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Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Carlyle
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hereinzutragen.
    Miss Xanthia Neville hatte sich über ihren Schreibtisch gebeugt und nahm den Geruch von gärendem Schlamm und brackigem Wasser kaum wahr. Auch das Rumpeln der Wagen der Böttcherei oder das Geschrei der Kahnführer unten am Wasser beachtete sie nicht. Nach knapp einem Jahr in Wapping war sie unempfindlich gegen jegliche Sinneseindrücke geworden. Aber diese verdammte Buchhaltung – das war eine ganz andere Sache! Entnervt warf Miss Neville den Stift auf den Tisch und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
    »Gareth?« Sie schaute auf, als einer der Angestellten vorüberging. »Siddons, wo ist Gareth Lloyd? Ich brauche ihn sofort.«
    Siddons knickste knapp und eilte die Treppe hinunter. Binnen Sekunden tauchte Gareth auf. Seine breiten Schultern füllten die Tür des kleinen Büros, das sie sich teilten. Für einen Moment ruhte sein Blick auf ihrem Gesicht.
    »Gut Ding will Weile haben, altes Mädchen«, sagte er lakonisch und stützte die Hand lässig gegen den Türrahmen. »Kommst du mit dem Addieren nicht klar?«
    »So weit bin ich noch gar nicht«, gab sie zu. »Ich kann Eastleys Abrechnungsunterlagen nicht finden, um die Summen zu übertragen.«
    Langsam ging er zu ihrem Schreibtisch und zog die Papiere unter dem Stapel mit Buchungsunterlagen hervor. Xanthias Schultern sackten hinunter, als sie einen verzweifelten Blick gen Himmel warf.
    Gareth betrachtete sie stumm. »Nervös?«, fragte er schließlich. »Das ist nur allzu verständlich, Zee. Morgen um diese Zeit wirst du schließlich eine verheiratete Frau sein.«
    Xanthia schloss die Augen und legte eine Hand beschützend auf ihren Bauch; eine beredte, urweibliche Geste. »Ich stehe Todesängste aus«, gestand sie. »Nicht wegen der Hochzeit – ich will das alles, will Stefan von ganzem Herzen heiraten. Es ist nur ... diese Zeremonie. Die vielen Menschen. Sein Bruder kennt wirklich jeden und hat auch jeden eingeladen. Doch ich traue mich nicht, die Heirat abzublasen ...«
    Gareth stützte sich mit der Hand auf die Rückenlehne ihres Stuhls, berührte sie jedoch nicht. Er würde sie nie wieder berühren; das hatte er sich geschworen – und dieses Mal meinte er es auch so. »Dir muss bewusst sein, dass es immer so sein wird, Zee«, sagte er ruhig. »Und das ist noch nicht das Schlimmste. Wenn du Lady Nash bist und die Leute dahinterkommen, dass du die Unverfrorenheit besitzt, für deinen Lebensunterhalt zu arbeiten, dann werden sie sagen –«
    »Aber ich arbeite nicht für meinen Lebensunterhalt!«, unterbrach sie ihn. »Ich besitze eine Reederei – genauer gesagt, du und meine Familie, wir besitzen sie. Wir alle. Zusammen. Ich helfe nur dabei, den ... Überblick zu behalten .«
    »Das Haar ist zu dünn, um es zu spalten, meine Liebe«, entgegnete er. »Aber ich wünsche dir viel Glück bei dem Versuch.«
    Endlich sah sie zu ihm auf, und ihr Gesicht verzog sich. »Oh, Gareth«, flüsterte sie. »Sag mir, dass alles gut werden wird.«
    Er wusste, dass sie nicht von der Heirat sprach, sondern vom Geschäft, das für sie so etwas wie ihr Kind war. Genau genommen war es ihr wichtiger als jemals zuvor. »Alles wird gut werden, Zee«, versprach er. »Nächste Woche schon wirst du auf deine Hochzeitsreise aufbrechen, und wir werden hier alles fest im Griff haben. Zudem können wir noch jemanden einstellen, falls es nötig sein sollte. Ich werde jeden Tag im Kontor sein, bis du wieder zurückkommst.«
    Sie lächelte schwach. »Danke«, sagte sie. »Oh, Gareth, danke. Wir werden auch nicht lange fortbleiben, das verspreche ich.«
    Dann brach er seinen Schwur, sie nicht mehr zu berühren, und legte einen Finger unter ihr Kinn. »Mach dir bitte keine Sorgen, Zee«, murmelte er. »Schwör es mir. Denk an das neue und glückliche Leben, das auf dich wartet.«
    Für einen Moment erstrahlte ihr Gesicht in einer Art und Weise, für die nur ein Mann verantwortlich sein konnte. »Du wirst doch morgen Vormittag dabei sein, oder?«, fragte sie fast atemlos. »In der Kirche?«
    Er wandte den Blick ab. »Ich weiß es nicht.«
    »Gareth.« Ihre Stimme klang plötzlich rau. »Ich brauche dich dort. Du bist mein ... mein bester Freund. Bitte komm, ja?«
    Er bekam nicht die Chance zu antworten, da ein leises Klopfen an der Tür erklang. Gareth wandte sich um und erblickte einen älteren, weißhaarigen Mann auf der Schwelle. Mr. Bakely, der Hauptbuchhalter, stand hinter einem Besucher und schaute sichtlich unbehaglich drein.
    »Können wir Euch helfen?« Xanthias

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