Verloren
sehr auf ihren Rat, schließlich kennt sie ihn aus der Zeit, als sie hier in Rom studiert hat.
Eine gute Zuhörerin ist sie auf jeden Fall, sie hängt sogar regelrecht an meinen Lippen, vor allem, als ich dazu komme, was in Matteos Atelier passiert ist. »Und dann?«, will sie wissen.
Ich seufze. »Dann hat er mich runtergetragen in sein Schlafzimmer, und wir haben es noch mal getan.«
Das ist die absolute Kurzfassung, denn Matteo hat sein Versprechen wahrgemacht und mich mitgerissen in einen erotischen Taumel, den ich noch gar nicht verkraftet habe. Meine Lippen fühlen sich geschwollen an, mein Körper schmerzt auf angenehme Weise und da ist diese ungewohnte Nässe zwischen meinen Beinen, die mich daran erinnert, dass das alles kein Traum war. Nur absolut traumhaft …
»Okay«, sagt Sarah gedehnt und reißt mich aus den Erinnerungen, in die ich kurz abgedriftet war. »Und warum bitte schlummerst du dann jetzt nicht noch ganz entspannt neben ihm im Bett, sondern sitzt allein in deinem Hotelzimmer?« Ihr Gesicht ist plötzlich sorgenvoll. »Doch nicht etwa, weil du diesen Termin mit mir und Grace einhalten wolltest?«
Unglücklich schüttele ich den Kopf. »Ich musste heute Morgen einfach gehen.«
Wir sind irgendwann erschöpft eingeschlafen, aber ich schätze, für mich war es so ungewohnt, in den Armen eines Mannes zu liegen, dass ich ganz früh wieder wach geworden bin. Und als ich Matteo so dicht neben mir sah – die dunkelblonden Haare zerzaust in der Stirn und die schönen Züge im Schlaf ganz entspannt – wusste ich sofort, dass ich auf gar keinen Fall bleiben kann.
Sarah hebt ungläubig die Augenbrauen. »Aha. Und was hat er dazu gesagt?«
»Gar nichts. Er hat noch geschlafen«, erkläre ich ihr, was sie ziemlich entrüstet.
»Du hast dich einfach so weggeschlichen?«
Ich verziehe schuldbewusst das Gesicht, weil es ziemlich gut beschreibt, was passiert ist. »Einfach so« ist mir das allerdings nicht gelungen, es war verdammt schwer, seine Wärme und dieses Haut-an-Haut-Gefühl aufzugeben und mich vorsichtig von ihm zu lösen, ohne dass er aufwacht. Und als ich dann neben dem Bett stand und ihn noch ein letztes Mal betrachtet habe, hätte nicht viel gefehlt und ich hätte mich wieder neben ihn gelegt. Doch irgendwie habe ich es geschafft, mich umzudrehen und leise ins Gästezimmer zu gehen, wo ich mich schnell wieder angezogen habe.
Das Tor war geschlossen, als ich das Grundstück verlassen wollte, und für einen Moment dachte ich schon, dass ich Matteo doch wecken muss. Aber eine Angestellte der Stiftung kam zum Glück gerade, um Unterlagen zu holen, die sie gestern im Büro vergessen hatte, und konnte mich rauslassen. Kurze Zeit später war ich dann wieder im Hotel, wo ich – abgesehen von einem kurzen Telefonat mit meinem Vater – fast die ganze Zeit auf dem Bett gelegen und die Decke angestarrt habe. Und dann fiel mir wieder ein, dass ich Sarah zugesagt hatte, heute Morgen mit ihr und Grace zu skypen, was mir wie gerufen kam.
Hilflos hebe ich die Arme, weil Sarah mich immer noch anstarrt, als hätte ich sie nicht mehr alle.
»Schau mich nicht so an, ich musste wirklich gehen«, rechtfertige ich mich. »Weil ich sonst garantiert schwach geworden wäre und noch mal mit ihm geschlafen hätte. Und das hat doch alles keinen Zweck. Ich muss zurück nach London, bald schon.« Und ihn vergessen, füge ich in Gedanken beklommen hinzu. Was vielleicht nicht geht …
Sarah scheint das Problem nicht zu erkennen. »Ja, und? Dann solltest du doch gerade deshalb die Zeit nutzen, die du mit ihm hast.« Sie seufzt schwer, als ich sie nur mit verzweifeltem Gesicht ansehe. »Mensch, Sophie, da lernst du einen der heißesten Männer in ganz Rom kennen und landest mit ihm im Bett – etwas, wofür eine Menge meiner Kommilitoninnen damals gemordet hätten – und dann kneifst du, bevor du herausfinden kannst, was daraus werden würde?« Sie schüttelt den Kopf. »Jetzt sag nicht, es ist wegen diesem schrecklich langweiligen Nigel, mit dem du noch nicht mal richtig zusammen bist?«
Überrascht blicke ich sie an. »Du findest Nigel langweilig?«
»Todlangweilig sogar«, erwidert sie mit einem Seufzen. »Und dass du ihn ausgerechnet auf unserer Dinnerparty damals wiedertreffen musstest, bedauere ich manchmal. Ich wusste nicht, dass ihr euch von früher kennt, und wenn ich geahnt hätte, dass du ihn anschließend nicht mehr loswirst, hätte ich Alex überredet, ihn nicht einzuladen.«
Jetzt bin ich ernsthaft
Weitere Kostenlose Bücher