Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
es: weite, glänzende Perfektion.
Selbst die Sammlung alter Meister hing, wie Gareth bemerkte, präzise angeordnet. Der Poussin über dem Leyster, der van Eyck zur Linken des de Hooch, und die drei Rembrandts bildeten eine beeindruckende Gruppe zwischen den Türen zum Salon. Es gab noch ein Dutzend weiterer Gemälde, an die er sich gut erinnern konnte. Einen Augenblick lang schloss Gareth die Augen, während die Dienstboten ihn umschwirrten; die Hausdiener kümmerten sich um das Gepäck, die Hausmädchen und das Küchenpersonal kehrten an die Arbeit zurück. Die Geräusche waren dieselben geblieben. Es roch sogar noch wie damals.
Und doch war jetzt alles anders. Er öffnete die Augen und schaute sich um. Einige Dienstboten der unteren Ränge waren ihm aufgefallen. Sie wirkten vage vertraut, aber abgesehen davon erkannte er niemanden wieder. Vielleicht lag es auch daran, dass nur wenige gewagt hatten, ihren Blick zu heben? Was hatte er denn erwartet? Zweifellos waren ihnen die Gerüchte, die über ihn existierten, zu Ohren gekommen.
Peters, Selsdon Courts überheblicher Butler, war nicht mehr da. Auch Mr. Nowell, der Lieblingsdiener seines Onkels, musste in den Ruhestand gegangen sein. Selbst Mrs. Harte, die mürrische alte Haushälterin war nirgendwo zu sehen. An ihrer statt gab es eine dünne, maushaarige Lady mit freundlichen Augen und einer schrecklichen Erkältung. Mrs. Musgrove? Nein. Das war nicht der Name gewesen.
»Coggins«, sagte Gareth und beugte sich näher zum Butler. »Ich brauche eine Liste des Personals, mit Namen, Position und Alter. Außerdem möchte ich wissen, wie lange jeder der Angestellten bereits hier in Diensten steht.«
Die Augen des Butlers weiteten sich beunruhigt, aber er hatte sich schnell wieder im Griff. »Natürlich, Euer Gnaden.«
»Und dieser Verwalter, dieser Mr. Watson«, fügte Gareth hinzu, »wo, zum Teufel, steckt er?«
Wieder der leicht beunruhigte Gesichtsausdruck des Butlers. Ein Moment des Zögerns. Gareth fragte sich, was man diesen Leuten über ihn erzählt hatte. Dass er die Knochen seines Personals zermahlte und sein Brot daraus backen ließ?
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, Mr. Watson von Eurer Ankunft zu unterrichten, Euer Gnaden«, murmelte der Butler. Sie alle murmelten – als wäre das Haus eine Art Mausoleum. »Ich fürchte, er ist nach Portsmouth gefahren.«
»Portsmouth?«
»Ja, Sir.« Der Butler machte eine steife Bewegung. »Um ein Gerät zu holen, das aus Glasgow eingetroffen ist. Eine Dreschmaschine.«
»Solche Maschinen baut man also heute?«
Der Butler nickte. »Sie wurde vom verstorbenen Duke bestellt, kurz vor seinem Tod, aber«, hier hielt er inne und ließ den Blick durch die Halle schweifen, »Maschinen wie diese sind in gewissen Kreisen nicht gerade beliebt. Weiter im Süden, sagen wir es mal so, hat es Schwierigkeiten gegeben.«
»Die Maschine nimmt den Männern die Arbeit weg, richtig?«
»Einige glauben das, Euer Gnaden.« Ein vorübergehender Diener schaute Coggins an und nickte. Der Butler wies mit einer weiten Handbewegung auf einen der herrlichen Treppenaufgänge, die sich in symmetrischem Schwung von der großen Halle emporschwangen. »Eure Zimmer sind jetzt bereit, Sir, wenn Ihr mir bitte folgen würdet?«
»Was ich wirklich wünsche, ist, die Duchess zu sehen«, entgegnete Gareth. Sein Ton war scharf, das wusste er, aber er wollte die Begegnung hinter sich bringen.
Es sprach für Coggins, dass er mit der Antwort nicht zögerte. »Selbstverständlich, Euer Gnaden«, sagte er. »Möchtet Ihr zuvor Eure Garderobe wechseln?«
Seine Garderobe wechseln? Gareth hatte vergessen, dass sich die Bewohner von Selsdon Court fast genauso häufig umzogen, wie normale Menschen atmeten. Ohne Zweifel wäre die Duchess entsetzt, einen Mann zu empfangen, der noch in denselben Kleidern steckte, die er – oh! – vor mehr als sieben Stunden angelegt hatte. Und die – wie unverzeihlich! – von Reisestaub bedeckt waren. Quelle horreur!, wie Mr. Kemble zu sagen pflegte.
»Habt Ihr keinen Kammerdiener, Sir?«, erkundigte sich Coggins, während sie die Treppe hinaufgingen.
»Nein, er war zu aufmüpfig, deshalb habe ich ihn einen Kopf kürzer gemacht.«
Coggins verharrte abrupt auf einer Stufe. Fast unmerklich durchlief ein Zittern seinen Körper, aber ob vor Angst, aus Zorn oder einfach nur, weil er ein Lachen unterdrücken musste, das vermochte Gareth nicht zu sagen.
Er tippte auf Zorn. Diese Leute nahmen die Kleiderfrage sehr ernst.
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