Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
auch nur irgendjemanden, der keinen Grund hatte, Warneham den Tod zu wünschen? Lady Ingham? Sir Percy? Gebt mir nur ein wenig von meinem Glauben an die Menschheit zurück.«
»Nun, ich denke mal, Lady Ingham könnte so jemand sein«, räumte Kemble ein. »Aber was ihren Mann angeht, so kann man nie wissen, welche Leichen noch in seinem Keller verborgen liegen. Vielleicht hatten er und Warneham ja etwas am Laufen?«
»Sir Percy?«, fragte Gareth mit hochgezogenen Augenbrauen. »Er ist doch nur ein harmloser alter Trottel.«
»Aber er ist so auffällig vom anderen Ufer, wie man es nur sein kann«, stellte Kemble nüchtern fest.
»Müsste ich mit seiner Jammerliese von Frau schlafen, wäre ich es vermutlich auch.« Gareth stützte den Ellbogen auf die Armlehne des Sessels und sein Kinn in die Hand. Hinter seinen Schläfen begann es zu pochen. »Und wer hat Euch von diesem kleinen Skandal berichtet? Hoffentlich doch nicht auch Mrs. Musbury?«
»Himmel, nein«, erwiderte Kemble. »Sir Percy hat mir an mein Gesäß gefasst, als ich mich wegen der Zuckerzange über den Tisch gebeugt habe.«
»Das ist ja widerlich«, sagte Gareth.
»Ihr habt leicht reden«, entgegnete Kemble. »Es war schließlich nicht Euer Hintern. Glaubt mir, es war mehr als nur widerlich.«
»Herrgott.« Gareth schüttelte den Kopf. »Und was schließt Ihr nun daraus?«
»Dass er mein Hinterteil attraktiv findet?«, erwiderte Kemble. »Und, ehrlich gesagt, ist es für mein Alter ja auch wirklich noch ganz gut in Form. Ich meine, es könnte vielleicht etwas weniger ausladend sein, aber in gut geschnittenen Hosen –«
»Ich meinte nicht Euren Hintern, um Himmels willen!«, fauchte Gareth. »Ich meinte, was Ihr aus alldem schließt!«
In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und Rothewell betrat das Zimmer. Er sah ziemlich mitgenommen aus.
»Nun, wen haben wir denn da?«, sagte Kemble erfreut.
Rothewell zuckte mit keiner Wimper. »Über wessen Hintern reden wir gerade?«, fragte er und warf sich in den Sessel zur anderen Seite des Kamins. »Der von Mrs. Hamm hat mir heute Abend recht gut gefallen. Meint Ihr, da besteht vielleicht Hoffnung?«
»Nein, und außerdem war gerade mein Gesäß das Thema«, entgegnete Kemble und lüftete seine Rockschöße. »Was meint Ihr? Zu rund? Oder gerade richtig?«
Rothewell kniff die Augen zusammen. »Dreht Euch mal nach links.«
Kemble tat es.
»Ich denke, Euer Hintern ist in Ordnung«, erklärte der Baron. »Und jetzt – gibt es noch Brandy?«
Gareth schüttelte nur den Kopf, dann stand er auf, um noch ein Glas zu füllen. »Verrat mir eines, Kieran«, sagte er, während er es ihm reichte, »wird es in der guten Gesellschaft als ein Vergehen angesehen, wenn ein Adliger einem seiner Diener die Seele aus dem Leib prügelt?«
Rothewell setzte sich ein wenig aufrechter hin. »Nicht, wenn er es verdient hat.« Seine Miene hatte sich aufgehellt. »Ich leiste dir Schützenhilfe, alter Freund. Wen werden wir verprügeln?«
»Diesen viehischen Diener Metcaff«, antwortete Gareth ruhig. »Er belästigt eines der Hausmädchen.«
Rothewell zuckte mit den Schultern. »Aber so geht es nun einmal zu, alter Knabe«, sagte er. »Wenn man so will, ist dies die menschliche Natur.«
»Die menschliche Natur?« Gareth fühlte seinen Zorn sich wieder regen. »Dich jemandem aufzwingen, der kleiner und schwächer ist als du? Selbst wenn sie durchnässt wie ein Pudel nach einem Sturzregen wäre, würde das arme Mädchen nicht einmal neunzig Pfund auf die Waage bringen, um Gottes willen.«
Der Baron sah verblüfft aus. »Aber hat er dem Mädchen denn wirklich etwas getan? «
Gareth war zum Kamin gegangen. Er stellte einen Fuß auf das Schutzblech und starrte auf die kalte Feuerstelle. »Vergewaltigt hat er sie bis jetzt noch nicht, wenn du das meinst«, sagte Gareth barsch. »Aber er wird nicht aufhören, bis es so weit gekommen ist. Seine Sorte tut das nie.«
»Dann solltest du ihn am besten entlassen«, schlug Rothewell vor. »Das Mädchen verdient eine sichere Umgebung, in der sie leben und arbeiten kann.«
»Aber wenn ich ihn rauswerfe, wird er woanders mit seiner Barbarei weitermachen. Er wird einfach ein anderes Opfer finden, auf das er Jagd macht.«
»Windmühlen! Windmühlen!«, hörte man Kemble im Ankleidezimmer singen. »Du kämpfst schon wieder gegen Windmühlen an, Alonso.«
»Kemble hat recht«, sagte Rothewell ruhig. »Wirf diesen widerlichen Bastard raus und vergiss ihn, Gareth. Du kannst die Welt
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