Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
»Guter Gott, Coggins, nun geht schon weiter! Das war ein Scherz. Und nein, ich habe zurzeit keinen Kammerdiener. Vermutlich werde ich irgendwann nach einem schicken.«
Plötzlich wanderten Gareth’ Gedanken zu Xanthia, die sich keinen Deut darum scherte, welche Kleidung jemand trug. Sie selbst war dafür bekannt, dasselbe Kleid drei Tage hintereinander zu tragen – nicht, weil sie so wenige besaß, sondern einfach, weil sie auf solche Dinge nicht achtete. Sie dachte nur an das Geschäft, das an jedem Tag geführt werden musste, den Gott heraufdämmern ließ.
Er würde sie vermissen. Die Erkenntnis traf ihn plötzlich und heftig. Ihre Lebenswege hatten sich getrennt und würden sich vermutlich nie wieder auf irgendeine bedeutsame Art vereinen. Sein altes Leben – das Leben, das er sich aus den Trümmern seiner Kindheit mit harter Arbeit aufgebaut hatte – war vorüber. Er fühlte sich, als wäre er wieder an dem Punkt, an dem er vor so vielen Jahren gestanden hatte. Der Herzogstitel war kein Segen für ihn, sondern ein Fluch. Ein gottverdammter Fluch.
Sie erreichten eine große Flügeltür, die aus solidem Mahagoni gefertigt war. Mit einer ausholenden Geste stieß Coggins beide Flügel weit auf und trat zur Seite, damit Gareth die ganze Pracht des Raumes dahinter in sich aufnehmen konnte.
»Das herzogliche Schlafzimmer, Euer Gnaden«, sagte Coggins und deutete in den großen Raum. »Zu Eurer Rechten befindet sich Euer Ankleidezimmer und zur Linken Euer Wohnzimmer.«
Gareth folgte dem Butler und versuchte den vor Staunen offenen Mund zu schließen. Zimmer wie diese hatte er nie zuvor gesehen – und sie waren, so musste er sich eingestehen, in der Tat prächtig. Die Wände des Schlafzimmers waren mit eisblauer Seide bespannt, das wuchtige Bett mit seinem Baldachin in einem etwas dunkleren Blauton. Der silberblaue Teppich war persisch und groß genug, um die Hälfte des Laderaums eines der kleineren Schiffe von Neville’s zu bedecken.
Sie betraten das Wohnzimmer, das ähnlich dekoriert, aber mit Möbeln ausgestattet war, die im Vergleich zu denen im Schlafzimmer zierlich wirkten. In der gegenüberliegenden Wand befand sich eine weitere Tür. Gareth öffnete sie. »Wohin führt sie?«, fragte er, als er den zarten Duft von Gardenien wahrnahm.
»Das ist das Schlafzimmer der Herzogin«, sagte der Butler, »selbstverständlich nur, wenn es eine Herzogin gibt.«
Gareth atmete den Duft wieder ein, tiefer dieses Mal. Etwas Exotisches und Verlockendes lag darin. Ein Unterton von Lotusblüten? »Aber es gibt eine Herzogin, Coggins«, sagte er schließlich. »Was ist mit ihr?«
Der Butler neigte den Kopf. »Die Herzoginwitwe ist in eine andere Suite umgezogen«, erklärte er. »Sie glaubte, es würde Euren Wünschen entsprechen.«
Gareth stützte eine Hand in die Hüfte. »Nun, das tut es nicht«, sagte er abrupt und schloss die Tür. »Sie soll wieder einziehen. Wo befinden sich die zweitbesten Gemächer? In ihnen werde ich wohnen.«
Doch in diesem Punkt verweigerte Coggins den Gehorsam. »Vielleicht wäre es das Beste, Euer Gnaden, wenn Ihr dieses Problem mit der Duchess selbst diskutiert?«
»Ein guter Vorschlag«, befand Gareth. »Genau das werde ich tun.«
Zwei Hausdiener hatten heißes Wasser gebracht, das sie jetzt in eine Sitzwanne gossen, die in die Mitte des Ankleidezimmers gestellt worden war. Gareth’ Hände machten sich am Knoten seines Krawattentuches zu schaffen. »Sagt der Herzogin, dass sie mich in zwanzig Minuten erwarten soll«, trug er dem Butler auf und streifte das Tuch ab. »Ich werde sie im Arbeitszimmer empfangen.«
Coggins zögerte. »Vielleicht, Euer Gnaden, darf ich das Morgenzimmer vorschlagen?«
Gareth’ Hände verharrten an den Knöpfen seiner Weste. »Das Morgenzimmer? Warum?«
Wieder ein Augenblick des Zögerns. »Die Duchess hegt eine große Abneigung gegen das Arbeitszimmer«, sagte der Butler schließlich. »Sie ... sie mag keine dunklen Räume. Das Arbeitszimmer. Die Bibliothek. Die Zimmer auf der Nordseite. Sie verlässt kaum den Südflügel – außer natürlich zum Abendessen.«
Gareth runzelte die Stirn. Das klang nicht nach der unbeugsamen Frau, die er damals gekannt hatte. »Und seit wann hat sie diese seltsamen Gewohnheiten?«
Die Lippen des Butlers wurden dünn wie ein Strich. »Ich wünschte, ich wüsste, was ich Euch darüber noch sagen könnte, Sir«, antwortete er. »Aber die Herzogin ist ... ungewöhnlich.«
»Ungewöhnlich?«
»Eher – zart , Euer
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