Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
traurige Details seines Lebens zu erzählen, das war noch längst keine Intimität, und Gareth war nicht so dumm, das zu denken. Vielleicht war ja gerade das es gewesen, was er an Xanthia so gemocht hatte. Sie hatte ihn nie nach seiner Vergangenheit gefragt. Vielleicht hatte Luke ihr irgendwann einmal alles gesagt, was sie darüber wissen musste. Und vielleicht war es auch dieses Wissen gewesen, was sie vor einer ernsten Bindung mit ihm hatte zurückschrecken lassen. Oder ihr war seine alte Geschichte einfach nur egal gewesen. Xanthia gehörte zu der seltenen Art von Frau, die ihr Leben und Sterben nicht von ihren Gefühlen abhängig macht. Sie bewies immer einen kühlen Kopf und – so war es ihm oft vorgekommen – ein kaltes Herz.
Antonia besaß keines von beidem. Gareth wusste schon jetzt, dass sie ihr Herz auf der Zunge trug. Wenn Antonia sich verliebte, dann mit Haut und Haaren. Sie würde jeden Aspekt ihres Lebens mit ihrem Geliebten teilen wollen, und er konnte nur beten, dass sie sich nicht ausgerechnet in ihn verliebte. Sie würde jene Art von Intimität brauchen, derer er nicht fähig war. Es gab zu viele Dinge, die er einem anderen Menschen nicht anvertrauen konnte, und das Letzte, was Antonia jetzt brauchte, war, wieder in einer unerfüllten Ehe gefangen zu sein.
Die Tür hatte sich hinter den Damen geschlossen, und Gareth verspürte keine Lust mehr auf Portwein. Rothewell hatte sich eine wohlriechende Zigarre angezündet und war dafür prompt von Dr. Osborne getadelt worden. Die Augen des Lords hatten sich verdunkelt, ein deutliches Zeichen für seine ungute Stimmung.
Nachdem der Wein getrunken war, verweilten sie noch einen Moment, dann drückte Rothewell seine Zigarre aus, und sie kehrten in den Salon zurück. Auf halbem Weg blieb Gareth stehen und berührte Rothewell leicht an der Schulter. »Alles in Ordnung, alter Freund?«
»Alles im Rahmen, würde ich sagen.« Die Stimme des Barons klang ausdruckslos.
»Du langweilst dich bei uns auf dem Lande«, stellte Gareth fest. »Und du vermisst Xanthia. Gib es zu.«
Rothewells Augen verdunkelten sich noch stärker. »Nein, ich mache mir nur Sorgen um sie«, behauptete er. »Was wissen wir denn eigentlich über diesen Burschen – über diesen Nash? Warum musste er sie bis hinunter zur Adria in die Flitterwochen entführen?«
Gareth lächelte. »Xanthia hat ihn sich ausgesucht«, sagte er. »Ihr Urteilsvermögen war immer gut. Vielleicht haben deine Launen in letzter Zeit ja mehr mit dir selbst zu tun, mehr mit der Leere in deinem Leben als mit der Veränderung in ihrem?«
»Bist du neuerdings unter die Philosophen gegangen?«, entgegnete Rothewell ärgerlich. »Ich brauche deine Ratschläge nicht, verdammt. Hast du nicht genug eigene Probleme, dass du auch noch in meinen herumstochern musst?«
»Du bist hergekommen, um mir zu helfen«, entgegnete Gareth grinsend. »Als guter Freund fühle ich mich dazu verpflichtet, dir den Gefallen zurückzugeben.«
Mit einem letzten finsteren Blick setzte Rothewell seinen Weg in den Salon fort. »Es gibt nichts Unerträglicheres als einen frisch verliebten Mann, Gareth«, knurrte er. »Pass auf, dass dein Zustand sich nicht verschlimmert.«
»Ich bin nicht verliebt«, entgegnete Gareth ruhig. »Ich bin lediglich – nun, welches Wort hast du kürzlich dafür benutzt? – ach ja, betroffen.«
Rothewell stieß ein lautes Schnauben aus. »Und ich bin die Königin von Saba.«
»Sieh mal, Kieran«, lenkte Gareth ein, »es war richtig, Kemble hierherzubringen. Und ich danke dir, dass du gekommen bist. Es hat verdammt gutgetan, ein freundliches Gesicht zu sehen, aber leide nicht meinetwegen, alter Freund. Du kannst zurück nach London fahren, wann immer du möchtest. Du weißt, dass ich nach dir schicken werde, wenn ich dich brauche.«
»Vielleicht«, sagte Rothewell zweideutig.
Nur wenige Minuten nach den anderen Gentlemen betraten sie den Salon. Die Damen waren in ein angeregtes Gespräch mit Mr. Kemble vertieft, der auf einer Hand ein Silbertablett balancierte, das groß genug war, um darauf ein Spanferkel zu servieren.
Gareth forderte die Herren mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen. »Wo ist Metcaff?«, fragte er Kemble leise, nachdem jeder sich gesetzt hatte.
Der Angesprochene machte eine vage Handbewegung und legte die Zuckerzange auf die Zuckerschale. »Oh, wir hatten ein Malheur in der Spülkammer«, sagte er. »Ich habe ihm versehentlich einen seiner Finger gebrochen. Vielleicht sind es aber
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