Verlorene Illusionen (German Edition)
Frau ist immer eine Frau. Deine Eva hat sich des Lächelns nicht erwehren können, als sie dich zum siebzehnten Male in einem Monat sagen hörte: Ich habe etwas gefunden!«
David lachte so herzlich über sich selbst, daß Eva nach seiner Hand griff und sie innig küßte. Es war ein köstlicher Augenblick, eine der Blüten der Liebe und der Zärtlichkeit, die am Rande der ödesten Wege, der Not und manchmal am Rande des Abgrundes blühen.
Evas Mut verdoppelte sich, als sie sah, wie die Wut des Mißgeschicks sich verdoppelte. Die Größe ihres Mannes, seine Reinheit und Unschuld, die Tränen, die diesem Mann von Gemüt und Poesie manchmal in den Augen standen, alles brachte eine ungewöhnliche Widerstandskraft in ihr zur Entfaltung. Sie nahm noch einmal zu dem Mittel ihre Zuflucht, das ihr schon früher so gut geglückt war. Sie schrieb an Herrn Métivier, er sollte die Druckerei zum Verkauf ausschreiben, sagte ihm, er sollte von dem Preis, den man erzielte, bezahlt werden, und bat ihn, David nicht mit unnützen Kosten zugrunde zu richten. Angesichts dieses prächtigen Briefes stellte sich Métivier tot; sein erster Gehilfe antwortete, in Abwesenheit des Herrn Métivier könnte er es nicht auf sich nehmen, in das Verfahren einzugreifen, denn das wäre nicht die Gewohnheit seines Chefs in geschäftlichen Dingen. Eva schlug vor, die Wechsel sollten prolongiert werden, und David Séchard sollte alle Kosten tragen; damit war der Gehilfe einverstanden, wenn der Vater David Séchards die Wechselbürgschaft übernähme. Eva begab sich nunmehr in Begleitung ihrer Mutter und Kolbs zu Fuß nach Marsac. Sie trat dem alten Winzer unerschrocken entgegen, sie war reizend, und sie brachte es zustande, dieses alte Gesicht aufzuheitern; aber als sie mit zitterndem Herzen von der Wechselbürgschaft sprach, nahm das weingerötete Gesicht des alten Trinkers mit einem Schlag einen völlig andern Ausdruck an.
»Wenn ich meinem Sohn erlaubte, meine Lippen zu berühren und mit den Fingern über meine Kasse zu streichen, steckte er mir die Hand bis in die Eingeweide und holte alles heraus«, schrie er. »Die Kinder wollen alle das Geld des Vaters aufessen. He! wie hab ich es aber gemacht? Ich habe meinen Eltern nie einen Heller gekostet. Eure Druckerei ist leer. Die einzigen Spuren von Tätigkeit darin stammen von den Mäusen und Ratten... Sie sind sehr hübsch, ich mag Sie gern leiden; Sie sind eine arbeitsame und fleißige Frau; aber mein Sohn!... Wissen Sie, was David ist? Was? Ein gelehrter Faulenzer ist er. Hätte ich ihn aufwachsen lassen, wie ich aufgewachsen bin, ohne etwas von Bildung zu wissen, und hätte ich einen Bären aus ihm gemacht, wie sein Vater einer war, dann hätte er Einkünfte... Oh, das ist ein Kreuz, der Junge, glauben Sie mir das! Und leider steht er ganz einzig da. So ein Exemplar wird nicht wieder aufgelegt werden! Der Mensch macht Sie unglücklich...«
Eva protestierte mit einer sehr entschiedenen Handbewegung.
»Jawohl,« antwortete er auf diese Geste, »Sie mußten eine Amme nehmen, vor Kummer ist Ihnen die Milch ausgeblieben, ich weiß alles, sehen Sie! Man schleppt euch vors Gericht und hat eure Schande in der ganzen Stadt ausgetrommelt. Ich war nur ein Bär, ich bin kein Gelehrter, ich war nicht Faktor bei der Firma Didot, dem Ruhm der Buchdruckerkunst; aber nie ist ein Stempelpapier in mein Haus gekommen! Wissen Sie, was ich zu mir sage, wenn ich zwischen meinen Reben herumgehe, sie besorge und ernte und all die kleine Arbeit tue? Ich sage mir: ›Armer, alter Kerl, du plagst dich ab, legst Taler auf Taler, hinterläßt ein schönes Anwesen, das wird alles für die Gerichtsvollzieher und für die Advokaten sein... oder für Hirngespinste...‹ Sehen Sie, liebes Kind, Sie sind die Mutter des kleinen Burschen, der mir, als ich ihn mit Frau Chardon über die Taufe hielt, so aussah, als hätte er den Zinken seines Großvaters mitten im Gesicht, sehen Sie, denken Sie weniger an Séchard und mehr an das kleine Kerlchen... Ich habe nur zu Ihnen Vertrauen... Sie könnten verhüten, daß meine Güter unter den Hammer kommen... meine schönen, lieben Güter!«
»Aber, lieber Papa Séchard, Ihr Sohn wird Ihr Ruhm werden, und Sie werden eines Tages sehen, wie er durch sich selbst reich wird und das Kreuz der Ehrenlegion im Knopfloch trägt.«
»Wie soll denn das geschehen?« fragte der Winzer.
»Sie werden schon sehen! Aber würden inzwischen tausend Taler Sie zugrunde richten? Mit tausend Talern könnten Sie dem
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