicht wahr, Rothewell? Der Mann hat noch vier weitere Frauen geheiratet, von denen wir wissen. Das könnte vier bigamistische Ehen bedeuten – alles hängt davon ab, wie lange die Frau, die er in Gretna Green geehelicht hat, gelebt hat. Hatte er denn wirklich vor, diese Eheschließung einzugestehen?«
Der Baron nickte. »Offensichtlich hat er ernsthaft darüber nachgedacht. Laut seinem Anwalt äußerte Warneham als Erstes den Wunsch, seine Ehe mit der jetzigen Duchess annullieren zu lassen, damit sich der Zorn ihres Vaters in Grenzen hielte.«
Kemble war wieder aufgesprungen und ging unruhig im Zimmer auf und ab. »Warneham hat also grundsätzlich zugegeben, dass seine Ehe mit der ersten Duchess bigamistisch war«, sagte er und rieb sich mit einer Hand das Kinn. »Ganz zu schweigen von den Verbindungen mit den anderen drei.«
»Und er war bereit, den armen Cyril posthum zu einem Bastard zu machen, indem er diese Sache publik machen würde«, stellte Gareth wütend fest. »Deshalb wollte er also Littings Segen. Und deshalb wollte Litting uns nicht die ganze Wahrheit sagen – er war zu schockiert.«
»Aber warum sollte es für Warneham wichtig gewesen sein, was Litting dachte?«, fragte Rothewell.
Kemble war vor dem Kamin mit auf dem Rücken verschränkten Armen stehen geblieben. Seine
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