Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
scharf gezeichneten schwarzen Augenbrauen um einen Zentimeter. »Hat Rothewell es Euch denn noch nicht gesagt?«, fragte er und entrollte seine Peitsche. »Ich werde Euch eine Rechnung schicken – sogar eine recht gesalzene, denke ich. Es sei denn, ich bekomme eine Einladung.«
»Eine Einladung?«, fragte Gareth verständnislos. »Wozu?«
»Nun, zur Hochzeit selbstverständlich.« Bei diesen Worten berührte Kemble mit der Peitsche lässig seine Hutkrempe, bevor er sie über Rothewells Rappen knallen ließ. Mit einem leichten Anrucken setzte sich der Phaeton in Bewegung.
Plötzlich öffnete sich die Tür hinter ihnen, und der Baron höchstselbst trat aus dem Haus. Er sah ein wenig mitgenommen aus, als er eine Hand hob, um seine Augen gegen die Sonne zu beschatten. »Er ist also weg?«, fragte Rothewell. »Halt! Großer Gott! – Ist das ...? Fährt er etwa mit meinem Phaeton?«
»Nun ... ja«, sagte Gareth.
Rothewell starrte ihn ungläubig am. »Verdammt, Gareth! Du ... du hast zugelassen, dass er meinen Phaeton nimmt? Der ist brandneu, und ich wollte eigentlich ins Dorf. Wie, zur Hölle, soll ich jetzt dorthin kommen?«
»Du könntest zu Fuß gehen«, schlug Gareth vor, »und bei der Gelegenheit meine Torpfosten unbeschädigt lassen.«
Antonia hakte sich bei Gareth ein. »Es tut mir sehr leid, aber wenn du vorhast, dich mit Lord Rothewell zu streiten, dann muss das warten«, sagte sie zuckersüß. »Ich war zuerst hier und habe auch etwas mit dir zu diskutieren.«
Mit einem gequälten Brummen trat Rothewell zur Seite und machte eine einladende Geste Richtung Tür. »Nach Euch, Ma’am.«
Antonia fühlte einen Knoten im Magen, als sie Gareth in den Wintergarten geleitete und Lord Rothewell die Tür vor der Nase zuschlug. Sie führte ihre Beute in die Mitte des Raumes bis zu einem kleinen Springbrunnen inmitten von dekorativen Palmen. Es war, als würde sich in ihrem Kopf alles von den unglaublichen Ereignissen dieses Tages drehen – dennoch war ihr Verstand absolut klar. Er war es immer gewesen, wenn es um Gabriel gegangen war. Vom allerersten Moment an hatte etwas tief in ihr sie zu ihm getrieben; zu seiner Stärke und zu seiner Herzensgüte.
Sie ergriff Gabriels Hand. Sein dichtes goldenes Haar war ein wenig zu lang, sodass es ihm in die Stirn und über seine Augen fiel – Augen, die müde und mehr als nur ein wenig angespannt aussahen.
»Es ist schon paradox, nicht wahr?«, sagte sie. »Gerade, als das goldene Ei für ihn zum Greifen nah war, hat Osborne die Henne getötet.«
Gabriel lächelte leicht. »Mir gefällt der Gedanke, dass jeder von uns am Ende das bekommt, was er verdient.«
Antonia hob das Kinn. »Du denkst also, dass du das alles hier verdienst?«, fragte sie.
»Was meinst du mit alles, meine Liebe?«
Sie wies mit dem Kopf zur großen Halle Selsdons. »Das Haus. Das Land. Ein Herzog-Titel. Fast hatte ich heute Morgen ein wenig Angst, du würdest Osborne sagen, er könne alles haben, weil dir alles gestohlen bleiben kann«, sagte sie halb im Scherz.
»Für einen kurzen Moment habe ich tatsächlich darüber nachgedacht, meine Liebe«, gab er zu. »Aber dann wurde mir klar ...«
Antonia legte ihm die Hand leicht auf seine Hemdbrust. »Was, Gabriel?«, fragte sie und lehnte sich an ihn. »Was ist dir klargeworden?«
Er lächelte reumütig. »Mir ist klargeworden, Antonia, dass ein Mann, der den lieben langen Tag in einem Reedereikontor in Wapping schuftet, niemals gut genug sein würde für ... nun, für jemanden wie dich.«
Sie legte den Kopf ein wenig schief und sah ihn aus ihren weichen blauen Augen eindringlich an. »Wer würde so etwas denn denken?«, fragte sie schließlich. »Ist dir die Meinung anderer etwa wichtiger als meine? Du musst begreifen, Gabriel, dass ich aufgehört habe, mein Leben nach den Maßstäben anderer Leute zu leben.«
Er schaute auf sie hinunter, auf ihre ineinander verschränkten Hände. »Du könntest diese Wahl bereuen, Antonia«, sagte er ruhig, »aber du weißt, dass ich nur dein Glück will.«
»Und ich, Gabriel, habe entschieden, dass auch ich nur mein Glück will«, wisperte sie. »Ich will es so sehr, denn ich habe eine sehr lange Zeit damit verbracht, unglücklich zu sein. Aber das ist jetzt vorbei. Ich habe dir das schon einmal gesagt, als wir uns im Pavillon gestritten haben – aber jetzt habe ich vor, für das, was ich haben will, zu kämpfen.«
Für einen Moment senkte er seine geschwungenen dunkelbraunen Wimpern. »Und du meinst es
Weitere Kostenlose Bücher