Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Carlyle
Vom Netzwerk:
ungewöhnlich erschöpft. Mit jedem Tag, der verging, machte er sich weniger und weniger Gedanken darüber, wer Warneham getötet hatte, dafür umso mehr über Antonia. Osborne hatte gesagt, sie würde manchmal ihre Umgebung nicht wahrnehmen – er hatte diese Phasen ihre »gestörten Zustände« genannt.
    In den letzten Tagen schien Antonia jedoch aufmerksamer und lebendiger geworden zu sein. Wenn Gareth ihr zufällig im Haus begegnet war, schien sie stets mit etwas beschäftigt gewesen zu sein – sie hatte Briefe geschrieben oder Blumen arrangiert – und hatte ganz und gar nicht so gewirkt, als würde sie Tagträumereien nachhängen. Eines Nachts jedoch, er hatte nicht schlafen können, war er in die Bibliothek hinuntergegangen und dort auf Antonia gestoßen. Im Nachtgewand hatte sie dort gesessen und verwirrt ausgesehen, während ihre Zofe sich besorgt über sie gebeugt hatte. Als Mrs. Waters ihn bemerkt hatte, hatte sie den Finger auf ihren Mund gelegt, und Gareth war wieder nach oben gegangen. Vermutlich war Antonia wieder schlafgewandelt.
    »Osborne glaubt, dass die Duchess sich auf dem Weg der Besserung befindet«, unterbrach Kemble Gareth’ Gedanken. »Sie fragt seltener nach Medizin als früher. Was mich an etwas erinnert: Als ich heute Morgen bei Osborne war, wurde ich in einen sehr schönen kleinen Salon geführt.«
    »Ein blauer Salon auf der Vorderseite des Hauses?« Gareth reichte ihm die zerknitterte Krawatte.
    Kemble schien die ausgestreckte Hand nicht zu bemerken. »Dort habe ich ein Porträt gesehen«, fuhr er fort, »von einer unglaublich gut aussehenden jungen Frau mit dunklen Haaren und Augen. Sie kam mir bekannt vor.«
    »Ich erinnere mich vage an das Bild. Wisst Ihr, wen es zeigt?«
    »Osbornes Mutter, wie er mir sagte«, entgegnete Kemble. »Mrs. Waters hat sie auch erwähnt – aber erst nach meinem Besuch. Heute Morgen dachte ich noch, dass mir die Frau bekannt vorkommt, aber ich hätte nicht sagen können, wieso.«
    »Vermutlich, weil sie als Mrs. Osborne unserem Arzt ähnelt«, sagte Gareth.
    Kemble bemerkte die Ironie nicht. »Als ich sie kannte, hieß sie noch Mrs. de la Croix«, sagte er. »Celeste de la Croix. Ich bin mir sicher, dass es sich um dieselbe Person handelt.«
    »Und wer war diese Celeste de la Croix?«, fragte Gareth.
    »Himmel, Ihr habt auf den Westindischen Inseln aber auch gar nichts mitbekommen!«, sagte Kemble. »Aber schließlich wart Ihr noch sehr jung. Celeste de la Croix war eine Attraktion – und für eine sehr kurze Zeit der Stolz Londons.«
    »Eine Kurtisane?«
    »In der Tat – und zwar eine viel gefragte«, sagte Kemble. »Sie muss sich hierher zurückgezogen haben, um ihren Lebensabend in ländlicher Häuslichkeit zu verbringen.«
    »Wieso wisst Ihr das alles?«, fragte Gareth misstrauisch. »Ihr müsst zu der Zeit doch selbst noch ein Kind gewesen sein.«
    Kemble beendete seine Innenschau, und seine gewitzte Tüchtigkeit kehrte zurück. »Meine Mutter war ebenfalls eine Kurtisane«, erwiderte er und nahm Gareth endlich die Krawatte ab. »Vielleicht die berühmteste ihrer Zeit.«
    »Eure Mutter kannte also diese Celeste?«
    »Mutter hatte eine wahre Entourage von skandalumwitterten Freunden«, erklärte Kemble. »Und ja, eine Zeit lang gehörte la belle Celeste dazu. Aber sie war sehr attraktiv, und Mutter konnte diese Art des Vergleichs nie lange ertragen.«
    »Also ist Osborne nicht der richtige Name des Doktors?«, schlussfolgerte Gareth und lehnte sich mit der Schulter gegen die Tür zum Ankleidezimmer.
    »Oh, ich denke doch«, entgegnete Kemble. »Celeste war so französisch, wie Ihr es seid.«
    Während Gareth über Kembles Worte nachdachte, ging er zum Beistelltisch und füllte zwei Gläser mit Brandy. »Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«, fragte er.
    Kemble legte einen Finger an die Wange. »Nun, ich habe ein wenig über die Gäste in Erfahrung gebracht, die sich in der Nacht von Warnehams Ableben im Haus aufgehalten haben. Sir Harold Hardell ist ein Anwalt und früherer Schulkamerad des Dukes, auch der Neffe von Warnehams erster Frau – ein gewisser Lord Litting – war anwesend. Klingelt es bei einem der beiden Namen bei Euch?«
    Lord Litting . Gareth erinnerte sich nur zu gut an ihn. »Litting hat als Junge oft die Sommer auf Selsdon verbracht«, erklärte er. »Die Duchess glaubte, er würde einen positiven Einfluss auf Cyril haben, aber im Grunde war er ein kleiner Tyrann. Von dem Anwalt habe ich noch nie etwas

Weitere Kostenlose Bücher